Phänomene zu sehen, vielleicht zu erfassen und außergewöhnliche Ereignisse zumindest ansatzweise früher zu erkennen und zu handeln. Solche Ansätze werden in diesem Buch aufgezeigt und Methoden zum Erkennen von unbekannten Chancen und Risiken von der Entstehung bis zum Ende entwickelt.
1.4 Erkenntnisse
Licht in das Unbekannte kann mit neuen holistischen Methoden gebracht werden, um unbekannte Ereignisse rechtzeitig zu erkennen. Das Management von Chancen und Risiken ist entscheidend für den Erfolg eines Projektes. Bisher wurden mit bekannten statistischen Verteilungsfunktionen das Eintreten und die Wirkung von Risiken und Chancen abgebildet. Unbekannte Ereignisse wurden nicht berücksichtigt. Auch Extremereignisse können nicht mit den bekannten Methoden der Statistik behandelt werden. Mit einem holistischen Ansatz unter Verwendung phänomenologischer Methoden wird Unbekanntes erfassbarer gemacht. Kritische Situationen sollten also möglichst früh erkannt und Maßnahmen gesetzt werden.
Literatur
1 Goodhart, C. (1975). Problems of monetary management. The UK experience. Papers in Monetary Economics 1:1–20.
2 Lorenz, E. (1972). Predictability: Does the Flap of a Butterfly’s Wings in Brazil Set Off a Tornado in Texas? Titel des Vortrags im Jahr 1972 während der Jahrestagung der American Association for the Advancement of Science; laut: Science (2008) 320:431.
3 Helbing, D. (2014). Sensornetzwerke und mehr: Von selbstregulierendem Verkehr zum Bau eines Planetaren Nervensystems. www.youtube.com
4 Bergmeister, K. (2013). Holistisches Chancen-Risiken-Management. Dissertation, Paneuropäische Universität Bratislava, Wien.
5 Huber, J. (2017). Der holistische Mensch: Wir sind mehr als die Summe unserer Organe. Wien: edition a Verlag.
6 Özmurat, M. (2012). Bankenregulierung im Kontext von Basel III – haben Basel I und II versagt? Diplomarbeit. Wien: Universität Wien.
7 Gehrig, T. und Iannino, M.C. (2018). Did the Basel process of capital regulation enhance the resilience of European Banks? Bank of Finland Research Discussion Papers. 16/2018, www.suomenpankki.fi/en/research/research-unit/, ISBN 978-952-323-240-2, online.
8 Renn, O. und Wiegandt, K. (2014). Das Risikoparadox: Warum wir uns vor dem Falschen fürchten. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag.
9 International Federation for Structural Concrete (2018). Safety and Performance Concepts: Reliability Assessment of Concrete Structures: Guide to Good Practice 2018. Lausanne: FIB – Féd. Int. du Béton.
10 Görres, L. (2015). Projekt-Management von Großprojekten in der Vorvertrags-phase: Verbesserung des Projekt-Managements von Großprojekten in der Vergabe- und Angebotsphase durch eine Analyse der Störfaktoren und des Konfliktpotentials baubetrieblicher Prozesse. Dissertation. Neubiberg: Universität der Bundeswehr München.
11 Taleb, N.N. (2007). The Black Swan: The Impact of the Highly Improbable. London: Penguin Books.
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Ungewisse Welt mit unbekannten Risiken
„Wer nichts riskiert, kann nicht einmal scheitern.“
Reinhold Messner (*1944), Extrembergsteiger
2.1 Was ist Ungewissheit?
Unter Ungewissheit versteht man ein Ereignis, das mit einer unbekannten Wahrscheinlichkeit eintreten kann. Daher sind auch alle Antworten auf Fragen, die die Zukunft betreffen, von einer Ungewissheit behaftet. In der Wissenschaft erlaubt man das Suchen im Ungewissen. Auch spricht man von einer Bandbreite der Ungewissheit oder von einem gewissen Maß an Unbestimmbarkeit. Das Ziel der Wissenschaft ist es, diese Ungewissheit zu reduzieren.
Die Ungewissheit ist etwas anderes als die Unsicherheit! Die Unsicherheit impliziert sowohl die kognitive Unsicherheit, also die Ungewissheit, als auch die Unsicherheit im Sinne von Gefahr oder Bedrohung. Wir Menschen möchten in der Regel beide Arten der Unsicherheit vermeiden oder reduzieren, indem wir versuchen, kognitive, emotionale und durch unser Verhalten ausgedrückte Sicherheiten zu entwickeln und andererseits versuchen wir Maßnahmen zu setzen, um Risiken und Gefahren abzuwenden.
Im Projektmanagement versucht man durch organisatorische Maßnahmen eine definierte Gewissheit bzw. ein gewisses Maß an Sicherheit über die Qualität, die Kosten, die Realisierungszeiten, aber auch über die verwendeten Ressourcen, die Wirkungen auf die Umwelt und den Lebensraum zu gestalten. Nachdem vor allem Großprojekte unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt sind, verändern sich kontinuierlich die Risiken. Bereits kleine Änderungen in den politischen Vorgaben, abweichende Vorstellungen bei sich ändernden Aufsichts- und Verwaltungsräten, fehlendes Fachwissen, neue strategische Ausrichtungen von Vorständen oder Wissensverluste durch weggehende Mitarbeiter können zu großen Auswirkungen und neuen Risiken führen. Daher ist eine periodische Aktualisierung der Chancen und Risiken von fundamentaler Bedeutung. Gerade bei komplexen Projekten kann nach einer vermeintlichen Lösung eines Themas oder der Beseitigung von Ungewissheiten ein neues unbekanntes Risiko auftreten. Vielfach gleicht das einem Kampf gegen eine Hydra (griech. Ὓδρα, vielköpfiges schlangenähnliches Ungeheuer der griechischen Mythologie), der nach jedem abgeschlagenen Kopf ein neuer an einer anderen Stelle nachwächst.
Öffentliche Organisationen tendieren gerne zu einer Überregulierung, um die Ungewissheit in den Griff zu bekommen. Aufgrund von Studien von Judith Neumer [1] weiß man, dass solche Verfahrensanweisungen, Verhaltensregeln und rigide Ablaufprozesse oft nur das psychologische Bedürfnis nach einer Situationskontrolle befriedigen. Solche Organisationen überschätzen vielfach ihre Kontrollqualitäten und die Leistungsfähigkeiten ihrer Informationsverarbeitung, wodurch neue Unsicherheitsquellen entstehen [2]. Nach Neumer braucht es gerade bei Gruppenentscheidungen, wie dies auch bei Delphi-Prozessen der Fall ist, einen neuen Umgang mit der Ungewissheit. Die Entschlusskraft einer Gruppe hängt von der Risikobereitschaft einer oder mehrerer Schlüsselpersonen ab. Wird ein Projekt oder eine Organisation von einer Persönlichkeit mit größerer Risikobereitschaft geleitet, dann führt die Gruppendynamik zu einer solchen Entscheidung. Es kann aber auch das Gegenteil der Fall sein, dass eine solche Persönlichkeit fehlt und damit die Entschlusskraft einer Gruppe gering ist und kaum Risikobereitschaft zur Lösung eines Problems auf-bringt. Auch kann der sogenannte Stoner-Effekt zum Tragen kommen, bei dem im Rahmen von Diskussionen und dem Abwägen der Chancen und Risiken vor einer Entscheidung die Risikobereitschaft der gesamten Gruppe steigt. Dies kann dann aber auch zu einer Erhöhung des Risikos von Fehlentscheidungen führen [3].
Gerade im Management von Chancen und Risiken ist es notwendig, die Ungewissheit bzw. die unbekannten Risiken als eigenes Untersuchungsfeld zu definieren. Dabei soll diese Ungewissheit nicht nur als unbekanntes Risiko, sondern auch als Chance und damit als eine neue Möglichkeit zum produktiven Umgang mit der Ungewissheit gesehen werden [1].
2.2 Lösungen mit der Heuristik
In den Natur-, Technik- und Wirtschaftswissenschaften versucht man oft die Ungewissheit durch statistische und probabilistische Modellierungen zu beherrschen. Vom Risikomanagement weiß man, dass nur identifizierbare und quantifizierbare Chancen und Risiken statistisch erfasst werden können. Zur Modellierung von unbekannten Risiken sind statistisch basierte Methoden nicht brauchbar. Gigerenzer [4] schlägt vor, die Intuition, kluge Faustregeln und damit die Heuristik einzusetzen, um Entscheidungen bei ungewissen bzw. unbekannten Risiken zu treffen. Das Wort Heuristik stammt vom griechischen Wort heuriskein ab, was soviel wie finden oder entdecken heißt. Heuristiken sind