Eintretende auch. Dieser, ein von Statur kleiner, aber kräftiger Mann, der auf breiten Schultern einen Habichtskopf und dergleichen Auge und Nase trug, über welchem ein Rheoboam oder Schaufelhut saß, den er in der Gegenwart derer, vor denen er eben stand, abzunehmen oder zu lüften nicht für nötig hielt, faltete seine Arme über seine Brust und musterte seine jungen Freunde, wenn man sie so nennen konnte, ausgiebig.
»Wie?« begann er und sprach nun nicht mehr in einem näselnden, sondern in einem tiefen Ton – mehr als tief – einem Ton, den er absichtlich hohl und dumpf erschallen ließ: »Wie? Ist das Pfingstwunder hier wieder erneuert worden? Sind die fremden Zungen wieder zurückgekehrt? Wo sind sie? Ihr Ton füllte das ganze Haus. Ich hörte die Sprachen in voller Lautstärke, Parther, Meder und Elamiter, welche in Mesopotamien wohnen und in Judäa und Kappadokien, in Pontus und Asien, Phrygien und Pamphylien, in Ägypten und in den Ländern Libyens um Kyrene, Fremde aus Rom, Juden und Proseliten, Kreter und Araber, jeder von ihnen musste vor zwei Minuten seinen Repräsentanten in diesem Zimmer gehabt haben.«
»Ich bitte um Vergebung, Mr. Helstone«, begann Mr. Donne, »haben Sie die Güte sich zu setzen. Befehlen Sie ein Glas Wein?«
Seine Höflichkeiten erhielten keine Antwort. Der Habicht im schwarzen Rock fuhr fort:
»Was spreche ich denn von der Gabe der Sprache? Eine Gabe in der Tat! Ich verwechselte das Kapitel, das Buch, das Testament! Evangelium statt Gesetz, Apostelgeschichte statt Genesis, Jerusalem statt der Ebene von Schinar.
Es war nicht die Gabe, sondern die Verwirrung der Sprachen, die mich mit ihrem Geschnatter stocktaub werden ließ. Ihr Apostel! Was? Ihr drei! Auf keinen Fall! – Drei hochmütige babylonische Maurer – nicht mehr und nicht weniger!«
»Ich versichere Ihnen, Sir, wir haben bloß bei einem Glas Wein, nach einem freundlichen Mahl miteinander geschwatzt – die Dissenters zu bekehren.«
»Oh! Die Dissenters bekehren! – Sie! – Malone, der die Dissenters bekehrt?! Es klang mir vielmehr, als wollte er seine Mit-Apostel bekehren. Ihr strittet euch untereinander und machtet – Ihr drei allein ungefähr ebenso viel Lärm wie Moses Barraclough, der predigende Schneider, und alle seine Hörer in ihrer methodistischen Kapelle dort machen, wenn sie mitten in der Wiedererneuerung stecken. Ich weiß, wessen Fehler das ist … Ihr Fehler, Malone.«
»Meiner? Sir?«
»Ja, Ihrer Sir. Donne und Sweeting waren ruhig, bevor Sie kamen und würden ruhig sein, wenn Sie gingen. Ich wünschte, Sie hätten, als sie über den Kanal fuhren, Ihre irischen Gewohnheiten hinter sich gelassen. Dubliner Studenten-Art taugt hier nichts. Ein Benehmen, das in einem wilden Morast und in einer bergigen Gegend in Connaught unbemerkt bleiben würde, lädt in einer anständigen englischen Kirchengemeinde Missgunst auf diejenigen, die es sich zuschulden kommen lassen, und was noch viel schlimmer ist, auf das heilige Amt selbst, dessen demütiges Anhängsel sie nur sind.«
Es lag eine gewisse Würde in der Art des kleinen ältlichen Mannes diese jungen Leute zurechtzuweisen, obgleich es vielleicht nicht die für diese Gelegenheit geeignetste war. Mr. Helstone, aufrecht stehend wie ein Baumstamm und scharf aussehend wie Geier, hatte trotz seines klerikalen Huts, des schwarzen Rocks und der Gamaschen, eher das Aussehen eines militärischen Veteranen, der seine Subalternen maßregelt, als eines ehrwürdigen Priesters, der seine Söhne zum Glauben ermahnt. Evangelische Milde, apostolische Güte schienen nie ihren Einfluss über dieses aufgeregte braune Gesicht ausgeübt, sondern Festigkeit die Züge versteinert und Scharfsinn seine eigentümlichen Linien darauf eingegraben zu haben.
»Ich begegnete Supplehough«, fuhr er fort, »als er in dieser feuchten Nacht durch den Schlamm watete, um in der Werkstatt der Gegner in Milldean zu predigen. Wie ich Ihnen sagte, hörte ich Barraclough mitten in einem Konventikel wie einen wütenden Stier brüllen, und finde Sie, meine Herren, bei Ihrer halben Kanne trüben Portweins sitzen und wie bissige alte Weiber zanken. Kein Wunder, dass Supplehough sechzehn erwachsene Konvertiten an einem Tag taufte, wie er es vor vierzehn Tagen tat, kein Wunder, dass Barraclough, als ein Heuchler und Feigling der er ist, dennoch all die Webermädchen mit ihren Blumen und Bändern herbeizieht, um zu erfahren, um wie viel härter seine Knöchel sind, als der hölzerne Rand seines Kübels, und ebenso kein Wunder, dass Sie, wenn Sie sich selbst überlassen sind, ohne Ihre Priester – mich, Hall und Boulthy – um Ihnen beizustehen, viel zu oft das heilige Amt unserer Kirche vor leeren Bänken halten und Ihren kurzen, trockenen Vortrag vor dem Küster, dem Organist und dem Büttel ableiern. Doch genug davon! Ich suchte Malone auf. Ich habe einen Auftrag für Sie.«
»Was betrifft er?« fragte Malone verdrießlich, »um diese Tageszeit kann es noch kein Begräbnis geben?«
»Sind Sie armiert?«
»Armiert, Sir? Ja, und auch mit Beinen versehen«, und damit streckte er seine gewaltigen Glieder aus.
»Pah! Haben Sie Waffen, meine ich.«
»Die Pistolen habe ich, die Sie mir selbst gaben. Ich gehe nie ohne sie aus. Sie liegen stets gesichert auf einem Stuhl an meinem Bett bei Nacht. Außerdem habe ich meinen Knüppel.«
»Sehr gut. Wollen Sie nach Hollow’s Mill gehen?«
»Was gibt es denn dort?«
»Jetzt noch nichts, vielleicht auch später nicht, aber Moore ist allein dort. Er hat alle Arbeitsleute, auf die er sich verlassen kann, nach Stillbro’ geschickt, bloß zwei Weiber sind zu Hause geblieben. Es würde für seine Freunde eine leichte Sache sein, ihm einen Besuch abzustatten, wenn sie wüssten, wie bequem er ihnen der Weg dazu gemacht hat.«
»Ich bin keiner seiner Freunde, Sir, und kümmere mich nicht um ihn.«
»Oh, Malone! Sie fürchten sich?«
»Dazu kennen Sie mich besser. Glaubte ich wirklich, dass dort eine Rauferei vorfallen könnte, würde ich gehen, aber Moore ist ein sonderbarer, scheuer Mann, den zu verstehen ich mir nicht anmaße, um dessen angenehmer Gesellschaft allein willen ich aber auch keinen Schritt gehen möchte.«
»Aber es könnte dort eine Rauferei stattfinden, wenn auch keine richtige Revolte, wozu ich allerdings noch keine Anzeichen erkenne. Zweifellos wird diese Nacht nicht ruhig vorübergehen. Sie wissen, dass Moore entschlossen ist, die neue Maschine zu beschaffen, und so erwartet er noch heute Abend zwei Wagen voll Holz- und Eisenwerk aus Stillbro’. Der Aufseher Scott und einige Leute mit Piken holen sie.«
»Sie werden sie ruhig und sicher einbringen.«
»Moore sagt das auch und versichert, dass er niemanden braucht. Einige Personen muss er aber doch haben, und sei es auch nur für den Fall, um wenn etwas geschähe, Zeugnis abzulegen. Er ist zu unvorsichtig. Er sitzt in seinem Kontor ohne die Fensterläden zu schließen. Er geht nach Einbruch der Nacht hierhin und dahin, in den Hohlweg hinauf, nach Fieldhead Lane hinunter und in den Pflanzungen herum, als ob er das Schoßkind der ganzen Nachbarschaft oder, wie es in den Märchenbüchern heißt, ›gefeit‹ wäre. Er lässt sich das Schicksal von Pearson und Armitage keine Warnung sein, von denen der eine in seinem eigenen Haus, der andere in der Heide erschossen wurde.«
»Aber er sollte sich warnen und zur Vorsicht bewegen lassen«, unterbrach Mr. Sweeting, »und würde es auch, wenn er hörte, was ich neulich gehört habe.«
»Was hörten Sie denn?«
»Sie kennen Mike Hartley, Sir?«
»Den antinomistischen3 Weber?«
»Ja.«
»Wenn Mike einige Wochen hintereinander getrunken hat, endet er gewöhnlich damit, bei einem Besuch in der Nunnely-Vikarei Mr. Hall einen Teil seiner Gedanken über dessen Predigten zu sagen, ihm die furchtbare Tendenz seiner Lehre von den guten Werken vorzuhalten und ihn zu warnen, dass er und all seine Zuhörer in der tiefsten Finsternis säßen.«
»Ganz recht. Das hat aber nichts mit Moore zu tun.«
»Außer der Tatsache dass er ein Antinomist ist, ist er auch ein gewaltiger Jakobiner und Gleichmacher, Sir.«
»Das weiß ich.