kam! Sie haben mir jedes heiratsfähige Frauenzimmer reihum offeriert. Vorher waren es die zwei Misses Wynn, erst die braunhaarige, dann die blonde, dann die rothaarige Miss Armitage, ferner die sehr reife Anna Pearson. Jetzt bringen Sie mir den ganzen Stamm der Misses Sykes auf den Hals. Gott weiß, was an all dem Geschwätz Schuld ist. Ich besuche niemand – ich suche weibliche Gesellschaft beinahe ebenso eifrig auf wie Sie, Mr. Malone. Gehe ich einmal nach Whinbury, dann geschieht es bloß, um Sykes oder Pearson einmal in ihren Kontoren zu besuchen, wo wir von ganz anderen Dingen als vom Heiraten sprechen und an ganz andere Sachen als Werbungen, Einrichtungen und Ausstattungen zu denken haben. Das Tuch, das wir verkaufen, die Arbeiter, die wir anstellen, die Fabriken, die wir nicht betreiben können, der schlechte Stand der Dinge im Allgemeinen, den wir nicht ändern können, beschäftigen uns völlig und lassen uns durchaus nicht an solche Luftgebilde von Liebeswerben und dergleichen denken.«
»Da bin ich ganz mit Ihnen einverstanden, Moore. Wenn es irgendetwas gibt, das ich mehr hasse als alles andere, so ist es die Vorstellung des Heiratens. Ich meine nämlich Heiraten im gewöhnlichen Sinne als eine bloße Sache des Gefühls. Zwei bettelarme Narren verständigen sich darauf, ihre Armut durch eine fantastische Albernheit von Empfindung zu vereinen – Dummheit! Aber eine vorteilhafte Verbindung, eine solche, die man in Übereinstimmung mit würdigen Aussichten und dauernden soliden Interessen schließen kann, ist nicht so übel – he?«
»Nein!« antwortete Moore ziemlich abwesend. Der Gegenstand schien kein Interesse für ihn zu haben. Er verfolgte ihn also nicht. Nachdem er mit beschäftigter Miene einige Zeit dagesessen und ins Feuer geblickt hatte, wandte er plötzlich den Kopf.
»Hören Sie!« sagte er. »Hörten Sie nicht Räder?« Er stand auf und ging ans Fenster, öffnete es und horchte. Es dauerte nicht lange, und er schloss es wieder.
»Es ist nur das Geräusch des stärker werdenden Windes«, bemerkte er, »und des etwas angeschwollenen Baches, der das Tal herab kommt. Ich erwartete die Wagen um sechs, und es ist jetzt bald neun.«
»Glauben Sie wirklich, dass die Inbetriebnahme dieser neuen Maschinen Ihnen Gefahr bringen wird?« fragte Malone.
»Helstone scheint es zu denken.«
»Ich wünschte bloß, dass die Maschinen – die Rahmen – sicher hier wären und in der Fabrik untergebracht. Einmal aufgestellt, trotze ich den Zerstörern. Sie mögen mir nur einen Besuch abstatten und die Folgen zu spüren bekommen. Meine Fabrik ist meine Festung.«
»Man braucht solches Gesindel nicht zu fürchten«, bemerkte Malone in tiefes Nachdenken geratend. »Ich wollte nur, dass solch eine Schar heute Nacht bei Ihnen vorspräche! Aber die Straße schien, als ich kam, außerordentlich still. Ich sah nichts Beunruhigendes.«
»Sie kamen beim roten Haus vorbei?«
»Ja.«
»Da konnte nichts auf der Straße zu sehen sein. Die Gefahr droht aus der Richtung von Stilbro’.«
»Sie glauben also doch, dass von dort Gefahr besteht?«
»Was diese Schurken anderen angetan haben, können sie auch mir antun. Dabei besteht nur der Unterschied, dass viele Fabrikanten ganz außer sich zu sein scheinen, wenn sie angegriffen werden. Sykes zum Beispiel tat keinen Schritt, um die Bösewichter zu überführen oder zu bestrafen, als seine Zurichterei in Brand gesteckt und bis auf den Grund abgebrannt wurde, als man die Tücher von den Rahmen riss und in Fetzen auf den Feldern liegen ließ. Er gab sich ganz friedlich drein, wie ein Kaninchen unter die Zähne eines Wiesels. Ich aber, so weit ich mich kenne, würde standhaft bei meinem Handel, meiner Fabrik und meinen Maschinen stehen.«
»Helstone sagt, diese drei seien Ihre Götter, die Kabinettsbefehle wären Ihnen gleichbedeutend mit den sieben Todsünden, Castlereagh sei Ihr Antichrist, und die Kriegspartei seine Legionen.«
»Ja, ich hasse all dies, weil es mich zugrunde richtet. Es steht mir im Weg. Ich komme nicht vorwärts und kann deshalb meine Pläne nicht ausführen. Ich sehe mich durch dessen entgegengesetzten Einfluss in allem gehindert.«
»Aber Sie sind reich und betriebsam, Moore?«
»Ich bin sehr reich an Tuch, kann es aber nicht verkaufen. Sie sollten nur einmal dort in meine Lagerhäuser kommen und sehen, wie sie bis unters Dach vollgestopft sind. Roakes und Pearson sind in derselben Lage. Amerika war ihr Markt, aber die Kabinettsbefehle haben ihn abgeschnitten.« Malone schien nicht geneigt, eine solche Unterhaltung lebhaft fortzusetzen, er fing also an, die Absätze seiner Stiefeln zusammenzuschlagen und zu gähnen.
»Und dann zu denken«, fuhr Mr. Moore fort, der zu sehr mit dem Fluss seiner eigenen Gedanken beschäftigt zu sein schien, als dass er die Anzeichen der Langeweile seines Gastes hätte bemerken können, »und dann zu denken, dass diese lächerlichen Klatschereien von Whinbury und Briarfield einen stets mit Heiratsgeschichten quälen! Als ob man im ganzen Leben weiter nichts zu tun hätte, als einer jungen Dame, wie Sie es nennen, Aufmerksamkeit zu zeigen, und dann zur Kirche mit ihr zu gehen, und dann eine Hochzeitsreise mit ihr zu machen, und dann eine Reihe von Besuchen abzustatten, und dann wohl sogar – eine kleine Familie zu haben! Oh, que le diable emporte!5« Er brach die Verwünschung, die er mit einer gewissen Leidenschaft noch auf den Lippen hatte, ab und setzte ruhiger hinzu: »Ich glaube, die Frauen sprechen und denken nur von solchen Dingen und meinen also, der Männer Sinn sei ebenfalls nur mit dergleichen beschäftigt.«
»Ja, ja, allerdings!« stimmte Malone ein. »Aber geben Sie nichts darauf.« Nun blickte er unruhig umher, als suche er etwas. Das bemerkte Moore und verstand recht gut, was er wollte.
»Mr. Malone«, sagte er also, »nach Ihrem nassen Weg werden Sie gewiss einer Erfrischung bedürfen. Ich war recht unaufmerksam.«
»Oh, ganz und gar nicht«, entgegnete Malone, sah aber dennoch so aus, als ob jener den Nagel auf den Kopf getroffen hätte. Moore stand also auf und öffnete einen Speiseschrank.
»Es ist meine Gewohnheit«, sagte er, »jede Bequemlichkeit hier zu haben, um nicht von den Weibspersonen im Haus dort wegen jedes Mundvolls, was ich esse, und jedes Tropfens, den ich trinke, abhängig zu sein. Ich bleibe oft den Abend hier, esse allein und schlafe mit Joe Scott in der Fabrik. Oft bin ich mein eigener Wächter. Ich brauche wenig Schlaf und wandere gern in einer schönen Nacht ein paar Stunden mit meiner Flinte im Tal herum. – Mr. Malone, können Sie Hammelrippchen braten?«
»Versuchen Sie es. Ich habe es hundertmal im College getan.«
»Da sind welche, und hier der Bratrost. Wenden Sie sie nur schnell um. Sie kennen doch das Geheimnis, wie der Saft darin bleibt?«
»Seien Sie ohne Sorge – Sie werden sehen! Geben Sie nur Messer und Gabeln her.«
Der Hilfsgeistliche schlug seine Aufschläge über und nahm sich eifrig des Kochens an. Der Fabrikant brachte Teller, einen Laib Brot, eine schwarze Flasche und zwei Tummler auf den Tisch. Dann nahm er einen kleinen kupfernen Kessel, ebenfalls aus dem gut ausgerüsteten Speiseschrank, füllte ihn mit Wasser aus einem großen steinernen Krug in einer Ecke, setzte ihn neben dem zischenden Bratrost aufs Feuer und holte Zitronen, Zucker und eine kleine Punschbowle aus Porzellan. Doch während er den Punsch braute, rief ihn ein Schlag an der Tür davon ab.
»Bist du es, Sarah?«
»Ja, Sir. Wollen Sie nicht zum Abendessen kommen?«
»Nein, ich komme diese Nacht nicht ins Haus. Ich werde hier in der Fabrik schlafen. Schließe also nur zu, und sag deiner Herrin, dass sie zu Bett gehen kann.« Darauf kam er wieder.
»Sie haben Ihren Haushalt in schönster Ordnung«, bemerkte Malone beifällig, als er mit seinem von den Kohlen, über die er sich beugte, hochgeröteten Gesicht die Hammelrippchen eifrig umwendete. »Sie stehen nicht unter Unterrockregierung wie der arme Sweeting. Ein Mann – oh weh! – wie das Fett spritzt! Ich habe mir die Hand verbrannt – ein Mann, der bestimmt ist, von Weibern beherrscht zu werden. Sie und ich, Moore – da ist eine recht braune für Sie, und recht saftig – Sie und ich werden keine grauen Stuten in unseren Ställen haben, wenn wir heiraten.«
»Das