Andreas Haller

Golf von Neapel Reiseführer Michael Müller Verlag


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Wohn­quar­tiere mit nur geringer Auf­ent­halts­qualität, in denen zunehmend Migran­ten aus vieler Herren Länder den Ton an­ge­ben. Einzig der breite Corso Um­berto I, der das Bahnhofsviertel mit dem Stadtzentrum verbindet, macht eine Ausnahme und bietet Neu­an­kömm­lingen die Option, schnurstracks die „besseren Gegenden“ der Stadt an­zu­steuern. Auf der anderen Seite ver­säumt man auf diese Weise das eine oder andere Juwel, das den Besuch lohnt: die Gemäldegalerie im Gebäude der sozial engagierten Bruderschaft Pio Monte della Misericordia, die grandiose Chiesa San Giovanni a Carbonara oder auch diverse Sehenswürdigkeiten hin­ter dem Dom, z. B. das Museum MADRE und das Kirchen­schatz­mu­seum mit den zwei Kirchen Santa Ma­ria Donnaregina. Weiteres Highlight ist der Fischmarkt, auf dem sieben Tage in der Woche eine hektische Be­triebs­am­keit herrscht.

      Chiesa Santa Maria Donnaregina Nuova

      Ein ganz besonderes Stadtviertel ist die „Gabel“ (forcella): Gleich einer Ast­gabel bilden hier die Gassen ein „Y“. We­gen der Camorra mieden einst Stadt­führer das Quartier und nahmen auf dem Weg zum Dom lieber einen Um­weg in Kauf. Heute scheint die Ge­fahr, wenn je eine bestanden hat, vor­bei. Interessantestes Bauwerk hier ist ein ehemaliges Hospiz und Wai­sen­haus, das als Sammelbecken für Kinder dien­te, die von ihren Eltern ausgesetzt wur­den. Aus der Not heraus bzw. aus Man­gel an besserem Wissen erhielten sämt­liche Waisenkinder den Ein­heits­namen Esposito („Ausgesetzter“ bzw. „Aus­gesetzte“). Noch heute hören auf­fallend viele Neapolitaner auf den Nach­namen „Esposito“ ...

      Direkt an der Endhaltestelle gleichen Na­mens der Circumvesuviana-Vor­ort­bahn gelegen, ist das Stadttor aus dem 15. Jh. häufig das erste Bauwerk, das Tagesbesucher von Neapel zu sehen bekommen. In der frühen Neuzeit führ­te durch das robust ge­mau­erte Tor die Aus­fall­straße nach Nola. Direkt da­hin­ter verbreitet der Fischmarkt Atmo­sphä­re und Flair − und versorgt ne­ben­bei die örtliche Gastronomie an sieben Ta­gen in der Woche mit frischen Mu­scheln und Meeresfrüchten. Außerdem gibt es hier Obst, Ge­müse, Klei­dung und CDs.

      Stadtrundgang: Kurzvisite − Neapel an einem Tag

      Startpunkt des Rundgangs ist die Piazza Garibaldi mit dem Hauptbahnhof. Vom jenseitigen Ende des Platzes biegen Sie, mit dem Rücken zum Bahnhof, halblinks in den Corso Umberto I ein. Danach folgen Sie der Straße, die das Bahnhofsviertel mit der repräsentativen Neustadt verbindet, bis zur achteckigen Piazza Nicola Amore. Hier halten Sie sich rechts und laufen auf der Via Duomo zum Dom San Gennaro (→ Link).

      Nach der Dombesichtigung geht es auf besagter Via Duomo ein kurzes Stück zurück, bis die Via Tribunali rechts abzweigt. Bei der be­lebten Altstadtgasse handelt es sich faktisch um die antike Haupt­straße (decumanus maximus), wobei in der griechischen Epo­che das Straßenniveau deutlich tiefer lag. Nach 250 Metern markiert eine Kreuzung mittelalterlicher Gassen, die Piazza San Gaetano, die Lage des einstigen antiken Forums (→ Link). Die unscheinbare Kreuzung ist das Herz der mittelalterlichen Alt­stadt Neapels. Von hier kann man in den in den Bauch der Stadt ab­stei­gen (Napoli Sotterranea) oder den Komplex San Lorenzo Maggiore mit den Überresten der griechischen Stadt erkunden.

      Zentral: Piazza del Gesú Nuovo

      Von der Via Tribunali zweigt nach links die berühmte Krippen­gasse ab und endet wenig später am Spaccanapoli. Dem „Spalt von Neapel“ fol­gen Sie nach rechts, vorbei an der Statue des Gottes Nil und an der gleichnamigen Bar mit dem Maradona-Altar ge­genüber. An der an­tiken Nil-Skulptur wenden Sie sich auf der Via Nilo nach rechts und biegen bei erster Gelegenheit wieder links ab. Nach wenigen Schritten ste­hen Sie vor dem Eingang der Cappella Sansevero (→ Link).

      Zurück am Spaccanapoli neh­men Sie die ursprüngli­che Geh­rich­tung wieder auf und folgen dem „Gassen­spalt“ bis zum Sa­kral­kom­plex Santa Chiara (→ Link). Hier empfiehlt sich die Be­sich­ti­gung des Kreuz­gangs, der sich gut mit einer WC- und Kaffee­pause ver­binden lässt. Danach set­zen Sie den Weg auf dem Spacca­napoli bis zur Piazza del Gesù Nuovo fort.

      Auf dem Platz mit dem 40 Meter hohen Obelisco dell’Immacolata (1747) befinden sich das Touristenbüro und der Eingang zur ba­rocken Chiesa del Gesù Nuovo (→ Link). Nach dem Be­sich­ti­gungs­stopp verlässt die Route die Altstadt auf der halblinks berg­ab führenden Calata Trinità Maggiore und quert eine Haupt­ver­kehrs­straße. Orientierung bietet der Brunnen auf der anderen Stra­ßenseite, die Fontana di Monteoliveto. Dahinter führen Trep­pen zum Eingang der Chiesa di Sant’Anna dei Lombardi (→ Link).

      In Fortsetzung der bisherigen Gehrichtung gelangen Sie zur Via To­le­do, auf der es links weitergeht. Die Geschäftsstraße passiert den Ein­gang zur Galleria Umberto I und endet auf der weitläufigen Piazza del Plebiscito im Herzen der repräsentativen Neustadt mit der Chiesa San Francesco di Paola, dem Palazzo Reale und dem Café Gambrinus. Von hier ist es nur ein kur­zes Stück zur Piazza Municipio. Sie passieren die erwähnte Einkaufs­passage (Galleria Umberto I) und das Teatro San Carlo, bevor das Castel Nuovo mit dem prächtigen Marmorportal (→ Link) abschließend ins Blick­feld rückt. Zurück zum Ausgangspunkt der Tour geht es mit der Metro­linie 1.

      Das Stadttor aus dem Jahr 1484 wirkt wie ein Triumphbogen und stand ur­sprüng­lich einmal an einer anderen Stelle. Das eigentliche Portal in der Mitte ist ein Werk der Renaissance und be­steht aus Carrara-Marmor. Das groß­for­ma­tige Bauwerk auf der anderen Stra­ßenseite ist das Castel Capuano aus der normannischen Herrschaftsepoche. Heute beherbergt das trutzige Gebäude u. a. eine Bibliothek.

      Das über eine Freitreppe erreichbare ehe­malige Augustinerstift liegt auf hal­bem Weg zwischen Bahnhof und Na­tio­nal­museum. Das Ensemble in wenig an­heimelnder Umgebung enthält eini­ge großartige Kunstschätze aus dem späten Mittelalter und der Renaissance, u. a. das monumentale Grabmal des Kö­nigs Ladislaus (1376−1414) aus dem Haus der Anjou. Das Kunstwerk im Stil eines Hochaltars wurde 1428 vollendet und ruht auf vier Figuren − allegori­sche Dar­stellungen der Tugenden Mä­ß­i­gung, Stärke, Vorsicht sowie Großmut. Die Schöpfer des Grabmals stammten wohl aus der Lombardei oder der Tos­kana. Sehenswert sind ferner die Fres­ken aus der 2. Hälfte des 15. Jh. in der Cappella Carracciolo del Sole un­mittel­bar hinter dem Grabmal und die Mar­mor­ar­beiten aus der Renaissance in der Cappella Carracciolo di Vico. Zeitweilig diente der Sakralkomplex in der Re­nais­sance als Zentrum des Humanis­mus und der Wissenschaften. Nach Zer­störungen im Zweiten Weltkrieg wur­den Kirchen und Kreuzgänge auf­wän­dig restauriert und wieder­her­ge­stellt.

      ♦ Mo 9−13, Di 9−18 Uhr. Via Carbonara 4.

      Die renommierte Wohlfahrtsorganisa­tion gründeten 1602 sozial engagierte Adelige. Heute ist der Stiftungssitz ein Museum: Das Haupt­werk in der Ka­pelle mit acht­ecki­gem Grundriss ist das von Caravaggio zu Be­ginn sei­nes Nea­pel­aufenthalts für die karitative Insti­tu­tion ge­schaffene Al­tar­ge­mäl­de „Sie­ben Werke der Barm­her­zigkeit“ (Sette opere di Misericordia). Die Ga­lerie im Ober­geschoss prä­sen­tiert Wer­ke u. a. aus der Blütezeit des nea­po­li­ta­ni­schen