und Fallstricke
Über ACT reden statt ACT erleben
Einführungsworkshops laufen Gefahr, zu viel theoretische Fracht zu laden. Die Arbeit mit ACT beruht auf leicht fassbaren und wissenschaftlich fundierten Grundlagen der Verhaltenstherapie. Diese sollten vermittelt werden. Darüber hinaus ist jedoch die Arbeit mit ACT vor allem eine Arbeit mit der ACT-typischen Haltung, und diese lässt sich vor allem durch das Selbst-Erleben der Prozesse erarbeiten (Wie gelingt es mir selbst, im Augenblick präsent zu sein? Zu beobachten und nicht zu bewerten? Gelingt es mir, auch schwierige Gefühle anzunehmen? Welche Vermeidungsstrategien wende ich selbst an? An welchen Werten orientiere ich mich eigentlich selbst?). Für erlebensorientierte Übungen sollte in den Workshops mindestens ein Drittel der Zeit eingeplant werden.
Urlaubs- und krankheitsbedingte Ausfälle während der Fortbildungsphase
Ausfallzeiten sind in Teams nicht zu verhindern. Es ist daher anzuraten, Workshops z. B. zu filmen o. ä., damit Kolleginnen und Kollegen, die bestimmte Termine verpasst haben, diese auf Video nachverfolgen können. Eine weitere Möglichkeit sind Handouts, die z. B. die verwendeten Vorträge etc. enthalten, sowie Lesetexte aus ACT- Einführungsbüchern. Einige Lesetipps finden sich in den Literaturquellen am Ende dieses Kapitels.
Die Mühen der Ebene
Alle Übungen und Metaphern klappen besser in den Workshops als im direkten Kontakt zu Patientinnen und Patienten. Menschen, die von Beschwerden und Krankheiten belastet sind, haben oft große Probleme im flexiblen Umdenken, tun sich schwer, Unannehmbares zu akzeptieren und sich »einfach mal« auf ihre Werte zu besinnen. Das verpasst dem anfänglichen Enthusiasmus oft erste Dämpfer.
Was kann da helfen? Sich im Team gegenseitig zu unterstützen. Selbst zu akzeptieren, dass es sich eben schwer anfühlt, wenn man das, was man erreichen möchte, nicht – oder nur schwer – erreicht. Selbst zu defusionieren von dem Gedanken »Die/Der muss das ACT-Prinzip doch jetzt endlich knacken, sonst habe ich [als Therapeutin oder Therapeut] versagt«. Und immer wieder die Kraftquelle zu nutzen, sich auf die eigenen Werte zu beziehen: »Was ist mir an der Arbeit mit erkrankten Menschen wichtig? Wie will ich meinen Patientinnen und Patienten beistehen?«
Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Mühe haben, ihren eigenen therapeutischen Ansatz mit ACT zu verbinden
Das C in ACT steht für »Commitment«. Oder eben auch »Choose« – wähle, welchem Wert du folgst, welchen Sinn du deinem Leben und Handeln gibst. Es würde daher dem Prinzip von ACT widersprechen, einer Person ACT »aufzuzwingen«. Der Erfahrung nach finden selbst Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jahrelang mit einer bestimmten Methode gearbeitet haben, relativ leicht Parallelen in der bisherigen Arbeit zu ACT und integrieren dann ACT-Prozesse in ihre bisherige Arbeitsweise. Schafft ein Team sich Möglichkeiten, sich immer wieder auf die gemeinsame Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit zu besinnen, z. B. durch ACT-basierte Intervision und Supervision, hat dies eine große integrative Kraft. Unterschiedliche Sichtweisen können dann nicht als trennend, sondern bereichernd erlebt werden.
Zudem gibt es zur Vertiefung dieser Fragen sehr lesenswerte Literatur zu den Verbindungslinien zwischen ACT und anderen Therapieverfahren: ACT und KVT, ACT und Psychodynamische Therapie etc. (siehe Literaturhinweise).
3.5 Was ist das Wichtigste für die Implementierung von ACT in klinischen Teams? – Fazit und Ausblick
Die Implementierung von ACT in ein klinisches Team ist eine spannende und inspirierende gemeinsame Expedition. Verschiedene Wege zu einem auf ACT basierenden, multiprofessionellen Konzept sind möglich. Einige werden in diesem Kapitel aufgezeigt. Im besten Fall bringt die gemeinsame Orientierung auf Sinnhaftigkeit und Werte im Arbeitsalltag den Teamgeist zum Blühen. Für die Implementierung von ACT empfiehlt sich jedoch neben methodischer Kompetenz der Beteiligten ein strukturiertes Vorgehen mit plan- und messbaren Zielen sowie die Bereitschaft für einen langen Atem in der Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des jeweiligen Teamkonzepts.
Literatur
Biglan A, Layton GL, Backen Jone L, Hankins M, Rusby JC (2013) The value of workshops on psychological flexibility for early childhood special education staff. Topics Early Child Spec Educ 32: 196–210.
Brinkborg H, Michanek J, Hesser H, Berglund G (2011) Acceptance and commitment therapy for the treatment of stress among social workers: a randomized controlled trial. Behav Res Ther 49: 389–398.
Flaxman P, Bond F, Livheim E (2015) Achtsam und erfolgreich im Beruf: Mit ACT die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz stärken. Paderborn: Junfermann Verlag.
Frögéli E, Djordjevic A, Rudman A, Livheim F, Gustavsson P (2016) A randomized controlled pilot trial of acceptance and commitment training (ACT) for preventing stress-related ill health among future nurses. Anxiety Stress Coping 29: 202–218.
Habibian Z, Sadri Z, Nazmiyeh H (2018) Effects of Group Acceptance and commitment therapy -based training on job stress and burnout among pediatric oncology and special diseases nurses. Iranian J Pediatr Hematol Oncol 8: 118–125.
Hayes SC, Bissett R, Roget N, Padilla M, Kohlenberg BS, Fisher G, Masuda A, Pistorello J, Rye AK, Berry K, Niccolls R (2004) The impact of acceptance and commitment training and multicultural training on the stigmatizing attitudes and professional burnout of substance abuse counselors. Behav Ther 35: 821–835.
Luoma JB, Vilardaga JP (2013) Improving therapist psychological flexibility while training Acceptance and Commitment Therapy: a pilot study. Cogn Behav Ther 42: 1–8.
Nützliche Quellen für Workshops (Auswahl)
Harris R (2011) ACT leicht gemacht. Freiburg: Arbor-Verlag.
Harris R (2014) Schwierige Situationen in der Akzeptanz- und Commitment-Therapie. Weinheim, Basel: Beltz-Verlag.
Strosahl K, Robinson P (2016) In diesem Moment. Stuttgart: Trias-Verlag.
Wengenroth M (2017) ACT Therapie-Tools. Weinheim, Basel: Beltz-Verlag.
ACT und andere Therapierichtungen (Auswahl)
Ciarrochi J, Bailey A (2010) Akzeptanz- und Commitment-Therapie in der KVT. Weinheim, Basel: Beltz-Verlag.
McKay M, Lev A, Skeen M (2013) ACT und Schematherapie. Lichtenau: G.P. Probst Verlag.
Stewart JM (2012) Mindfulness, Acceptance and the Psychodynamic Evolution. Oakland, CA, USA: Context Press.
4 Therapeutische InterACTion im Klinikalltag
Nina Romanczuk-Seiferth und Ronald Burian
4.1 ACT als therapeutisches Konzept im klinischen Alltag in konkreten Interaktionen umsetzen – Einführung
Die meisten Lehr- und Praxisbücher zur Anwendung von ACT beziehen sich auf die Therapie in einer ambulanten Praxis als ein prototypisches psychotherapeutisches Setting: es sitzen sich Patientin bzw. Patient und Therapeutin bzw. Therapeut gegenüber und es wird miteinander gesprochen. Die Situation ist recht übersichtlich und zumeist gut strukturiert. Alles, was geschieht, spielt sich zwischen diesen zwei Personen ab. Die Therapeutin bzw. der Therapeut erklärt zu Beginn der Therapie das eigene Vorgehen und das Rational der Behandlung. Dann wird das gemeinsame Vorgehen erarbeitet. Meist ist auch die Anzahl der vorgesehenen Therapiestunden, also die »Therapiedosis«, klar umrissen. Die unmittelbare therapeutische Interaktion bleibt auch im Verlauf der Behandlung meist auf diese zwei Personen beschränkt.
Die therapeutischen Interaktionen gestalten sich im klinischen Rahmen zumeist komplexer: Die Patientinnen und Patienten haben im Therapieverlauf Kontakt mit mehreren therapeutisch arbeitenden Personen. Im besten Fall arbeitet das Stationsteam nach einem einheitlichen Therapie-Rational, aber manchmal eben auch nicht. Und selbst wenn ersteres der Fall ist, sind unterschiedliche