der Sozialarbeit und Sozialpädagogik, und er schlägt vor, dann von einem Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit zu sprechen, wenn »öffentlich organisierte, soziale, unterstützende beziehungsweise pädagogische Hilfen und Dienste zur sozialen Lebensbewältigung oder Bildung angeboten oder organisiert werden«. Ganz allgemein gehe es in der Sozialen Arbeit um »öffentlich organisierte Aufgaben der sozialen Grundversorgung, Hilfe, Unterstützung und Bildung durch fachlich einschlägig qualifizierte Personen« (ebd.). Auf der Grundlage dieser Definition unterscheidet er vier große Praxisfelder der Sozialen Arbeit: Kinder- und Jugendhilfe, Erwachsenenbezogene Soziale Hilfen, Altenhilfe, Angebote im Gesundheitssystem – und daneben bzw. darüber hinaus – Gemeinwesenarbeit/Stadtteilarbeit, Sozialraumbezogene Soziale Arbeit. Die einzelnen Arbeitsfelder (innerhalb dieser Praxisfelder) werden bei Thole nach Intensität der Intervention bzw. ›Einmischungsgrad‹ unterschieden: Lebenswelt ergänzend, Lebenswelt unterstützend, Lebenswelt ersetzend.
In dieser Systematik werden altersbezogene, zeit-, orts- und zielgruppenorientierte Aspekte weitgehend ignoriert, so der Autor; auch bilde sich darin nicht ab, dass seit den 1990er Jahren zielgruppenbezogene Angebote an Bedeutung gewonnen haben, und dass sich die Soziale Arbeit für spezifische neue Problemkonstellationen sensibilisiert hat (wie z. B. für geschlechterspezifische oder interkulturelle Arbeit, vgl. ebd.:27).
Die Systematik von Thole (
Trägerschaft
Neben der Unterteilung in Praxisfelder (und Interventionsintensität) ist des Weiteren die Unterscheidung wichtig hinsichtlich der Trägerschaft von Einrichtungen. Hier finden sich zwei Typen:
• Öffentliche Trägerschaft: Dies sind Institutionen, mit denen der Staat seine soziale Verantwortung und seine gesellschaftlichen Integrationsbemühungen, seine sozialen Hilfeanliegen und Bildungsbemühungen organisiert und adressiert. Auch alle Interventionen auf gesetzlicher Grundlage – z. B. öffentliche Sozialhilfe, Vormundschaftsrecht, Strafrecht – werden durch staatliche Dienste und Ämter erbracht bzw. organisiert.
• Private Trägerschaft: Dazu gehören Einrichtungen und Angebote, die auf private Initiative hin entstanden sind. Sie stellen das Netz der Freien Träger Sozialer Arbeit dar. Häufig sind solche private Sozialwerke als Verbände oder Vereine organisiert. Ihre Kosten werden teils durch Spenden, zunehmend jedoch auch von öffentlichen Subventionen getragen.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der Freiwilligenarbeit (z. B. in der Begleitung von Alten, Kranken, Strafenentlassenen etc.) sowie der Selbst- und Nachbarschaftshilfe im Feld der Sozialen Arbeit eine hohe Bedeutung zukommt. An den Schnittstellen zwischen professioneller und freiwilliger Arbeit bzw. Selbsthilfe nehmen Sozialarbeiterinnen wichtige Funktionen wahr in Ausbildung und Anleitung, Koordination und Vermittlung. (Vgl. u. a. Gildemeister 1993:6; Thole 2012a:24.; Zwicky/Fehlmann 2005:168 f.)
Abb. 2: Systematisierung von Praxisfeldern (Thole 2012a:28)
2.2.2 Professionsauftrag und Zielsetzung
Die bisherigen Ausführungen zu den historischen Wurzeln der Sozialen Arbeit und zu den Praxisfeldern enthielten – mehr oder weniger explizit – immer auch Aussagen zu Aufgabenstellung und Zielsetzung der Sozialen Arbeit. Der gesellschaftliche Auftrag, den die Soziale Arbeit erfüllt, ist damit jedoch noch nicht hinreichend beschrieben. So soll im Folgenden geklärt werden, für welche gesellschaftliche Aufgabe die Soziale Arbeit Zuständigkeit beansprucht und wie sie diese Aufgabe versteht. Ohne näher auf den Diskurs zur Theoriebildung in der Sozialen Arbeit einzugehen wollen wir versuchen, die unterschiedlichen Antworten auf die Frage nach Aufgabe und Zielsetzung Sozialer Arbeit aus dem aktuellen Theoriediskurs zusammenzutragen und deren Kern zu bestimmen.
Parteiliche Vermittlung zwischen Individuum und Gesellschaft
Soziale Arbeit ist ein Moment das Sozialstaatsprinzips moderner Gesellschaften, sie nimmt Aufgaben wahr innerhalb des arbeitsteilig organisierten Sozialstaates. Das Sozialstaatsprinzip war die Antwort auf die gesellschaftlichen Brüche in der modernen Industriegesellschaft, auf die ungleiche Verteilung von Besitz und Einkommen und auf die Probleme sozialer Desintegration, auf den Verlust traditionaler sozialer Systeme der Hilfe und Unterstützung (insbesondere der Familie) und die Überforderung traditionaler Hilfen (wie z. B. der Kirchen). Heute ist es die Antwort auf neue Formen von Entfremdung, Verarmung und Randständigkeit in der globalisierten Arbeitsgesellschaft. Dabei hat der Sozialstaat nicht nur marktausgelöste soziale Ungerechtigkeit zu kompensieren, sondern auch eine aktive Verteilungspolitik zu verfolgen (vgl. Schröer 2008:355). Das Sozialstaatsprinzip setzt auf die Würde des Menschen, auf ihre Anerkennung als Subjekte des Lebens, und es repräsentiert den Anspruch auf soziale Gerechtigkeit innerhalb einer Gesellschaft. Angesichts gesellschaftlicher Verhältnisse jedoch, die geprägt sind durch alte und neue Ungleichheiten und durch die zunehmende Brüchigkeit traditioneller Klassen und Milieus ist eine Vermittlung nötig, damit menschliche Würde und Anerkennung als Subjekt des Lebens realisiert werden können. Hier hat die Soziale Arbeit ihre spezifische Aufgabe (vgl. Thiersch 2002:11).
Thole (2012a:24) formuliert zunächst neutral, dass Soziale Arbeit stets ein institutionelles Angebot darstellt, das sich zwischen dem Staat als gesellschaftliches Gesamtsubjekt beziehungsweise in dessen Vertretung und Auftrag handelnde Organisationen auf der einen Seite und einzelnen Subjekten, Familien oder Gruppen auf der anderen Seite verortet. Der Sozialen Arbeit kommt dabei die Aufgabe zu, zwischen Individuum und Gesellschaft, zwischen System und Lebenswelt zu vermitteln, so Heiner, und sie bezeichnet dies als die ›intermediäre Funktion‹ der Sozialen Arbeit (vgl. 2004:155). Diese Vermittlung wird jedoch nicht neutral gesehen, vielmehr ist der spezifische Zugang der Sozialen Arbeit derjenige einer parteilichen Vermittlung: »Soziale Arbeit ist engagiert in den Problemen, die die Menschen in sich und mit sich selbst haben und erst in zweiter Linie an den Problemen, die die Gesellschaft mit ihnen hat. (Dafür sind im Rahmen unserer Gesellschaft Gesetz, Justiz und Polizei zuständig.) Soziale Arbeit vermittelt also zwischen Subjekt und Gesellschaft in der Perspektive des Subjekts« (Thiersch 2002:212). Sie sehe Menschen in ihren subjektiven Schwierigkeiten und Hoffnungen und ihren individuellen Anstrengungen, mit den vielfältigen Anforderungen des konkreten Alltags zurecht zu kommen. Und Gildemeister (1992:216) hält fest, die Soziale Arbeit sei der einzige Beruf, »der die Solidarität mit den Leidenden, Ausgestoßenen, Problembeladenen nicht aufgeben kann, ohne ein konstitutives Element zu verlieren«. Parteilichkeit für Klienten gilt als Maxime Sozialer Arbeit (vgl. Müller 1991:144).
Der Auftrag der Sozialen Arbeit sei ein nachrangiger, betont u. a. Heiner: In der sozialstaatlichen Arbeitsteilung soll die Soziale Arbeit in der Regel erst dann aktiv werden, wenn andere gesellschaftliche Systeme versagt haben beziehungsweise deren Problemlösungsansätze nicht greifen. Die Soziale Arbeit sei zuständig für alle Aspekte der komplexen Problemlagen der Klientel. Diese sozialpolitische Nachrangigkeit der Sozialen Arbeit, ihre Auffangfunktion als letztes soziales Netz der Gesellschaft führe dazu, dass sie es meist mit sehr komplexen, oftmals chronifizierten Problemlagen zu tun habe (vgl. Heiner 2004:156 f.).
Bearbeitung sozialer Probleme
In einer soziologischen und systemtheoretischen Perspektive wird der Sozialen Arbeit die Aufgabe der Bearbeitung sozialer Probleme zugewiesen (Gildemeister 1993; Staub-Bernasconi 2012). Soziale Arbeit wird dabei verstanden als Funktionssystem gesellschaftlicher Hilfen für Individuen und Gruppen, die von sozialen Problemen betroffen sind. Das setzt einen