Simon Reynolds

Glam


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zurück. Nachdem Cromwells New Model Army** die royalistischen Edelmänner besiegt hatte, die Charles I. verteidigten, schafften die Puritaner nicht nur die Monarchie ab, sondern schlossen auch die Theater und schränkten gottlose Unterhaltungen wie Tänze ein. Doch die alte Pracht kam 1660 zurück, als mit Charles II., dem Erben des exekutierten Königs, auch die Frivolität wieder das Ruder übernahm. (Die Geliebte des neuen Königs war passenderweise Schauspielerin.) In seiner Essenz ist das Dandytum royalistisch, weil der Dandy durch Ästhetik eine Form von Royalität anstrebt. Die Dandys herrschten über ein kaltes Reich des stilisierten Benehmens: Das soziale Leben selbst wurde zum Theater. Aristokraten, die das protestantische Arbeitsethos verabscheuten, mieden die unedle Welt von Produktion und Profit. Stattdessen widmeten sie ihre Zeit sich ständig verändernden Kodexen und Zeremonien, in denen sie hochmütig Wohlstand und Energie verprassten, um ihren Konsum möglichst auffällig zur Schau zu stellen.

      Bolan wuchs im Großbritannien der Nachkriegszeit auf. Die Rationierungen hatten gerade erst ein Ende genommen und es gab noch zahlreiche Trümmer von den Bombardierungen des Krieges. Zusätzlich war das East End ein trostloser Ort, rußbeschmutzt von den Abfallprodukten der Industrie. Umso begeisterter muss der junge Bolan von der Vision gewesen sein, die ihm auf den Seiten der Brummell-Biografie begegnete: ein Leben, das nur von Eleganz und Extravaganz diktiert wird. In Interviews sprach er oft über seine Herkunft aus der Arbeiterklasse und über seine »so armen« Eltern. Er schwärmte davon, wie Ruhm und Wohlstand ihn vor einer »Verurteilung zu lebenslanger Arbeit in einer Fabrik« bewahrt hätten.

      Bolan selbst wuchs in einem angrenzenden Stadtteil in Ost-London auf – Postleitzahl E5. Hier – in der Gegend um Hackney und Stamford – fand er auch seine eigene Dandy-Parallelgesellschaft: die Mods. Baudelaire hat darüber geschrieben, wie beunruhigte Männer in Übergangsperioden »eine neue Art von Aristokratie« hervorbringen. Auf die Mods trifft das uneingeschränkt zu. Mods waren junge Männer, die fast immer der höheren Arbeiterklasse oder der unteren Mittelschicht entstammten und denen die Türen der Universitäten genauso verschlossen blieben wie ein sozialer Aufstieg, doch die auch für ein Leben als Arbeiter ungeeignet waren. Intellektuell waren sie durchaus wissensdurstig, doch eher als Autodidakten denn als Akademiker (tatsächlich verabscheuten Mods Studenten). So konstruierten sie ihre eigene Hierarchie, die auf Geschmack und Wissen basierte. Ihr Wertesystem existierte unabhängig von den vorherrschenden gesellschaftlichen Strukturen. Durch die Mod-Subkultur konnten diese hungrigen, jungen Männer eine aristokratische Existenz ausleben, die sich ausschließlich an Kleidung orientierte und an Aktivitäten, bei denen diese vorteilhaft zur Schau gestellt werden konnte (wie Tanzen oder Mopedfahren).

      Bolan fing den Spirit der Mods 1977 mit »The London Boys« ein. In den Lyrics blickt er auf eine Gang protziger Jungs zurück, mit der er als junger Teenager verkehrte: »Mighty mean mod king / Dressed like fame.« 1972 erzählte er dem NME: »Damals hab ich mir eine Welt erschaffen, in der ich der König meines Viertels war.« Mit gerade mal vierzehn hing er mit Jungs rum, »die zwanzig oder vierundzwanzig« und »im ganzen East End bekannt waren. […] Das war allerdings eine Illusion, die ich kreiert habe.« In einem anderen Interview erinnerte er sich daran, von seinem eigenen Image »komplett umgehauen« worden zu sein, »von der Vorstellung eines Mark Feld«.

      Wie den ersten Dandys ging es auch den Mods um eine streng gehütete Fassade eisiger Unempfindlichkeit. Der Reiz war »die Freude daran, andere in Erstaunen zu versetzen und die stolze Zufriedenheit darüber, selbst niemals erstaunt zu sein« (Baudelaire). Nik Cohn erinnert sich daran, wie Marc als Mod »seine Klamotten vielleicht vier Mal am Tag« wechselte. »Er war sehr auf sein Image fokussiert, arrogant und gefühlskalt. Er nickte Leuten, die nicht hip waren, nicht mal zu.« Seine Obsession mit der eigenen Coolness trieb der junge Marc bis ins Extrem. Jahre später gab er zu: »Ich hatte vierzig Anzüge, aber keine Freunde.«

      Der vierzehnjährige Mark Feld war wohlbekannt. 1962 berichtete Town über die Mod-Szene und widmete ihm einen Großteil der Story. Seine Versuche, damit zu prahlen, wie ungezügelt er sein Geld ausgäbe, waren unglaubwürdig: »Ich habe zehn Anzüge, acht Sportjacken, 15 Hosen, 30 bis 35 gute Hemden, ungefähr 20 Pullover, drei Lederjacken, zwei Wildlederjacken, fünf oder sechs Paar Schuhe und dreißig unglaublich gute Krawatten.« Er behauptete, die besten Schneider im East End zu kennen und dass er ihnen detaillierte Anweisungen für das Revers, die Taschen und alle neuesten Mod-Trends geben würde. Sogar seine Schuhe waren handgefertigt. Wie um alles in der Welt konnte er sich das leisten? Angeblich durch Kleinkriminalität. Jedenfalls behauptete er später, er habe dafür Motorräder gestohlen. »Ich war ein ganz schöner Bösewicht. […] Klamotten waren alles, was mir etwas bedeutete.«

      Auf dem Foto für den Town-Artikel starren Bolan und die anderen beiden, viel älteren Mods überheblich und ernst in ihren glänzenden Schuhen, Dreiteilern und Krawatten in die Kamera, als Hintergrund dienten die heruntergekommenen Straßen Stamford Hills. Sie sehen aus wie eine Junior-Version von East-End-Gangstern wie den Kray-Zwillingen. Als sie über Politik befragt wurden, gaben alle drei ihrer Unterstützung für die konservative Regierung Ausdruck: »Die sind für die Reichen, also bin ich für sie.« Cyril Connolly argumentierte, Dandys seien grundsätzlich kapitalistisch, alleine schon wegen ihrer Vorliebe für »schöne Dinge und ansehnliche Menschen«. Da sie »den Ruf für soziale Gerechtigkeit nicht hören«, zelebrieren Dandys »die Dinge, wie sie sind«, statt zu versuchen »sie zu verändern«. Auch die Mods waren nicht nur für ungebremsten Materialismus, sondern auch gegen Gleichheit. »Man muss sich von den anderen Kids abheben«, so Bolan gegenüber Town. »Ich meine, man muss ihnen zwei Schritte voraus sein. Das Zeug, in dem man die Hälfte der Versager hier sieht, hab ich schon vor Jahren getragen.«

      In mancher Hinsicht waren Mods feminin – manche trugen sogar Makeup –, ohne jedoch wirklich in Berührung mit ihrer weiblichen Seite zu kommen oder Frauen viel Zeit zu widmen. Bolans »The London Boys« fängt die männliche Dominanz der Bewegung ein, in der Jungs sich schick machten, um andere Jungs zu beeindrucken und nicht um Mädchen anzuziehen. Modettes waren Nebenfiguren ohne Gesichter. Die männlichen Mods »waren schlicht nicht interessiert […], zu selbstsüchtig«, schreibt der Mod-Experte Kevin Pearce. Pillen spielten dabei eine Rolle, da sie die Libido (sowie andere biologische Bedürfnisse wie Nahrung und Schlaf) unterdrückten und stattdessen Selbstbewusstsein und Gruppenzugehörigkeitsgefühle förderten.

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      Bolans Herrschaft als König der Mods fand ein Ende, als seine Eltern Ende 1962 ans andere Ende der Stadt in eine nicht weniger trostlose Gegend Südwest-Londons namens Summerstown zogen. Ohne Anhänger ging ihm seine Stellung verloren und so zog er sich in sich selbst zurück.

      In dieser Phase einer, wie er es später nannte, »spirituellen Krise« ersetzte Bolan Kleidung durch Bücher. Er verschlang die Dichter der britischen Romantik, machte mit Rimbaud weiter (»der erste Dichter, der mich richtig mitriss; wenn ich Rimbaud las, fühlte sich das an, als stünden meine Füße in Flammen«) und landete schließlich bei den amerikanischen Beats. Als er Musik als Rettungsweg entdeckte, wurde Dylan sein Vorbild: ein Poet mit Akustikgitarre. Seinen ersten Versuch im Musikbusiness startete er als Folksänger mit Schirmmütze und dem Namen Toby Tyler. Die Stelle als »britischer Dylan« hatte allerdings schon Donovan.

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