erst einmal alles ab. Nachdem er dann doch mit der Sprache herausrückt, gibt es von der Mutter ein paar auf die Finger. Dabei will Torsten niemandem schaden. „Ich bin ein Typ, der gern einen ausgibt. Wir waren auf dem Rummel, sind Karussell gefahren und haben Lose gekauft“, erinnert er sich.
Den Quatsch, den er als Erwachsener immer noch macht, kann er damals nicht immer in halbwegs elegante Bahnen wie heute lenken. „Scheiße hat Torsten früher schon gebaut. Er war kein einfaches Kind. Es ging sehr viel kaputt bei ihm“, schaut Mama Mattuschka zurück. „Er hatte nur den Ball im Kopf. Häufig wurde bei uns geklingelt, weil Torsten an ein Auto geschossen hatte.“ Schwester Katja betont aber, dass ihr Bruder keinesfalls frech gewesen sei.
Am 29. August 1987 wird Torsten Mattuschka eingeschult. Bis zur sechsten Klasse besucht er die 30. Oberschule und spätere 11. Gesamtschule im Cottbuser Stadtteil Sachsendorf. Seine Liebe zum Fußball wird aber auf dem Dorf in Merzdorf gefördert. Dort ist er oft bei den Groß-eltern zu Besuch. Während seine Mutter häufig auch am Sonnabend arbeiten geht, um Torsten und seine Schwester Katja durchzukriegen, steuert Torsten Oma und Opa an. „Nach Merzdorf bin ich mit dem Fahrrad gefahren. Das hat schon eine halbe Stunde gedauert“, berichtet Mattuschka. Es geht meistens freitags nach der Schule los und am Sonntagabend wieder nach Sachsendorf zurück.
Die Begeisterung für den Fußball ist schon vorhanden. Opa Heinz erkennt das Talent und lenkt es in die richtigen Bahnen, ein bisschen wohl auch aus Selbstschutz. „Ich war schon damals so fußballverrückt, dass ich sogar beim Mittagessen mit der Pille unterm Tisch jonglierte. Um nicht ihr komplettes Geschirr den Bach runtergehen zu sehen, haben Oma und Opa mich dann lieber 1985 bei der BSG Aufbau Merzdorf angemeldet. Da war ich fünf Jahre alt“, erzählt Mattuschka 2014 dem Magazin 11Freunde.
Der 1952 gegründete Verein hieß zu DDR-Zeiten zunächst BSG Traktor Merzdorf und wird nach der Wende in SV Rot-Weiss Merzdorf 1952 umbenannt. Heute gibt es dort einen großen Rasenplatz, eine weitere kleine Grünfläche zum Trainieren und ein schmuckes Funktionsgebäude. Damals wie heute trennt eine Straße eine Längsseite des Sportplatzes von anliegenden Einfamilienhäusern. Früher sorgten Pappeln für etwas Lärm- und Sichtschutz, aber sie mussten in den 2000er Jahren gefällt werden. „Ihre Wurzeln haben irgendwann die Straße angehoben. Sie wuchsen auch ins Feld rein. Der Platz war eine Katastrophe“, schaut Mattuschka-Kumpel Robert Zeitz zurück.
Spaß haben die Knirpse dennoch. Eine alte grüne Torwand mit weißen Löchern wird ohne Ende bearbeitet. Ab und an spielt und trainiert Mattuschka im Verein auch mit Älteren, weil er so viel Talent mitbringt. Sein erster Trainer ist Andreas Raack.
In Merzdorf findet Mattuschka Freunde fürs Leben. „Wir sind eine Truppe von zehn, zwölf Mann. Der richtig harte Kern besteht aus sechs oder sieben Leuten. Und das schon seit über 30 Jahren“, sagt Mattuschka stolz. Der Kontakt reißt auch in den neun Jahren, in denen Mattuschka beim 1. FC Union in Berlin spielt, nie ab. Daniel Dubrau wird Silvester 2011 sogar Mattuschkas Trauzeuge bei der Hochzeit mit Susanne. Robert Zeitz hat einen Partykeller in Merzdorf. Dort schaut die Merzdorf-Gang regelmäßig Fußball – bevorzugt Champions-League-Spiele von Bayern München. Da ist die Torschnaps-Garantie besonders hoch, munkelt man. Die eine oder andere Nacht soll Mattuschka im Hause Zeitz im Partykeller auf der Couch verbracht haben …
„Die Wurzeln gingen bis mitten auf den Sportplatz“
Interview mit Andreas Raack, Mattuschkas erstem Trainer
Andreas Raack stammt aus dem in den 1980er Jahren abgebaggerten Groß Lieskow und landete nach der Umsiedlung in Merzdorf. Beim heutigen Vorstandsmitglied des SV Rot-Weiss Merzdorf machte Mattuschka zwischen 1985 und 1988 seine ersten Schritte als organisierter Fußballer.
Herr Raack, Sie sollen der allererste Trainer von Torsten Mattuschka gewesen sein?
„Das ist so. Ich habe in Merzdorf früher immer die jüngsten Jahrgänge trainiert. Torsten hat mit knapp sechs Jahren bei mir angefangen. Mit sieben Jahren spielte er bereits in der Altersklasse, die heute der D-Jugend entspricht. Mindestens einen Jahrgang über seinem eigentlichen hat er aufgrund seiner Stärke immer mitgewirkt, bevor er 1988 zu Energie Cottbus gewechselt ist.“
Heute heißt der Verein SV Rot-Weiss Merzdorf. Und wie 1985?
„Da war es die BSG Aufb au Merzdorf. Als deren Trägerbetrieb fungierte das Kalksandsteinwerk in Dissenchen. Die haben uns so lange unterstützt, wie es das Werk gab. Uns wurde ein Lkw der Marke W50 mit einem Personenkoffer gestellt. Mit dem sind wir auch zu Auswärtsspielen gefahren. Wohl bis zu Beginn der 1970er Jahre hieß der Verein Traktor Merzdorf. Mit der Wende wurde es der SV Rot-Weiss, weil Rot als Farbe auf den Trikots irgendwie immer dazugehörte. 1990 war Merzdorf noch eine eigenständige Gemeinde. Von der haben wir die ganze Sportanlage in Eigentum übernommen – das Gebäude und den Platz.“
Dort sollen früher Pappeln an der Straße gestanden haben …
„Ja, die waren riesengroß. Ich glaube, 2004 oder 2005 wurden die zwölf Pappeln gefällt. Sie haben einen Haufen Ärger gemacht. Als Flachwurzler suchten sie sich das Wasser. Die Wurzeln gingen bis mitten auf den Sportplatz und haben auch die anliegende Straße zerstört.“
Die Rasenqualität war also nicht die beste, als Mattuschka hier in den 1980er und 1990er Jahren spielte?
„Der Platz war uneben. Durch das nahe Tagebaugebiet wurde mit der Absenkung des Grundwassers auch die Erde bewegt. Die unebene Rasenfläche ist ein anerkannter Bergbauschaden.“
Wie sah es ungefähr aus, als der kleine Mattuschka mit dem Kicken bei Aufb au Merzdorf anfing?
„Es gab ein Rasengroßfeld und hinter einem Tor eine Schmirgelscheibe zum Trainieren. Dort gab es mehr Sand als alles andere.“
Welche Erinnerungen haben Sie an die Anfangszeit?
„Torsten war ein sehr aufgeweckter Junge und zu allem Blödsinn bereit. Aber wenn man ihm einen Ball hingeschmissen hat, war es mit dem Quatschmachen vorbei. Dann zählte nur noch die Pille.“
Wie bewerten Sie es, dass er es trotz etlicher Höhen und Tiefen in seiner Karriere bis in den Profifußball geschafft hat?
„Das kam für mich schon sehr überraschend, dass er das bei Energie unter Eduard Geyer hinbekommen hat. In Dissenchen spielte er in der 7. Liga und traute sich dann noch mal den Sprung zu. Wäre er einige Jahre früher zu Verstand gekommen, hätte er es vielleicht noch weiter gebracht.“
Zwischenzeitlich spielte Mattuschka in der B- und A-Jugend noch mal zwei Jahre für Merzdorf. Wurde ihm der Wechsel zum Lokalrivalen nach Dissenchen übel genommen?
„Ein bisschen schon. Torsten hat in Dissenchen eine Malerlehre absolviert. Wir haben ihm in Merzdorf auch eine angeboten. Aber der Opa von Torsten hat sich dann für die Ausbildung in Dissenchen bei der Firma Laschke stark gemacht. Das war traurig für Merzdorf. Aber von uns aus hätte er den späteren Sprung zurück zu Energie nicht geschafft.“
Stimmt es, dass Sie mit Torsten mehr oder weniger verwandt sind?
„Nicht wirklich. Ich bin quasi angeheiratet. Seine Mutter Christa und meine Frau Silvia sind Cousinen. Meine Schwiegermutter Elsbeth und Torstens Opa Heinz waren Geschwister. Der Opa hat in Merzdorf gewohnt, wo sich Torsten oft nach der Schule und am Wochenende aufgehalten hat. Mutter Christa hat ihn dann nach dem Training abgeholt.“
Wie wurden die Auswärtsspiele bewältigt?
„Alles mit Autos und mit Hilfe der Eltern. Die Kinder, die aus Cottbus kamen, wurden teilweise abgeholt und wieder nach Hause gebracht.“
Sind Sie noch im Verein aktiv?
„Ja, im Vorstand. Ich kümmere mich hauptsächlich um die Anlage und die Gebäude.“
Einige Anwohner sollen nicht so sehr über die aktive