Konrad Bergmeister

Holistisches Chancen-Risiken-Management von Grossprojekten


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und damit das Unbekannte zu erkennen sowie zu handeln [3]? Mit der zunehmenden Digitalisierung, und das erlebten wir auch während der Covid-19-Krise, können die Menschen während einer Krise kommunizieren, sich weiterbilden und auch arbeiten. Die digitale Evolution beeinflusst aber auch die Risikowahrnehmung und kann damit Ängste induzieren. Unbekanntes voraussagen können bis jetzt auch die schnellsten Digitalmodelle auf Datenplattformen und in Cloud-Infrastrukturen noch nicht.

      „Ignorantia iuris nocet – Unkenntnis schützt nicht vor den Folgen“ oder auf Projekte übertragen „Trotz Unkenntnis bleibt die Projektverantwortung“!

      Je vollständiger das Management von Planungen und Prozessen gelingt, umso erfolgreicher werden auch die Projektergebnisse sein. Vor jeder Projektrealisierung gibt es Unbekanntes. Durch eine holistische Betrachtungsweise sollen möglichst viele Fachgebiete und Themen im Rahmen des Chancen-Risiken-Managements eines Projektes erfasst, verfolgt und zum Nutzen umgesetzt werden [4]. Durch einen interdisziplinären, holistischen Ansatz, unter Berücksichtigung verschiedener Theorien aus den Natur- und Technik-, den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften aber auch aus der Philosophie und Theologie entstehen neue Dimensionen der Betrachtung und damit neue Lösungsvarianten. Dazu werden Erfahrungen aus der Historie, überlieferte Praktiken von anderen Kulturen genauso wie Beobachtungen und kognitives Wissen einbezogen. Ziel ist es, das Unbekannte zumindest zu orientieren und im besten Fall soweit zu erkennen, dass die Auswirkungen in Grenzen gehalten werden können.

      Das holistische Chancen-Risiken-Management bedeutet, dass mögliche Ereignisszenarien vom Anfang bis zum Ende gedacht werden!

      Die Wurzeln dieser ganzheitlichen Betrachtungsweise liegen in der ionischen Naturphilosophie bei Heraklit von Ephesos (520–460 v. Chr.), später bei Platon (427–347 v. Chr.) und in der Lehre des wohl einflussreichsten Philosophen und Naturforschers der Antike, Aristoteles (384–322 v. Chr.), der im „Ganzen mehr als die Summe der Teile“ sah.

      Später finden sich holistische Auffassungen in der Monadenlehre von Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716), beim Naturphilosophen Friedrich Schelling (1775–1854) und bei Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831). Die Philosophie von Hegel erhob den Anspruch, die gesamte Wirklichkeit in ihrer Vielfalt der Erscheinungsformen einschließlich ihrer geschichtlichen Entwicklung zu erfassen und zusammenhängend systemisch zu deuten.

      In einer holistischen Betrachtungsweise sollen neben den Räumen des Wissens, der Gedanken und der Gefühle auch die Erkenntnisse aus der Erfahrung einbezogen werden. Da jede Erfahrung auch kulturell geprägt ist, entsteht durch eine solche Erweiterung des Betrachtungshorizontes eine neue, interdisziplinäre Dimension der Erkenntnis. Der Holismus ist im Grunde eine philosophische Lehre, welche die unterschiedlichen Daseinsformen im Universum verbindet. Den Begriff des Holismus prägte der Südafrikaner Jan Christiaan Smuts (1870–1950) in seinem Buch „Holism and Evolution“. Er baute seine Theorien der ganzheitlichen Betrachtung auf der Grundlage der Evolution in der Schöpfung auf. Dabei verwendete er das Gedankengut vom Biologen John Scott Haldane (1860–1936), der den ersten systemischen Ansatz in der Biologie entwickelte. Smuts war überzeugt, dass „alle Daseinsformen danach streben, ein Ganzes zu sein“. Er nahm auch an, dass zur Erklärung der Evolution sowohl die Wissenschaft als auch die Philosophie nötig seien.

      Johannes Huber hat 2017 diese Gedanken in seinem Buch „Der holistische Mensch: Wir sind mehr als die Summe unserer Organe“ weiterentwickelt [5]. Seine Betrachtungen gründen auf den Grundgedanken der christlichen Werte und zeigen die enge Vernetzung des Entstehens eines Menschen bis zu seinem Tode mit der Strukturordnung der Natur.

      „Von dem, dessen Fürsorge das ganze Weltall umfasst, sind alle Dinge so angeordnet, wie es zur Erhaltung und Vollkommenheit des Ganzen erforderlich ist, sodaß jeder Teil wirkt und leidet, wie es ihm eben hiernach zukommt und so weit eben hiernach sein Vermögen reicht.“

      aus [5]. Text von Platon, Nomoi X, 903, übersetzt von Franz Susemihl.

      Die einfachen statistischen Verteilungsfunktionen, wie beispielsweise die Gauß’sche Normalverteilung oder auch komplexere statistische Verteilungsfunktionen sind aber kein Allheilmittel. Nur bestimmte Datenmengen können mit einer Normalverteilung abgebildet werden, und nur ab einer bestimmten Stichprobengröße können statistische Methoden Anwendung finden. Deshalb müssen beim Chancen-Risiken-Management je nach Projektart und Optimierungsziel verschiedene statistische Methoden gewählt werden.

      Treten Ereignisse sehr selten auf und verursachen diese noch eine große Wirkung, dann können sie nicht mit den normal bekannten Methoden der Statistik behandelt werden. Solche Extremereignisse können in seltenen Fällen mit Extremwertverteilungen modelliert werden; in vielen Fällen können sie jedoch nur mit einem holistischen Denkansatz transparenter und mit phänomenologischen Methoden erfassbarer gemacht werden.

      Der vielfach zitierte Ausdruck „You can’t manage, what you can’t measure“, zurückzuführen auf den Begründer der Managementlehre Peter Drucker (1909–2005), wurde vom Begründer des Qualitätsmanagements Edwards Deming (1900–1993) scharf entgegnet durch „Nothing becomes more important just because you can measure it. It becomes more measurable, that’s all.“. Deming zeigte in seinen