Lage gewesen, sich selbst zu classificieren, so würde er niemals auf den Gedanken gekommen sein, eine besondere Ordnung zur Aufnahme seiner selbst zu errichten.
Es würde über die mir gesteckten Grenzen und auch völlig über meine Kenntnisse gehen, die zahllosen Bildungsverhältnisse auch nur namentlich anzuführen, in welchen der Mensch mit den anderen Primaten übereinstimmt. Unser großer Anatom und Philosoph, Professor Huxley, hat diesen Gegenstand ausführlich erörtert326 und ist zu dem Schlusse gekommen, daß der Mensch in allen Theilen seiner Organisation weniger von den höheren Affen abweicht, als diese von den niedrigerem Gliedern derselben Gruppe verschieden sind. Folglich »ist es nicht gerechtfertigt, den Menschen in eine besondere Ordnung zu stellen«.
In einem früheren Theile dieses Bandes habe ich verschiedene Thatsachen angeführt, welche zeigten, wie eng der Mensch in seiner Constitution mit den höheren Säugethieren übereinstimmt, und diese Übereinstimmung muß von der großen Ähnlichkeit unseres Körpers mit dem jener Thiere in der mikroskopischen Structur und chemischen Zusammensetzung abhängen. Ich führte das Beispiel an, daß wir denselben Krankheiten und den Angriffen verwandter Parasiten ausgesetzt sind; ferner unsere gemeinsame Neigung zu denselben Reizmitteln und die ähnlichen durch diese ebenso wie durch verschiedene Arzneimittel hervorgerufenen Wirkungen und andere derartige Thatsachen.
Da geringe und nicht weiter bedeutungsvolle Punkte der Übereinstimmung zwischen dem Menschen und den höheren Affen in den systematischen Werken gewöhnlich nicht erwähnt werden und da dieselben, wenn sie zahlreich sind, deutlich unsere Verwandtschaft aufdecken, will ich einige wenige dieser Punkte speciell anführen. Die relative Stellung der Gesichtszüge ist offenbar beim Menschen und den Quadrumanen dieselbe; und die verschiedenen Gemüthserregungen werden von nahezu ähnlichen Bewegungen der Muskeln und der Haut hauptsächlich oberhalb der Augenbrauen und um den Mund herum ausgedrückt. Einige wenige Gesichtsausdrücke sind in der That fast ganz dieselben, wie das Weinen bei gewissen Affenarten und das lärmende Lachen anderer, wobei die Mundwinkel rückwärts gezogen und die unteren Augenlider gerunzelt werden. Die äußeren Ohren sind merkwürdig gleich. Beim Menschen ist die Nase in viel höherem Maße hervorstehend als bei den meisten Affen; wir können aber den Anfang zur Krümmung einer Adlernase an der Nase des Hoolock-Gibbons sehen; und dies ist bei dem Semnopithecus nasica bis zu einem lächerlichen Extrem geführt.
Das Gesicht vieler Affen ist mit Bärten, Backenbärten oder Schnurrbärten, geziert. Bei manchen Arten von Semnopithecus327 wächst das Haar auf dem Kopf zu einer bedeutenden Länge und bei den Mützenaffen ( Macacus radiatus) strahlt es von einem Punkte auf dem Scheitel aus, mit einer auf der Mitte herablaufenden Scheitelung wie beim Menschen. Es wird gewöhnlich gesagt, daß die Stirn dem Menschen sein edles und intellectuelles Ansehen giebt; aber das dichte Haar auf dem Kopfe des Mützenaffen endet nach unten ganz plötzlich und es folgt ihm hier so kurzes und feines Haar, daß von einer geringen Entfernung aus die Stirn mit Ausnahme der Augenbrauen vollständig nackt erscheint. Man hat irrthümlicher Weise behauptet, daß Augenbrauen bei keinem Affen vorhanden wären. In der eben genannten Species ist der Grad von Nacktheit an der Stirn bei verschiedenen Individuen verschieden, und Eschricht328 giebt an, daß die Grenze zwischen der behaarten Kopfhaut und der nackten Stirn bei unsern Kindern zuweilen nicht scharf bestimmt ist, so daß wir hier, wie es scheint, einen beiläufigen Fall von Rückschlag auf einen Urerzeuger vor uns haben, bei welchem die Stirn noch nicht völlig nackt geworden war.
Es ist eine bekannte Thatsache, daß die Haare an unsern Armen von oben und unten her am Ellbogen in eine Spitze zusammenzukommen streben. Diese merkwürdige Anordnung, welche der bei den meisten niederen Säugethieren so ungleich ist, findet sich in gleicher Weise beim Gorilla, dem Schimpanse, dem Orang, einigen Arten von Hylobates und selbst einigen wenigen amerikanischen Affen. Aber bei Hylobates agilis ist das Haar am Unterarm abwärts gerichtet, oder nach der gewöhnlichen Weise nach der Hand zu, und bei H. Lar ist es fast aufrecht mit einer nur sehr geringen Neigung nach vorn, so daß in dieser letzteren Art das Haar sich in einem Übergangszustand befindet. Es kann kaum bezweifelt werden, daß bei den meisten Säugethieren die Dichte des Haars und seine Richtung auf dem Rücken dem Zwecke angepaßt ist, den Regen abzuhalten; selbst die querstehenden Haare auf den Vorderbeinen eines Hundes können zu diesem Zwecke dienen, wenn er beim Schlafen sich zusammengerollt hat. Mr. Wallace macht die Bemerkung, daß das Convergieren der Haare nach dem Ellbogen zu an den Armen des Orang (dessen Lebensweise er sorgfältig studiert hat) dazu dient, den Regen abzuhalten, wenn das Thier bei Regenwetter, wie es sein Gebrauch ist, mit gebogenen Armen und mit um einen Zweig oder selbst auf seinem eigenen Kopf zusammengefalteten Händen dasitzt. Der Angabe Livingstone's zufolge sitzt auch der Gorilla »im strömenden Regen mit den Händen über seinem Kopfe« da.329 Ist die eben gegebene Erklärung, wie es wahrscheinlich der Fall zu sein scheint, correct, so bietet das Haar an unsern Vorderarmen ein merkwürdiges Zeugnis für unsern früheren Zustand dar; denn Niemand kann die Vermuthung hegen, daß es jetzt von irgendwelchem Nutzen ist zur Abhaltung des Regens; es wäre auch bei unserer jetzigen aufrechten Stellung für diesen Zweck entschieden nicht passend gerichtet.
Es würde indessen voreilig sein, dem Principe der Anpassung in Bezug auf die Richtung der Haare beim Menschen oder seinen frühen Urerzeugern zu sehr zu vertrauen; denn es ist unmöglich, die von Eschricht über die Anordnung der Haare am menschlichen Fœtus (und diese ist dieselbe wie beim Erwachsenen) gegebenen Figuren zu betrachten, ohne mit diesem ausgezeichneten Beobachter darin übereinzustimmen, daß noch andere und noch compliciertere Ursachen dazwischen getreten sind. Die Convergenzpunkte scheinen in einer gewissen Beziehung zu denjenigen Punkten beim Embryo zu stehen, welche sich während seiner Entwicklung zuletzt geschlossen haben. Es scheint auch irgendwelche Beziehung zwischen der Anordnung der Haare an den Gliedmaßen und dem Verlaufe der Markarterien zu bestehen.330
Man darf nun aber auch nicht etwa annehmen, daß die Ähnlichkeit, in den eben genannten und vielen anderen Punkten, zwischen dem Menschen und gewissen Affen – wie der Besitz einer nackten Stirn, eines wallenden Haarwuchses auf dem Kopfe u. s. w. – sämmtlich nothwendig das Resultat einer ununterbrochenen Vererbung von einem mit diesem Merkmalen versehenen Urerzeuger oder eines später eingetretenen Rückschlags sind. Viele von diesen Übereinstimmungen sind wahrscheinlich eine Folge analoger Abänderungen, welche, wie ich an einem anderen Orte zu zeigen versucht habe,331 daher rühren, daß von gemeinsamen Stammformen ausgehende Organismen eine ähnliche Constitution haben und von ähnlichen, Variabilität hervorrufenden Ursachen beeinflußt worden sind. In Bezug auf die ähnliche Richtung der Haare am Vorderarme des Menschen und gewisser Affen läßt sich, da dieses Merkmal fast allen anthropomorphen Affen gemeinsam zukommt, wohl annehmen, daß es wahrscheinlich auf Vererbung zu beziehen ist; indessen ist dies doch nicht sicher, da auch einige sehr weit abstehende amerikanische Affen in gleicher Weise charakterisiert sind.
Obgleich nun, wie wir jetzt gesehen haben, der Mensch kein begründetes Recht hat, eine besondere Ordnung für sich zu bilden, so könnte er doch vielleicht eine besondere Unterordnung oder Familie beanspruchen. Professor Huxley theilt in seinem neuesten Werk332 die Primaten in drei Unterordnungen; die Anthropiden mit allein dem Menschen, die Simiaden, welche die Affen aller Arten umfassen, und die Lemuriden mit den mannichfaltigen Gattungen der Lemuren. Soweit Verschiedenheiten in gewissen wichtigen Theilen des Baues in Betracht kommen, kann der Mensch ohne Zweifel mit Recht den Rang einer Unterordnung beanspruchen, und diese Stellung ist zu niedrig, wenn wir hauptsächlich auf seine geistigen Fähigkeiten blicken. Nichtsdestoweniger scheint es von einem genealogischen Gesichtspunkte aus, als sei dieser Rang zu hoch und als dürfe der Mensch nur eine Familie oder möglicherweise selbst nur eine Unterfamilie bilden. Stellen wir uns vor, es gingen drei Descendenzlinien von einer gemeinsamen Stammform aus, so ist es völlig begreiflich, daß