Гарриет Бичер-Стоу

Die 15 beliebtesten Kinderbücher in einem Band (Illustriert)


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ja, ich habe die Neger mehreremale hineingehen sehen.«

      »Wann war das?«

      »Es war am Begräbnistage, am Morgen. Ich war nicht früh auf, denn ich hatte mich verschlafen. Ich kam gerade die Leiter herab, als ich sie sah.«

      »Ja, ja, nur weiter, nur weiter. Was thaten sie? Wie benahmen sie sich?«

      »Sie thaten nichts, und es fiel mir auch nichts besonders an ihnen auf. Sie schlichen auf den Zehen davon; allein ich dachte, sie seien in Ihro Majestät Zimmer gegangen, um aufzuräumen oder dergleichen, in der Meinung Sie wären schon auf; wie sie aber merkten, daß Sie noch schliefen, seien sie leise davongeschlichen, um Sie nicht zu wecken.«

      »Alle Wetter, das ist 'ne Bescherung!« rief der König; – sie sahen einander verdutzt und ziemlich dumm an. Eine Minute lang standen sie da, grübelnd und sich hinter den Ohren kratzend, dann brach der Herzog in ein eigentümliches höhnisches Gekicher aus und sagte:

      »Es übersteigt alles, wie gut diese Neger ihre Rolle gespielt haben. Sie klagten so jämmerlich darüber, daß sie aus dieser Gegend fort müßten! Und ich glaubte, sie fühlten sich wirklich elend. Und du glaubtest es auch, und alle andern. Mir soll kein Mensch je wieder behaupten, daß Neger kein histrionisches Talent besitzen. In denen steckt ein Vermögen. Hätte ich die Mittel und ein Theater, das wäre meine erste Auslage: die müßten mir her. Und wir haben sie verschleudert, hergegeben für einen Wisch, einen Wechsel! Sag' mal, wo ist er eigentlich, der Wisch?«

      »Zum Einkassieren auf der Bank. Wo soll er sonst sein?«

      »Nun, dann ist es, Gott sei Dank, in Ordnung.«

      Jetzt sagte ich in etwas ängstlichem Tone:

      »Ist irgend etwas schief gegangen?«

      Der König wandte sich scharf gegen mich und fuhr mich an:

      »Geht dich nichts an! Halt deinen Mund und kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten – wenn du welche hast. Vergiß das nicht, solange du in dieser Stadt bist – verstanden?«

      Als sie wieder die Leiter hinabstiegen, sagte der Herzog höhnisch:

      »Schnelle Verkäufe mit kleinem Gewinn! – ist ja das wahre Geschäftsprinzip – was?«

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      Der König schnarrte zurück: »Ich hab's gerade recht gut machen wollen, als ich die Kerls so rasch verkaufte. Wenn der Gewinn gleich Null oder gar ›minus‹ ist, so ist's mein Fehler nicht mehr als deiner?«

      »Nun, sie wären noch in diesem Hause, und wir nicht, wenn mein Rat befolgt worden wäre.«

      Der König gab darauf wieder hinaus, dann fuhr er mich an und machte mich arg herunter, weil ich ihm nicht auf der Stelle gesagt hätte, daß die Neger aus seinem Zimmer gekommen und sich so eigen benommen hätten; jeder Narr hätte wissen können, daß dahinter was stecke. Dann fluchte er zur Abwechslung auf sich selbst und sagte, das käme davon, wenn man früh aufstehe, anstatt sich seine Ruhe zu gönnen, er wolle verdammt sein, wenn er's je wieder thäte. So gingen sie grollend und zankend ab.

      Mittlerweile war's Zeit zum Aufstehen geworden; so stieg ich die Leiter hinab und wandte mich zur Treppe. Als ich am Zimmer der Mädchen vorbeikam, stand die Thür offen und ich sah Mary Jane neben ihrem alten haarigen Koffer sitzen, der offen war und in den sie eben Sachen gepackt hatte, um sich zur Reise nach England vorzubreiten. Doch jetzt hielt sie inne – mit einem gefalteten Kleid auf dem Schoß – bedeckte ihr Gesicht mit den Händen und weinte. Ich trat ins Zimmer und sagte:

      »Fräulein Mary Jane, es thut Ihnen weh, Menschen unglücklich zu sehen, mir geht es auch oft so – und doch gesteht man nicht immer gern, was einen schmerzt. Was ist Ihnen?«

      So sagte sie mir's denn. Es war wegen der Neger; ihr Verkauf hätte ihr alle Freude an der Reise nach England verdorben.

      »Ach, ach! schon der Gedanke, daß sie einander nie wiedersehen werden –«

      »Aber sie werden's doch – und eh' zwei Wochen um sind – ich weiß es gewiß!« sagte ich.

      Da war's heraus, bevor ich mich's versah! – und im nächsten Augenblick schlang sie ihre Arme um meinen Hals und rief: »Wär's möglich? Bitte sag's wieder und wieder!«

      Ich hatte zuviel gesagt und fühlte mich etwas verlegen. Ich bat sie, mir eine Minute Zeit zum besinnen zu lassen. Sie setzte sich wieder und war ganz voll Erwartung und Aufregung; dabei sah sie jedoch so glücklich und beruhigt aus, wie jemand, der sich eben hatte einen Zahn ausziehen lassen. Ich überlegte mir's und sprach zu mir selbst: Ein Mensch, der sich aufrafft und die Wahrheit sagt, wenn er in die Enge getrieben wird, läuft manche Gefahr – zwar hab' ich darin nicht viel Erfahrung und weiß es nicht gewiß, aber es will mir so scheinen. Nun ist hier aber ein Fall, wo es mir entschieden vorkommt, als ob die Wahrheit besser und sogar sicherer wäre, als eine Lüge. Ich will's also wagen und diesmal die Wahrheit sagen, obwohl für mich viel auf dem Spiel steht und es mir dabei zu Mut ist, wie einem, der sich mit der brennenden Pfeife auf ein Faß Schießpulver setzt. – Dann sagte ich:

      »Fräulein Mary Jane, wissen Sie irgend einen Platz etwas außerhalb der Stadt, wo Sie hingehen und drei bis vier Tage zubringen könnten?«

      »Ja – bei Lothrops. Warum?«

      »Lassen wir das ›warum‹. Wenn ich Ihnen sage, woher ich weiß, daß die Neger einander wiedersehen werden – innerhalb zwei Wochen – hier in diesem Hause – und beweise, woher ich's weiß – wollen Sie dann zu Lothrops gehen und vier Tage dort bleiben?«

      »Vier Tage!« rief sie, »ein Jahr, wenn es sein muß!«

      »Gut,« sagte ich, »von Ihnen will ich nichts mehr als Ihr Wort – mir ist das sicherer, als wenn ein anderer auf die Bibel schwört.« Sie lächelte und errötete lieblich – ich fuhr fort: »wenn Sie nichts dagegen haben, will ich die Thür schließen – und verriegeln.«

      Dann kam ich zurück, setzte mich nieder und begann:

      »Nun bitte ich, nicht aufzuschreien. Sitzen Sie hübsch still, und hören Sie mich an, wie ein Mann. Ich muß die Wahrheit reden, und Sie müssen sich fassen, Fräulein Mary, denn sie ist schlimmer Art und schwer zu ertragen, aber es geht einmal nicht anders. Diese Onkel sind gar nicht Ihre Onkel; sie sind ein paar Betrüger, erbärmliche Landstreicher. – So über's Schlimmste sind wir nun weg – den Rest werden Sie ziemlich leicht ertragen.«

      Natürlich griff sie dieser Anfang tüchtig an; doch ich war jetzt über die Untiefe hinweg und segelte nun frisch drauf los – ihre Augen leuchteten dabei immer mehr und mehr – ich erzählte ihr alles, vom Augenblick an, wo wir den jungen Burschen trafen, der zum Dampfboot wollte, – alles haarklein – bis zu dem Moment, wo sie sich bei der Hausthür dem König an die Brust warf und ihn sechzehn- oder siebzehnmal küßte. Da sprang sie auf, ihr Gesicht glühend wie die untergehende Sonne und rief:

      »Der Schändliche! Komm – verlier' keine Minute – keine Sekunde – die sollen geteert und gefedert und in den Fluß geworfen werden!«

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      Ich entgegnete:

      »Versteht sich. Aber doch nicht, bevor Sie zu Lothrops gehen, oder –«

      »O!« rief sie, »was fällt mir nur ein!« und setzte sich wieder. »Wo habe ich meine Gedanken? Du bist mir doch nicht böse, nicht wahr?« – und dabei legte sie ihre Sammethand auf meine, daß ich meinte, ich müßte vergehen. »Meine Aufregung war auch zu groß« – sagte sie – »sei jetzt so gut und fahre fort, ich werde mich nun zusammennehmen. Sag' du mir nur, was ich thun soll, es soll genau befolgt werden!«

      »Wahrhaftig,« sprach ich, »es ist eine schlimme Bande, diese zwei Gauner, und ich bin leider darauf angewiesen, daß ich mit ihnen noch eine Weile reisen muß, ob ich will oder nicht – den Grund sage ich Ihnen lieber nicht. Allerdings, wenn Sie die Kerls anzeigten, würde diese Stadt