die Kuppel nach einem Erdbeben eingestürzt war, verpasste man der Kirche ein barockes Kleid, das an Prunk und Protz schwerlich zu übertrumpfen ist. Im Eingangsportal ist das Konterfei des 1987 heiliggesprochenen Wunderdoktors Giuseppe Moscati eingelassen. Der fromme Arzt half u. a. 1906 bei einem Vesuvausbruch den betroffenen Menschen.
Im Zentrum der Piazza Gesù Nuovo steht eine üppig ausstaffierte Mariensäule aus weißem Marmor (Obelisco dell’Immacolata). Das Barockkunstwerk ersetzte Mitte des 18. Jh. ein Reiterstandbild an gleicher Stelle zu Ehren des spanischen Königs Philipp V.
Chiesa di Santa Maria delle Anime del Purgatorio ad Arco
Im Volksmund heißt der Sakralkomplex an der Via dei Tribunali „Kirche der Totenköpfe“. Und in der Tat zieren die barocken Memento mori nicht nur die Balustrade vor dem Portal. Bis ins letzte Drittel des 20. Jh. hinein war die Unterkirche, das heutige Hypogäum, ein wichtiges Epizentrum des neapolitanischen Totenkults (→ Kasten). Die enge Verflechtung des Sakralbaus mit dem Totenkult wird schon bei der Gründung 1616 durch die Bruderschaft Opera Pia del Purgatorio ad Arco sichtbar: Deren Aufgabe war, bei Begräbnissen mittelloser Menschen finanzielle Hilfe zu leisten. In der Folge fungierte die Kirche als Ort, an dem für die Seelen im Fegefeuer gesorgt wurde. Das Hypogäum unterhalb der barocken Kirche stand dabei symbolhaft für das Purgatorium. Die Besucher werden von einem abgedunkelten Sakralkomplex, in dem eine moderne Installation auf den Totenkult einstimmt, empfangen. Eine Treppe führt von der Oberkirche zum eigentlichen „Friedhof“ darunter. In der Sakristei befindet sich ein bescheidenes Kirchenschatzmuseum.
♦ Jan. bis März tägl. 10−14, Sa bis 17 Uhr, April bis Dez. Mo−Sa 10−18, So bis 14 Uhr. Führungen fakultativ möglich. 6 €, erm. 5 €. Via dei Tribunali 39, www.purgatorioadarco.it.
Sehenswertes in der Neustadt
„Neustadt“ ist nicht ganz zutreffend, denn zu ihr gehören Geschäfts- und Wohnquartiere aus unterschiedlichen Epochen: vom ausgehenden Mittelalter bis zum 20. Jh. Beispielhaft dafür steht das zwischen der Via Toledo und den Abhängen des Vomero-Hügels gelegene Spanische Viertel (Quartieri Spagnoli). Obwohl in der Tat neuzeitlichen Ursprungs, wirkt es aber atmosphärisch wie eine übergangslose Fortsetzung der eigentlichen „Altstadt“ nach Südwesten.
Santa Maria del Purgatorio: Rauminstallation zum Totenkult
Gegründet wurde das Viertel Mitte des 16. Jh. unter der Ägide der spanischen Vizekönige als Heimat der Soldaten von der iberischen Halbinsel. Heute sticht die beeindruckende Höhe der Gebäude ins Auge, und tatsächlich handelt es sich um eines der am dichtesten besiedelten Viertel in der ohnehin unter notorischem Platzmangel leidenden Stadt. Noch immer werden Fremde zuweilen davor gewarnt, diese Gassenschluchten bei Dunkelheit zu betreten, obwohl die Zeiten längst vorbei sind, in denen ein Besuch dieses Viertels gefährlich war. Bewohner aus zweifelhaften Milieus und Zuwanderer aus aller Herren Länder sorgten für eine vergleichsweise hohe Kriminalitätsrate. Allerdings wurde dieser Trend inzwischen gestoppt.
Das Herz der repräsentativen Neustadt ist die Piazza del Plebiscito. Der entfernt an den ungleich berühmteren Petersplatz in Rom erinnernde, 25.000 m2 große Platz erhielt zur Zeit der Franzosenherrschaft sein heutiges Gesicht. Namentlich gemahnt sie an die Volksabstimmung am 21. Oktober 1860, in deren Folge das Königreich beider Sizilien ins vereinigte Königreich Italien inkorporiert wurde. Eingerahmt wird der verkehrsberuhigte Platz von der Basilica San Francesco di Paola auf der einen und vom Palazzo Reale auf der anderen Seite. Nur einen Steinwurf entfernt moderiert ein weiterer wichtiger Kulminationspunkt, die Piazza del Municipio, den Übergang zum Hafenbereich. Auch hier ziehen zwei wuchtige Gebäuderiegel die Blicke auf sich: der Maschio Angioino (Castello Nuovo) mit seinen charakteristischen Rundtürmen und auf der anderen Seite der neoklassizistische Palazzo San Giacomo, der heute das Rathaus beherbergt. In der Epoche der griechischen Besiedelung lag genau an dieser Stelle der Hafen, was mittelbar die seit Jahren existierende Baustelle erklärt: Denn bei Grabungsarbeiten für die Metro entdeckte man Überreste aus der Antike, die sorgfältig zu einem neuen Stadtbahn-Haltestellenmuseum hergerichtet werden. Architektonisch ebenfalls bemerkenswert ist der Hafenterminal aus der Epoche des Faschismus (Stazione Marittima). Der 1934−1936 erbaute Komplex gilt als exzellentes Beispiel für den Italienischen Realismus (razionalismo italiano) und fungiert heute als Entree für Kreuzfahrtgäste, die hier an Land gehen. Neapel zählt heute zu den zehn wichtigsten Kreuzfahrtdestinationen im Mittelmeerraum.
Andere wichtige Plätze sind die Piazza Dante und die Piazza Bellini. Sie liegen nur einen Steinwurf voneinander entfernt und markieren die Schnittstelle zwischen Neu- und Altstadt. Während die Piazza Dante wegen der verkehrsgünstigen Lage ein häufig gewählter Treffpunkt ist, konzentriert sich rund um die Piazza Bellini das Nachtleben.
Chiesa di Sant’Anna dei Lombardi
Die der hl. Anna geweihte Kirche liegt am Übergang der Altstadt zur Neustadt und gilt als bestes Beispiel toskanischer Renaissance in der Stadt am Golf. 1411 begonnen, fungierte der Sakralkomplex in der Folge als eine Art „Hofkirche“ der Aragonier unter Leitung der Olivetaner (ein benediktinischer Zweigorden). Im Zweiten Weltkrieg wurde der Komplex durch Bomben stark beschädigt. Unter den namhaften Künstlern, die hier ihre Spuren hinterließen, ist v. a. Giorgio Vasari zu nennen, dessen 1550 erschienene „Vite“ (Künstlerbiografien) bis heute als Standardwerk der Kunstgeschichte gelten. In der Sakristei schuf der Maestro 1544 die Wandgemälde. Die schmucken Intarsienarbeiten wiederum stammen von Fra Giovanni da Verona. Sehenswert ist auch das Oratorium mit der Cappella del Compianto aus dem Jahr 1492. Die Skulpturengruppe aus Cartapesta mit Jesus Christus, Maria, Evangelisten und Heiligen stammt von Guido Mazzoni aus Modena. Auch die Seitenkapellen des Hauptschiffs lohnen einen ausführlicheren Blick.
♦ Kirche: Mo−Fr 8.30−19, Sa 9−19, So 9.30−13 und 15−19 Uhr. Kloster und Museum: Tägl. außer So 9.30−18.30 Uhr. 5 €, erm. 3 €. Piazza Monteoliveto.
Stazioni dell’arte
Auf dem Weg von der Piazza Garibaldi zum Nationalmuseum nimmt die Metrolinie 1 nicht direkten Kurs, sondern macht um die Altstadt einen weiten Bogen. Viele Attraktionen der repräsentativen Neustadt sind über die Metrostationen auf diese Weise gut zu erreichen. Ein weiterer Anreiz, der für die Benutzung der U-Bahn spricht, sind die kunstvoll gestalteten Haltestellen. Für das Projekt Stazioni dell’arte gewann die Schirmherrin, die Region Kampanien, seit 2006 namhafte Architekten und Designer. Die Vorgabe lautete, dass die Kunst stets den Kontext zum jeweiligen Stadtviertel suchen muss, in dem sich die Metrohaltestelle befindet. 2012 kürte der britische „Daily Telegraph“ die Station „Toledo“ − zugänglich von der Via Toledo − zur schönsten U-Bahn-Haltestelle Europas. Ebenfalls einen Besuch wert sind die Haltestellen „Università“, „Museo“ und „Materdei“.
Via Toledo: Kunst in der Metro
Palazzo Zevallos Stigliano
Das imposante Barockpalais ließ Mitte des 17. Jh. der spanische Kaufmann Giovanni Zevallos erbauen, der zuvor für das Filetgrundstück die damals beachtliche Summe von 12.500 Dukaten berappen musste. Heute ist das Haus im Besitz des Bankhauses Intesa Sanpaolo, das im Obergeschoss eine Galerie eingerichtet hat. Herausragendes Gemälde unter den Schätzen vom 17. bis frühen 20. Jh. ist