Hain, auf dessen Bestand früher jene Segelschiffe zurückgreifen konnten, deren Mast gebrochen war. Es ist die berühmte Norfolk Island-Kiefer, die an der Osts ei te der Insel diesen kleinen Reservewald bildet.
Auf der sonst öden Insel fällt nicht einmal ein Zehntel so viel Regen wie auf dem Grünen Berg, aus dessen Hängen tropfenweise Drips, spärliche Quellen, sickern. Die berühmteste von ihnen ist nach Dampier benannt worden, weil sie ihm und seiner Besatzung das Leben rettete. Ansonsten dienen Zisternen, in denen Regenwasser aufgefangen wird, der Wasserversorgung.
Wasser ist auf der Insel knapp – um so mehr wußte ich die Einladung des Managers zu einem täglichen Bad zu schätzen. Regnet es wirklich einmal, dann gleich in tropischen Wolkenbrüchen, die binnen Stunden die rote Insel grün werden lassen. Aber die Kehrseite dieser Verwandlung ist weniger erfreulich: Moskitos, Grillen, Heuschrecken und Kakerlaken vermehren sich so rasend schnell, daß sie den Algen Konkurrenz machen könnten. Sie werden zu einer wahren Plage, gegen die man sich nicht wehren kann.
Auch die Ratten sind keine angenehmen Inselbewohner. Als treueste Begleiter der Menschen kamen sie mit den gestrandeten Segelschiffen auf die Insel und richteten sich dort häuslich ein. Sie haben zusammen mit wildernden Katzen auf Ascension ungeheuren Schaden in den Brutkolonien der Seevögel angerichtet. Groteske Schauspiele, wie sie sich die Natur nicht besser hätte ausdenken können, sind die erbitterten Zweikämpfe zwischen Ratten und riesigen Landkrabben – beide scheinen des anderen Fleisch als Delikatesse zu schätzen. Da sie beide gleiche Gewinnchancen haben, geht keiner dem anderen aus dem Weg, sondern greift an, sobald er hungrig ist und setzt nach dem Siege zum Festschmaus an – oder aber bezahlt seinen Appetit mit dem Leben.
Ascension und die Riesenschildkröten
Die Insel Ascension und ihre Schildkröten sind ein Begriff. Diese Tiere mußten einst ihr kaltblütiges Leben lassen, damit die Stadtoberhäupter von London oder die Lords der Admiralität eine heiße Suppe auf den Mittagstisch bekommen konnten. Zum Glück besitzen die grüne und die Lederschildkröte von Ascension kein Schild platt, sonst wären sie sicher schon ausgerottet.
Vorwiegend von Februar bis April kommen die Weibchen schwerfällig durch die Brandung gekrochen, um an Land jenseits der Brandungszone ihre Eier zu vergraben. Manchmal werden sie auch bei ihrem Landgang recht unsanft gegen Riffs geworfen, wie entsprechende Schönheitsfehler auf ihren Panzern beweisen.
Auf dem Fußballplatz der Insel – er liegt direkt am Strand – sah ich mehrere Bahnen von Schildkröten. Sie sehen wie die Spuren einraupiger Tanks aus. Gerade in Höhe des Elfmeterpunktes hatte ein Weibchen aus lauter Bosheit ein Loch gescharrt. üb es später seine Eier dort ablegte, kann man nicht sagen, da die Tiere meist mehrere Löcher kratzen, bevor sie legen. Sie tun das mit allen Vieren und bilden dann über dem auserwählten Loch mit ihren Hinterfüßen eine Art Rollbahn, auf der die Ping-Pong-Eier aus dem Panzerschrank in ihr Geburtsbett rollen.
Nach etwa acht Wochen schlüpfen die Jungen aus und müssen sich ohne Anleitung erst einmal durch den Sand nach oben buddeln, um auf dem schnellsten Weg ins Wasser zu gelangen, denn überall lauern Gefahren auf die Kleinen: Fregattvögel kreisen in der Luft, Ratten und Katzen streichen umher, und sollte gerade ein Tölpel vorbeifliegen, wird er sich diesen zarten Braten auch nicht entgehen lassen. Manchmal gibt es auch unvorhergesehene Zwischenfälle. In Georgetown lief einmal in einem Haus am Strand ein Motor. Eines Morgens zogen sämtliche, soeben ausgeschlüpfte Schildkröten in gelockertem Gänsemarsch in dieses Haus – die Vibration hatte offensichtlich ihren Instinkt aus dem Gleichgewicht gebracht.
Nur zwei Prozent der ausgeschlüpften Jungen bleiben am Leben, denn im Wasser setzen Haie, Barrakudas und Seevögel die Verfolgungsjagd fort. Als Nahrung dienen den Seeschildkröten Seegras und Quallen, an denen sie sich keineswegs den Kopf verbrennen: er ist zu hart.
Die Schildkröte vermag sich, liegt sie einmal auf dem Rücken, aus eigener Kraft nicht wieder aufzurichten. Daher bezeichnen die Engländer einen Menschen, der sich in einer hilflosen Lage befindet, als turned turtle, umgedrehte Schildkröte.
Mir wollte der Manager der Insel eine Riesenschildkröte schenken; seine Boys hatten zu diesem Zwecke ein solches Reptil am Strand auf den Rücken gedreht, um es am nächsten Morgen zu schlachten (Schildkrötenfleisch schmeckt wie trockenes Rindfleisch) und mir den Panzer zu überlassen. Gegen Mitternacht jedoch machte ein romantisch veranlagtes Paar im Mondschein einen nicht einkalkulierten Spaziergang und stieß auf die „verunglückte“ Schildkröte. Es drehte das Tier wieder auf die Füße, und sicher schwimmt es noch heute im Ozean herum.
Besuch auf einer Vogelinsel
Schon seit acht Monaten hielten sich auf Ascension vier britische Ornithologen zu Studienzwecken auf. Sie erzählten mir, sie hätten alle Segler, die in jener Zeit die Insel anliefen, eingehend interviewt, in der Hoffnung, interessante Beobachtungen aus der Vogel welt zu hören zu bekommen – jedoch zu ihrem Leidwesen niemals Antworten erhalten, die für sie verwendbar gewesen wären.
Da ich auf meinen Reisen alle Seevögel, die mir über den Weg flogen, sorgfältig beobachtet hatte, steckten wir bald in Fachgesprächen. Die Wissenschaftler waren überrascht, als ich ihnen sagte, daß ich auf meinen Atlantiküberquerungen eine ungefähre Ortsbestimmung nach dem Auftreten von bestimmten Vogelarten vornehmen konnte.
Auf Ascension nisten unzählige Vögel, vor allem Tausende von Rußseeschwalben, die die amerikanischen Flieger im letzten Krieg vor schwierige Aufgaben gestellt haben. Die Amerikaner hatten auf der Insel einen bedeutenden Luftstützpunkt errichtet, der direkt an die Brutkolonie der Rußseeschwalben grenzte, jedoch die Vögel dachten nicht daran, ihren Brutplatz aufzugeben – schließlich besaßen sie ältere Rechte. So mußten die Amerikaner ein besonderes Kommando einsetzen, das die Vogeleier, etwa 40.000 an der Zahl, zerstörte, worauf sich die empfindlicheren unter den Rußseeschwalben, höchst empört über diese Barbarei, ein anderes Nistquartier suchten. Doch nicht genug der Schwierigkeiten an Land: in der Luft kam es sogar zu Zusammenstößen zwischen den Vögeln und den Flugzeugen, und mehrere Maschinen stürzten ab.
Unfälle dieser Art sind nicht selten: im Pazifik erlitten während des letzten Krieges einige Luftstützpunkte der Amerikaner mehr Verluste durch Seevögel als durch Feindeinwirkung. Am schlimmsten hatten und haben noch immer die Marineflieger auf der Insel Midway im Pazifik zu leiden. Albatrosse verursachten fünfhundert Zusammenstöße mit Flugzeugen. Wenn sie in Scharen auftraten, störten sie überdies die Radarbeobachtungen der Station, so daß die Redartechniker sich langsam die Haare zu raufen begannen.
Was tun? Es blieb den Marinern gar nichts anderes übrig: sie erklärten den Vögeln den Kampf. Mit Knüppeln droschen sie auf die zutraulichen Tiere ein und schlugen Tausende von ihnen tot. Dann aber warfen sie die Knüppel stöhnend weg und weigerten sich, ihr blutiges Werk fortzusetzen, denn die Vögel hatten sich arglos an ihre Mörder gedrängt, als wäre es eine besondere Gnade, vom Homo sapiens totgeschlagen zu werden. Das machte sogar die hartgesottensten Männer weich.
Also versuchten sie es auf weniger blutige Art und Weise: sie wollten sie ausräuchern. Doch die Albatrosse ließen sich nicht so schnell ins Bockshorn jagen. Als sich der Rauch verzogen hatte, kamen sie zurückgeflogen. Die unglücklichen Marineflieger ersannen eine neue Methode: sie raubten den Vögeln die Eier; aber die schwingengewaltigen Albatrosse flogen so lange schimpfend und kreischend und bittend über den Eierräubern umher, daß denen der Kopf smwirrte und sie die Eier wieder zurückbrachten.
Nun begannen sie, die Vögel auf entlegene Inseln zu deportieren – vergebens! Schon nach wenigen Tagen kehrten die hartnäckigen Tiere zurück und wurden von ihren daheimgebliebenen Brüdern freudig begrüßt. Da gaben die Soldaten es auf. Es scheint, daß sie den Albatrossen den „totalen Krieg“ er klären müssen, wenn sie ihren Stützpunkt behaupten wollen.
Bei Ascension gibt es eine Insel, die ausschließlich von Vögeln bewohnt und beherrscht wird; sie heißt „Boatswain-Island“. Diese Vogel insel war natürlich ein idealer Studienort für die Ornithologen. Mit der LIBERIA fuhren wir hinüber; es sind von Georgetown nur knappe zehn Seemeilen. Die Insel ist durch einen rund 200 Meter breiten Kanal von