Группа авторов

Handbuch der Sprachminderheiten in Deutschland


Скачать книгу

umfassen Verwaltungsangestellte, Lehrkräfte, Erzieher und Erzieherinnen, Pfarrerinnen und Pfarrer, Bibliothekare und Bibliothekarinnen, Ärztinnen und Ärzte sowie Krankenpflegekräfte. Dazu kommt eine Reihe von Freiwilligen innerhalb der Vereine, die ehrenamtlich arbeiten.

      3.1.1 Finanzielle Ausstattung

      Dänemark bewilligt der dänischen Minderheit, vertreten durch eine Reihe von Vereinen und Einrichtungen 1 eine staatliche Förderung von jährlich zirka 650 Millionen Kronen (ca. 87 Mio. Euro)2. Etwa zwei Drittel des Haushalts der Minderheit sind damit abgedeckt. Die übrigen Mittel bestehen aus Zuschüssen des deutschen Staates und aus Mitgliederbeiträgen zu den Vereinen. Die staatlichen Zuschüsse aus Dänemark für die Minderheit südlich der Grenze werden vom Sydslesvigudvalget (‚Südschleswig-Ausschuss‘) verwaltet und verteilt. Dieser Ausschuss besteht aus fünf Mitgliedern; er wird vom Folketing (dem dänischen Parlament) ernannt, und seine Zusammensetzung richtet sich nach den Zahlenverhältnissen des Folketing.

      3.2 Politische Situation

      Die politische Partei der dänischen Minderheit ist der Sydslesvigs Vælgerforening/Südschleswigsche Wählerverband (SSW), der auch die Minderheit der Friesen vertritt. Der SSW wurde 1948 als politischer Repräsentant für die dänische Minderheit gegründet und ist seitdem im schleswig-holsteinischen Landtag vertreten, mit Ausnahme der Wahlperiode 1954–1958.1 Der SSW ist von der Fünf-Prozent-Hürde ausgenommen.

      Zur Finanzierung des SSW leistet der dänische Staat mit zirka 80 Prozent den größten Beitrag, während der öffentliche Zuschuss aus Deutschland etwa 13 Prozent ausmacht.2

      Seit den 1970er Jahren übt der SSW erfolgreich seinen Einfluss als regionale Minderheitspartei aus und prägt die politische Entwicklung in Schleswig-Holstein mit, besonders in der Arbeitsmarkt-, Sozial- und Bildungspolitik sowie der dänisch-deutschen Zusammenarbeit. Zentrales Anliegen des SSW ist es, im Sinne der Minderheiten zugunsten der dänischen und friesischen Sprache und Kultur zu arbeiten.

      Der SSW ist in Ortsverbänden, Kreisverbänden und dem Landesverband organisiert.3

      An höchster Stelle in der Parteiorganisation steht der Landesvorstand (mit sieben Mitgliedern). Er wird vom Landesparteitag gewählt, dem obersten Organ des Landesverbandes und der Partei. Der Landesparteitag tritt i.d.R. einmal jährlich zusammen. Er setzt sich zusammen aus Delegierten der Orts- und Kreisverbände, den Landtagsabgeordneten, dem SSW-Landesvorstand und Mitgliedern des Landesverbandes Jugend sowie ggf. Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Holstein-Hamburg. Der Landesverband besteht aus dem Zusammenschluss der vier Kreisverbände Flensborg by/Flensburg-Stadt, Slesvig-Flensborg amt/Kreis Schleswig-Flensburg, Nordfrisland amt/Kreis Nordfriesland (mit Helgoland) und Rendsborg-Egernførde amt/Kreis Rendsburg-Eckernförde (mit Kiel). Die Kreisverbände wiederum konstituieren sich aus den insgesamt 70 Ortsverbänden.

      Bei der Landtagswahl 2012 erhielt der SSW 4,6 Prozent der Stimmen, das höchste Ergebnis seit 1950. Dadurch gewann er drei Landtagsmandate und kam zusammen mit der SPD und dem Bündnis90/Die Grünen mit einem Ministerposten in die Regierung. 2017 erhielt der SSW 3,3 Prozent der Stimmen und drei Mandate,4 kam jedoch nicht in die Regierung, die nun aus der CDU, dem Bündnis90/Die Grünen und der FDP bestand.

      Bei der Kommunalwahl 2018 erhielt der SSW 25.954 Stimmen, d.h. 2,3 Prozent im gesamten Schleswig-Holstein.5 Dabei ist zu beachten, dass der SSW nur im Landesteil Schleswig zur Wahl antrat. Das Ergebnis entsprach einem geringfügigen Rückgang im Vergleich zu dem Ergebnis der Wahl im Jahr 2013, das bei 2,9 Prozent lag. Besonders in Flensborg/Flensburg erhielt der SSW 2018 einen hohen Stimmenanteil von knapp 18 Prozent.6

      Auf seiner Homepage weist der SSW darauf hin, dass er „[a]uf die Zahl der Mitglieder bezogen […] mit seinen rund 3.600 Mitgliedern die drittstärkste Partei in Scheswig-Holstein [ist]“.7

      3.3 Rechtliche Stellung

      3.3.1 Kieler Erklärung 1949

      1949 stimmte der Landtag in Kiel einstimmig einer Erklärung zu, die festlegte, dass das Bekenntnis zum dänischen Volkstum und zur dänischen Kultur frei ist. Wesentliches Element war, dass die dänische Minderheit alle demokratischen Rechte des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland genießt.

      3.3.2 Bonner Erklärung 1955

      Die Bonner Erklärung für die dänische Minderheit von 1955 ist eine parallele Erklärung zur Kopenhagener Erklärung für die deutsche Minderheit in Dänemark. Mit den fast gleichlautenden, jeweils unilateralen Bonn-Kopenhagener-Erklärungen wurden beide Minderheiten in gleicher Weise anerkannt. Die Erklärungen garantieren den Minderheiten ihre allgemeinen Rechte und die formelle Gleichberechtigung, eine subjektive Definition des Nationalitätsprinzips wurde festgestellt, und der Gebrauch der dänischen Sprache von den Angehörigen der dänischen Minderheit ist in der Bonner Erklärung garantiert. Wörtlich heißt es:

      Artikel II Absatz 1: Das Bekenntnis zum dänischen Volkstum und zur dänischen Kultur ist frei und darf von Amts wegen nicht bestritten oder nachgeprüft werden.

      Artikel II Absatz 2: Angehörige der dänischen Minderheit und ihre Organisationen dürfen im Gebrauch der gewünschten Sprache in Wort und Schrift nicht behindert werden.

      Der Gebrauch der dänischen Sprache vor den Gerichten und Verwaltungsbehörden bestimmt sich nach den diesbezüglichen gesetzlichen Vorschriften.1

      Die Erklärung macht keine Aussage darüber, ob die Minderheitensprache die Muttersprache der Mitglieder oder Ausdruck der Zugehörigkeit zu dem Staat ist, dem sich die Minderheit verbunden fühlt. Es heißt dort lediglich, dass die Mitglieder der dänischen Minderheit und ihre Organisationen nicht daran gehindert werden dürfen, die Sprache ihrer Wahl zu sprechen und zu schreiben. Es wird jedoch hinzugefügt, dass die Verwendung der Minderheitensprache „vor den Gerichten und Verwaltungsbehörden […] sich nach den diesbezüglichen gesetzlichen Vorschriften [bestimmt]“ (Art. II. Abs. 2, s.o.). Das bedeutet, dass die Sprachwahl und der Sprachgebrauch frei bestimmt werden können, dass jedoch die Gesetzgebung Deutsch als Amtssprache in bestimmten Situationen vorschreiben kann.

      Die Verwendung der Formulierung „die gewünschte Sprache“ anstelle von „die Minderheitensprache“ macht den Absatz interpretierbar. Aus heutiger Sicht bestand jedoch 1955 kein Zweifel daran, dass die Absicht der Erklärung zur Sprachverwendung darin bestand, den Mitgliedern der Minderheit die Wahl der Minderheitensprache zu gewähren. Zu dieser Zeit waren Sprachpolitik und Sprachplanung in den meisten europäischen Nationalstaaten von der Idee des Sprachnationalismus dominiert. Ihr zufolge sind nationale Identität und nationale Sprache naturgemäß und untrennbar miteinander verbunden. Die Nationalsprache gilt in diesem Konzept als Ausdruck der Solidarität des Volkes sowie der Einheit der Nation und ist das Bindeglied zwischen den nationalen Minderheiten und dem Staat, dem sie sich verbunden fühlen. Demgegenüber beinhaltet die Idee des Sprachpluralismus ein Konzept von Mehrsprachigkeit und sprachlicher Vielfalt und akzeptiert, dass jede Sprache oder jeder Dialekt eine Reihe von Bereichen hat, in denen ihr bzw. ihm ein hoher Stellenwert zukommt. Wenn der Wortlaut der Kopenhagener Erklärung, „die gewünschte Sprache“, sprachpluralistisch interpretiert wird, könnten die dänischen Minderheitsmitglieder – bis auf wenige Ausnahmen – Dänisch bzw. Sydslesvigdansk oder den dänischen Dialekt Sønderjysk oder Deutsch und Niederdeutsch verwenden. Im täglichen Leben zeigt sich ein Sprachverhalten, das diesen Sprachpluralismus widerspiegelt. Einige ältere Mitglieder der Minderheit interpretieren den Wortlaut jedoch eher sprachnationalistisch und plädieren für die alleinige Verwendung der Minderheitensprache Dänisch. Das Nebeneinander dieser beiden Konzepte führt zu einer anhaltenden Sprachdebatte.

      3.3.3 Der Minderheitenartikel in der Landesverfassung von 1990

      Die Landesverfassung von 1990 baute in Artikel 5 die Kieler Erklärung von 1949 aus und legte fest, dass die nationale dänische Minderheit und die friesische Volksgruppe Anspruch auf Schutz und Förderung haben.

      3.3.4 Der Minderheitenschutz