Hannes Lindemann

Maritime E-Bibliothek: Sammelband Abenteuer und Segeln


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ist ein Ereignis, das alle paar Jahre nur einmal vorkommt. Sämtliche Angehörige seiner division, seines Plantagenbezirkes, standen bewundernd um das Tier herum und lobten den Mut des Jägers. Der Pflanzer erzählte, er habe es in seinem Bezirk gestellt. Ein Schuß ging vorbei, das Tier griff an, jedoch der Pflanzer hatte offensichtlich spanisches Blut in den Adern: er sprang geschickt zur Seite, und der Büffel erwischte nur sein Hemd, verwundete aber seinen Boy, der ihn begleitet hatte, am Hals. Der nächste Schuß war ein Blattschuß; der Büffel stürzte tödlich getroffen nieder. Er besaß ein dunkelbraunes Fell und war somit ein älteres Tier, denn junge Büffel sind meist rotbraun.

      Erfahrene Großwildjäger behaupten, in ganz Afrika gäbe es für den Fachmann keine wirklich gefährlichen Tiere – die einzige Ausnahme sei der Büffel. Etwas Wahres ist daran: ich habe mehrfach Eingeborene behandelt, die von Büffeln angefallen und zum Teil ganz übel zugerichtet worden waren, aber Verletzungen durch Leoparden oder andere Tiere habe ich nie gesehen. Alle zwei Monate hatten wir auch einen Schlangenbiß zu behandeln, der fast immer geheilt werden konnte.

      Büffel greifen erst dann an, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen oder wenn sie verwundet sind. Ein Berufsjäger wurde einmal von einem Büffel aus dem Hinterhalt angefallen, zu Boden geschleudert und zu Tode getrampelt. Er hatte das Tier fünf Tage zuvor angeschossen, es war geflüchtet, hatte einen großen Bogen geschlagen und in der Nähe der Schußstelle auf seinen Feind gewartet. Büffel fühlen instinktiv, daß sie sich an diesem Ort am sichersten verbergen können. Als dann der Jäger fünf Tage später wieder dort vorbeikam, fiel der Büffel so unerwartet über ihn her, daß er sich nicht mehr zur Wehr setzen konnte. Nahm das Tier Rache, oder fühlte es sich erneut bedroht?

      Die Hottentotten führen manchmal eine Art Stierkampf auf, bevor sie einen Büffel töten; sie reizen ihn solange, bis er angreift, und sobald er schnaubend den mächtigen Kopf zum Stoß senkt, werfen sie ihm eine Decke über den Kopf, springen zur Seite und jagen ihm ihre Speere in den Leib.

      Am nächsten Tag saß ich mit einem Freund, mit dem ich im Hospital zusammengearbeitet hatte, beim Cocktail, als sein Hausboy aufgeregt hineingestürzt kam: „Boss, a black Mamba!“ Wir hatten nichts gegen die schwarze Mamba, sie sicherlich auch nichts gegen uns, aber wir beschlossen trotzdem, ihr den Garaus zu machen. In den Jahren meines Afrikaaufenthaltes hatte ich mich zwar nie durch besonders große Jagdleidenschaft ausgezeichnet, doch Schlangen und Skorpione hatte ich gejagt, wo ich nur konnte, das gehörte sozusagen zu meinem Beruf – als Vorbeugungsmaßnahme.

      Ich hatte Glück – beim ersten Steinwurf schon starb die mittelgroße, 1,50 Meter lange Giftschlange.

      Es ist keine große Kunst, im Freien eine Schlange zu erledigen, jedoch in engen Räumen oder unterm Haus – in den Tropen sind die Bungalows meist auf Pfeilern erbaut – muß man sich immer einen Rückzugsweg freihalten. Schwarze Mambas können sehr gefährlich sein. Ohm Krüger berichtet von einer, die sich im Burenfeldzug wütend auf eine Patrouille stürzte und drei Männern und zwei Hunden tödliche Bisse versetzte.

      Die Yancys und der Sklavenhandel

      In einigen westafrikanischen Ländern wuchert die Korruption wie Unkraut. Die Verwechslung von mein und dein ist in manchen Gegenden ein wahrer Nationalsport. Das galt einst auch für Liberia.

      Viel Sympathie verlor das Land 1931, als eine internationale Kommission feststellen mußte, daß dort noch immer mit Sklaven gehandelt wurde! Ausgerechnet die Nachkommen von freien Sklaven versklavten ihre Brüder aus dem Hinterland!

      Die spanischen Pflanzer auf der Insel Fernando Poo suchten händeringend nach Arbeitskräften. Für jeden Afrikaner bezahlten sie 45 Dollar, darüber hinaus gab es noch Extravergütungen. Das war für den damaligen Vizepräsidenten von Liberia, Allen N. Yaney aus Maryland, dem südlichsten Teil des Landes, ein gutes Geschäft. Er rekrutierte die „Ware“ für die Spanier kostenlos aus dem Busch; konnten die Häuptlinge das „Soll“ nicht erfüllen, setzten Repressalien ein, erst Auspeitschung, dann „Pfändung“ der nächsten Angehörigen der Häuptlinge und schließlich Mord.

      Selbst 1935 noch, nach dem Einspruch der internationalen Kommission, ging ein Sklaventransport von Grand Bassa nach Fernando Poo!

      Inzwischen ist das alles vergessen. Präsident Tubman versucht wie keiner seiner Amtsvorgänger, die Bewohner des Hinterlandes mit zur Regierung heranzuziehen. Doch wie schwer es ist, unsere westliche Begriffe auf Afrika zu übertragen, zeigt die Fortsetzung der Yancy-Geschichte. Einer der Söhne des ehemaligen Vizepräsidenten, ein Major Yaney, höchster Polizeibeamter im Bezirk Maryland, hatte sich von ein paar Gummizapfern der dortigen Firestone-Zweigstelle längere Zeit hindurch viele Eimer voll Latex an einen verabredeten Ort bringen lassen. Er holte sie später mit seinem Auto ab und verkaufte sie als eigenes Erzeugnis an die – Firestone-Gesellschaft. Natürlich kam der Schwindel bald heraus, die Anwälte von Firestone, meist Liberianer, erhoben Anklage. Es wäre ein Prozeß mit sonnenklarem Ausgang geworden. Doch was geschah? Nichts! Das Urteil fiel unter den Tisch. Und heute ist Yancy – Rechtsberater bei Firestone!

      Will man seine Widersacher unschädlich machen, spannt man sie am besten in die eigene Sache ein. Zusätzlich ist Yancy noch immer Major der dortigen Polizeikräfte, besitzt wie alle Americo-Liberianer eine Farm, hat sein eigenes Rechtsanwaltsbüro, ist verantwortlich für den Verkehr im Süden des Landes und leitet ein eigenes Fuhrunternehmen.

      Besuch beim Präsidenten

      Natürlich stand auch diesmal auf meinem Programm ein Besuch bei Präsident Tubman, den ich von früher her gut kenne. Da ich ihn das letzte Mal wegen der großen Hitze in Hemdsärmeln besucht hatte – das Recht eines Fahrensmannes für mich beanspruchend –, trug ich diesmal meinen besten Anzug –, und er erschien im Schlafrock. Aber nächstes Mal wollen wir beide vorschriftsmäßig gekleidet sein!

      Liberia verdankt seinen Aufschwung zum größten Teil der Aufgeschlossenheit seines Präsidenten. Tubman stammt von Americo-Liberianern aus Kap Palmas ab, jedoch ist der Unterschied zwischen dieser Gruppe und den Eingeborenen weniger groß als bei uns oft geglaubt wird. Er wurde liberisch erzogen, und das ist so oder so bescheiden. Aber Tubman ist von Natur aus intelligent, witzig, großzügig, schlagfertig und hilfsbereit. Er hat selbst Weißen geholfen, die von ihren eigenen Landsleuten keine Unterstützung erhielten. Heute ist er mehrfacher Dollarmillionär, jedoch durch eigene – kaufmännische – Verdienste und nicht durch einen Griff in die Staatskasse. Noch heute unterschreibt er persönlich alle entscheidenden Geldausgaben seiner Regierung – denn er kennt seine Landsleute!

      Tubman hielt damals nichts vom Panafrikanismus, wie Touré und Nkrumah ihn propagieren, weil er das Beispiel Europas vor Augen hat: Wenn die Europäer sich nicht einmal verständigen und einigen könnten, wie sollte man das von den Afrikanern erwarten, meinte er. Inzwischen scheint er allerdings seine Ansicht geändert zu haben.

      Wie in anderen westafrikanischen Ländern gibt es in Liberia ein Einparteiensystem; die anderen Parteien werden nur dem Namen nach geduldet, zum Teil sogar öffentlich bekämpft und ihre Führer eingekerkert oder verbannt. Offensichtlich sind Entwicklungsländer – wie man heute die unterentwickelten Länder nennt – für demokratische Staatsgefüge wenig geeignet, hinzu kommt, daß die große Mehrzahl der Bevölkerung beim Wählen gar nicht erfaßt werden kann.

      Bei Landsleuten im Urwald

      Liberia hat besonders enge und freundschaftliche Verbindungen mit Hamburg. Man trifft dort mehr Hamburger als in den meisten anderen westafrikanischen Ländern.

      Schon wenige Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung Liberias sandte der Hamburger Carl Wörmann den Dreimastschoner „Liberia“ nach Westafrika und errichtete in Liberia 1854 die erste Faktorei südlich der Sahara. Weitere Hamburger Reedereien gründeten dort Niederlassungen und sind zum Teil – wenigstens dem Namen nach – noch heute dort vertreten.

      Gerade diese Kaufleute haben sehr viel für das gute Ansehen, das die Deutschen in Liberia genießen, getan. Leider wurde das gute Verhältnis zwischen ihnen und den Liberianern verschiedentlich durch taktlose Reisende gestört.