Hannes Lindemann

Maritime E-Bibliothek: Sammelband Abenteuer und Segeln


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hielten sich alle an den viel schärferen Cayennepfeffer.

      Abidjan, die moderne Hauptstadt der Elfenbeinküste, liegt an der riesigen Lagune Ebrit! und erlangte erst Bedeutung, als die Franzosen die Lagune durch einen Kanal mit dem Atlantik verbanden.

      Als ich mit der Tide durch den Kanal und die Lagune segelte, sah ich viele Dampfer Kaffee, Kakao, Bananen und sogar Baumwolle laden. In kurzer Zeit sollen auch die Bauxit-, Eisenerz- und Manganlager der Elfenbeinküste ausgebeutet werden, und das Land wird dann seine hervorragende Stellung, die es im Exporthandel innerhalb von Westafrika innehat, weiter festigen können.

      Ein Schlepper kam gefährlich nahe an mich heran und bot mir an, die LIBERIA abzuschleppen; ich lehnte sein Angebot ab und gelangte mit Hilfe der Seebrise auch ohne ihn in die Baie du Banco, in der ich vor einer Werft Anker warf. Keine hundert Meter entfernt lud ein deutscher Dampfer Baumstämme.

      Sofort kamen ein paar Franzosen und wollten mir helfen. Läuft man einen französischen Hafen an (wenn man Abidjan so nennen darf), so findet man immer schnell Kontakt zu den Einwohnern, wird eingeladen und lernt Land und Leute kennen.

      Schon vor einigen Jahren hatte ich die Elfenbeinküste besucht; damals war sie noch Kolonie, und die Franzosen bedachten die Neger mehr als nötig mit vertrauten Tiernamen. Ein Jahr später war ich wieder dort, und die Tiernamen galten nur noch den Tieren, aber Schwarz und Weiß begegneten sich noch immer voller Mißtrauen. Und bei meinem jetzigen Besuch war die Elfenbeinküste innenpolitisch unabhängig und die Atmosphäre gereinigt; die Afrikaner zeigten sich zugänglicher und arbeiteten mit größerem Eifer und Interesse. Das hatten die Franzosen anscheinend nicht erwartet.

      Überhaupt schien mir die Lage in Abidjan ruhiger und entspannter als in den anderen westafrikanischen Ländern zu sein, die ich zuvor besucht hatte; meine Freunde führten das auf die einsichtige Politik des Ministerpräsidenten Felix Houphouet-Boigny zurück.

      Houphouet-Boigny ist Häuptlingssohn, reicher Plantagenbesitzer, afrikanischer Arzt – er studierte in Dakar – und hat hohe Posten in der französischen Regierung innegehabt. In der Elfenbeinküste ist er Führer einer Partei, die mehr den Charakter einer Volksbewegung besitzt und deren Ziel die Unabhängigkeit war. Unabhängig ist das Land heute, doch im Gegensatz zu Sekou Touré legt Houphouet-Boigny noch immer Wert auf die Zusammenarbeit mit Frankreich.

      „Wir braumen einander“, erklärte er. „Ich weiß, daß unsere Wirtsmaft ohne französisme Hilfe zusammenbremen würde, daß französismes Kapital für uns unerläßlich ist. Was wir von den Franzosen wollen, ist die Anerkennung der Integrität des schwarzen Mannes, Amtung und Liebe.“

      Der Minister und die Doktorarbeit

      Geamtet aber werden die Afrikaner erst seit kurzem. Hatten die Kolonialvölker denn wirklich keine Möglichkeit, ihre afrikanischen Länder durch eine klügere Politik Europa zu erhalten?

      Als ich den jungen Ernest Boka, Erziehungsminister der Elfenbeinküste, fragte, wie er den Kolonialismus in der Gesmichte Westafrikas beurteile, antwortete er zu meinem Erstaunen:

      „Sehen Sie, im arbeite gerade an meiner Dissertation, und der Kolonialismus ist mein Thema. Im glaube, er ist eine Erscheinungsform der menschlichen Entwicklung im allgemeinen und nicht den Europäern vorbehalten. Schauen Sie sich Liberia an, dort haben Afrikaner ihre eigenen Brüder versklavt, smlimmer als die Europäer es selbst in den schlimmsten Zeiten taten.“

      „Dann hat also der sogenannte Kolonialismus Ihrer Meinung nach für Westafrika seine geschichtliche Berechtigung?“

      „Ich glaube ja. Wir alle wissen, daß er seine barbarischen Seiten hatte, daß aber umgekehrt die bleibenden Werte, die er geschaffen hat, doch überwiegen: die Sprache der kolonisierenden Völker als Band und Verständigungsmittel, die Beendigung der Streitigkeiten zwismen den einzelnen Stämmen und natürlich die Errichtung von Plantagen und Industrieanlagen, der Bau von Städten, Häfen, Krankenhäusern. Wir verdanken den Franzosen sehr viel.“

      Boka glaubt wie ich nicht daran, daß der Intellekt der Afrikaner dem der Europäer nachsteht. Bei gleichen Voraussetzungen – gleicher Schulung und Ausbildung – könnte die schwarze Rasse geistig das Gleime leisten wie die Weißen.

      Der Erziehungsminister hat in Grenoble Rechtswissenschaften studiert. Den steten Mangel an französischen Lehrern versucht er, zuweilen durch persönlich abgeschlossene Kontrakte mit französischen Lehrerinnen zu beheben. Großzügig stellt er den jungen Damen ab und zu eine seiner Villen als Wohnung zur Verfügung, in der Hoffnung, daß seine Gastfreundschaft entgolten wird. Aber auch bei Französinnen kann man sich täuschen; wenigstens lachte man in Abidjan damals gerade über eine Ohrfeige, die der Minister in seinem Haus empfangen haben sollte. Diese Geschichte gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man die vielen, ausgesucht hübschen jungen Damen sieht, die in seinem Vorzimmer aus- und eingehen.

      Daß die Franzosen in zahlreichen Ländern ihrer riesigen überseeischen Gebiete sehr Beachtliches geleistet haben, kann keiner abstreiten. Man denke allein an Marokko. Die Elfenbeinküste liegt zwar weiter entfernt von der französischen Metropole, und ihr Klima lockt weniger Siedler herbei, aber man muß dennoch den Aufschwung dieses Landes, das die Franzosen erst kurz vor der Jahrhundertwende erwarben, nach dem Zweiten Weltkrieg bewundern.

      Abidjan selbst hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt; etwa 10.000 Franzosen und über 120.000 Eingeborene sind heute dort ansässig. Straßen und Eisenbahnen ziehen sich durchs Land; Afrikaner wie Weiße haben im Regenwaldgebiet der Küste oder in der Savanne des Hinterlandes ungezählte Plantagen angelegt. Die Elfenbeinküste könnte eines der reichsten Länder der Welt werden, wenn ihr mehr Arbeitskräfte zur Verfügung stünden, denn 2,5 Millionen Einwohner sind für ein Gebiet, das so groß ist wie Norwegen und so ertragreich wie ein Treibhaus, viel zu wenig.

      Die fliegenden Früchte der Mangobäume

      Eines Tages besuchte mich ein französischer Segler und lud mich zu einem Drink in einem der Cafes an der Hauptstraße ein. Von unserem Tisch aus blickten wir auf einen gepflegten Park, der mit gewaltigen Mangobäumen umsäumt war. Mein Gastgeber machte mich auf die „Früchte“ in den Wipfeln dieser Bäume aufmerksam, die wie Nester von Webervögeln aussahen. Erst als diese Früchte zu fliegen und zu kreischen begannen, merkte ich, daß er mich auf den Leim führen wollte. Es waren fliegende Hunde, große Fledermäuse, die sich ihren Schlafplatz mitten in der Stadt gesucht hatten. Vagabunden bei Nacht, schlafende Spießbürger bei Tag!

      Für die Afrikaner sind die fliegenden Hunde Leckerbissen, denen sie oft genug nachstellen, zumal diese Tiere auf den Fruchtplantagen großen Schaden anrichten – ganze Bananenbündel können sie binnen einer Nacht verspeisen. In Amerika habe man Fledermäuse bereits dressiert, meinte mein Bekannter; in Kalifornien gäbe es auch bestimmte Arten, die sich sogar Fische fangen. Andere Arten ernähren sich von Fleisch und jagen nach Vögeln, wieder andere leben vom Nektar der Blumen. Und die Tiere – so erzählte er weiter – besäßen nicht nur Radarausrüstung, sondern auch navigatorische Instrumente: wie könnten sie sonst von den USA nach den Bermudas fliegen, etwa 1000 Kilometer entfernt! Zur „Winterfrische!“

      Wie so viele Franzosen hatte auch dieser Segler vor, eines Tages um die Welt zu segeln. Er war Architekt, gleich nach dem letzten Kriege nach Abidjan gekommen, seit wenigen Jahren mit einer französischen Apothekerin verheiratet und besaß eine kleine Ananasfarm und hier und da ein paar Aktien. Sein Boot wurde von der Werft gebaut, in deren Gewässern die LIBERIA IV vor Anker lag. Aktien und Farm warfen genug ab, um ihn für den Rest seines Lebens zu versorgen. Eine Mitseglerin hatte er auch schon; sie ist ebenfalls verheiratet, aber ihr Mann hat ebenso wenig wie seine Frau gegen eine mehrjährige Weltreise etwas einzuwenden. Bon voyage!

      Westafrika – ein ewiger Unruheherd?

      Kurz vor memer Ankunft waren elmge tausend Afrikaner als „unerwünschte Ausländer“ aus Abidjan vertrieben worden. Man konnte sich sehr schwer ein Bild über die Vorfälle machen; die meisten Franzosen wußten gar nichts darüber.

      „Eine traurige