André Moritz

Soft Skill für Young Professionals


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      Der Erstellung eines Selbstbildes folgt die Auswertung. Wenn Sie die obige Struktur eingehalten haben, können Sie dafür nun die zweite Hälfte des Arbeitsblattes oder, falls diese Hälfte bereits mit einem Fremdbild oder weiteren Punkten ergänzt wurde, eine neue Seite verwenden. Der Platz wird durch drei horizontale Striche in vier gleich große horizontale Kästen aufgeteilt. Das untere Viertel können Sie nun mit „Beruf“, das darüber mit „Karriere“, das folgende mit „Privatleben“ und das oberste mit „Zukunft“ bezeichnen.

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      Abbildung 25: Selbstbild – Auswertung nach Lebensbereichen

      Erneut fangen Sie unten in diesem Schema an, um es Stück für Stück auszufüllen und eine strukturierte Auswertung zu ermöglichen. Im Kasten „Beruf“ vermerken Sie, welche Fachkompetenzen fehlen, um wertvollere Arbeitsergebnisse abzuliefern. Hier sollten Sie nur Fachkompetenz und keinerlei Soft Skills berücksichtigen. Fehlen könnten Ihnen zum Beispiel Sprach- oder Rechtkenntnisse, Computer- oder Elektrikerwissen. Folgend bearbeiten Sie den zweiten Kasten, bezeichnet durch „Karriere“. In diesem führen Sie Stärken auf, welche Sie vorteilhafter positionieren möchten, und die Schwächen, an welchen Sie aktiv arbeiten sollten. Dies bezieht sich auf Fachkompetenz und die Soft Skills. Ihre Schwächen und hauptsächlich Ihre Stärken werden dauerhaft Ihre Karriere determinieren.

      Der nachfolgende Kasten, „Privatleben“, fügt persönliche Faktoren hinzu, auf welche Sie im Moment verzichten könnten. Dazu gehören auch Einzelheiten, welche Sie möglicherweise später für die Zukunft planen, wie vielleicht Kinder, Familie oder ein eigenes Haus mit Garten. In den letzen Kasten werden alle Punkte eingetragen, auf welche Sie auf lange Sicht nicht verzichten möchten. Diese Punkte sind schnell beschrieben, es dauert aber verhältnismäßig lange, um sie wirklich niederzuschreiben. Dies gehört aber zum effektiven Auswertungsprozess und ist einer der großen Mehrwerte eines Selbstbildes.

      Eindruck über die eigene Persönlichkeit

      Durch das Selbstbild haben Sie nun einen umfassenden Eindruck über Ihre eigene Persönlichkeit manifestiert. Einige Erkenntnisse haben Sie nun in den unteren beiden Feldern der Auswertungsgrafik ebenfalls schon mit deutlichen Herangehensweisen versehen. Zu diesen Anregungen sollten Sie nun prompt weitere Schritte einleiten. Die Punkte im ersten Kasten sollten Sie sofort durch Kursteilnahmen oder Fortbildungsmaßnahmen angehen. Oft gibt es dafür auch Förderung vonseiten des Arbeitgebers oder Arbeitsamtes. Punkte des zweiten Kastens sind für die mittelfristige Lebensplanung von Relevanz. Meistens sind diese Aspekte durch Kurse nur unzureichend zu bearbeiten, sondern bedürfen bedächtiger Einarbeitung im Alltag. Dafür kann ein deutlicher Plan entstehen, welchen Sie beispielsweise täglich auswerten können. So hat zum Beispiel Benjamin Franklin (1706 bis 1790) einen konkreten Tugendplan aufgestellt und allabendlich ausgewertet, welchen Punkt er wie weit erfüllt hat. Solch ein Plan wird einen durchschnittlichen Arbeitnehmer zu viel Zeit und Aufwand kosten. Demnach können Sie sich aber einfach eine Zusammenstellung aller Ihrer relevanten Punkte ins Auto oder an den Bildschirm im Büro kleben.

      Die Punkte im dritten und vierten Kasten dienen weniger der aktiven Verwendung als viel mehr einer Orientierung, denn hin und wieder werden durch das Streben nach ehrgeizigen Zielen Basiswerte aufgegeben und auf private Verwirklichung verzichtet. Dessen sollten Sie sich bewusst werden: In 50 Jahren können Sie immer noch arbeiten, Aufgaben wird es genug geben, aber können Sie dann noch Ihre Familie genießen oder eine gründen?

      Selbstbilder müssen ständig bearbeitet und neu entworfen werden

      Ein Selbstbild ist eine Momentaufnahme, welche von emotionalen Zuständen und gerade erst vergangenen Situationen beeinflusst wird. Ein Selbstbild sollte nicht nur andauernder Bearbeitung unterliegen, sondern Sie sollten es nach einiger Zeit auch vollständig neu anfertigen. Dabei können Sie durch die verbesserte Auswertungsphase weitere Herangehensweisen entdecken und formulieren. Das Erstellen des Selbstbildes und das Verwenden der Ergebnisse sollten ein fortwährender Kreislauf werden. Durch ergänzendes Feedback und Fremdbilder können Sie in der Zukunft immer besser ein Selbstbild erstellen, da Ihnen am Anfang konkrete Formulierungen fehlen, welche Ihnen aber dann im Laufe der Zeit förmlich zufliegen werden.

      Fremdbild

      Der Bereich des „Blinden Flecks“

      Das Fremdbild ist nicht nur als Komplementär zum Selbstbild ein wichtiges Element der Wahrnehmung, sondern dient auch dazu, die Sensibilität Ihrer Wahrnehmung zum Verständnis Ihrer Umwelt zu erhöhen. Nach dem Johari-Fenster bezieht sich das Selbstbild auf die rechte Hälfte der Tabelle, sprich auf den Bereich des „Blinden Flecks“. Ein Fremdbild kann von fast jeder Person erstellt werden, doch nur in den beruflichen Gefilden erscheint es von besonderer Relevanz. Abgesehen von festen Freundschaften, in welchen eine ständige Reflexion und, wenn nötig, Kritik geübt wird, sollte ein Fremdbild unter Freunden nur mit großer Vorsicht erstellt werden. Erster Grund dafür ist, dass erfahrungsgemäß die Ergebnisse zu dicht an den Resultaten des Selbstbildes liegen, und zweitens besteht die Gefahr der unsachlichen Vermengung von privaten und beruflichen Komponenten.

      Ein Fremdbild können Sie recht unkompliziert erbitten. Einen großen Mehrwert entwickelt sich jedoch nur bei einer gründlichen Konzipierung und Durchführung des Erstellungsprozesses. Wird eine Führungskraft mit der Anfrage überrascht oder nicht genau eingewiesen, wo sie welchen Punkt in welcher Tiefe einzutragen hat, kann das Ergebnis irgendwo zwischen niederschmetternd und exorbitant gut ausfallen, ohne jedoch einen geringsten Wert zu haben.

      Ein Fremdbild hat einzelne Komponenten und verschiedene Anspruchsgruppen, welche in den folgenden Abschnitten erläutert werden und die Sie alle aktiv berücksichtigen sollten.

      Bedeutung

      Wie man von anderen wahrgenommen wird

      Die Bedeutung eines Fremdbildes liegt darin, dass es Ihnen Auskunft gibt, wie Sie von Personen in Ihrer Umgebung wahrgenommen werden. Diese Wahrnehmung kann von Person zu Person unterschiedlich sein und kaum eine dieser Wahrnehmungen entspricht wohl unserem eigenen Empfinden. Da Sie aber stets in Gruppen interagieren, sei es privat oder beruflich, gehört die Wahrnehmung unseres Auftretens zu Ihrem Gesamtbild hinzu. Ist Ihnen bewusst, wie welche Handlungen aufgenommen werden, können Sie diese Handlungen besser einsetzen oder vermeiden. In der Konzeption eines Fremdbildes wird die Wahrnehmung bestimmter fachlicher und sozialer Kompetenzen bei einer Gruppe von Personen erfragt. Diese Aspekte oder Kategorien können genau die gleichen wie die Kategorien eines Selbstbildes sein, bilden jedoch meist nur eine Teilmenge dieser Elemente.

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      Abbildung 26: Aspekte und Elemente von Selbstbild und Fremdbild

      Auch Fremdbilder sind subjektiv

      Ebenso wie ein Selbstbild unterliegt auch ein Fremdbild verschiedenen externen Einflüssen. Eine Person wird stets in der Rolle beurteilt, in welcher sie auftritt. Diese Rollen können Chef, Konkurrent im Unternehmen, Ehepartner oder Bruder sein. Folglich ist ein Fremdbild sehr zielgruppenvariabel. Diese Ergebnisvarianz stellt sich bei einer etwas größeren Befragungsgruppe als sehr gute Quelle für ein umfassendes Bild dar, wobei alle Anmerkungen als Summe und nicht als Durchschnitt in das Fremdbild einfließen sollten.

      Dabei müssen Sie ein Fremdbild stets im Zusammenhang mit dem Beurteilenden einordnen und interpretieren. Zur Bedeutung des Fremdbildes ist es ebenfalls wichtig, zu erwähnen, dass gerade diese Einschätzungen erst ein Selbstbild interessant machen. Die Frage, ob eventuelle Stärken und Schwächen auch als solche wahrgenommen werden, ist außerordentlich wichtig für die Karriereplanung und individuelle Zieldefinitionen.

      Die Interpretation von einem Fremdbild sollte immer auf der Basis eines bereits erstellten Selbstbildes erfolgen. Damit wird vermieden, dass Sie sich durch die unmittelbaren Aussagen des Beurteilenden beeinflussen lassen. Ein authentisches Selbstbild zur Ergänzung eines Fremdbildes ist kaum herstellbar, in der umgekehrten Reihenfolge entstehen jedoch keine gegenseitigen Beeinflussungen.