im Sinne eines „super-hervorragenden Verstandes“ aufgefasst werden, dessen Kapazität die eines normalen Verstandes bei weitem übertrifft. Sri Aurobindo versteht darunter jedoch eine überbewusste Ebene der Existenz, die nicht nur über dem Verstand, sondern auch außerhalb von ihm liegt, und sich grundlegend vom Verstand unterscheidet. Sie befindet sich nicht nur in Beziehung zum gewöhnlichen Verstand außerhalb und darüber, sondern auch im Vergleich mit den überbewussten Ebenen des Verstandes, und zwar dem Höheren Verstand, dem Erleuchteten Verstand, der Intuition, und dem Übermental. Denn während all diese überbewussten Ebenen des Verstandes Mischungen von Licht und Dunkelheit, von Wissen und Unwissenheit beinhalten, ist das Supramental, der Supermind, das Wahrheitsbewusstsein, das von jeglicher Unwissenheit vollkommen frei ist.
„Der Supermind ist in seinem Innersten Kern ein Wahrheitsbewusstsein, ein Bewusstsein, das immer frei von der Unwissenheit ist, die das Fundament unserer gegenwärtigen natürlichen evolutionären Existenz bildet, von der aus die Natur in uns versucht, zu einem Selbst-Wissen und einem Welt-Wissen, einem wirklichen Bewusstsein und der richtigen Nutzung unseres Lebens im Kosmos zu gelangen. Dem Supramental ist dieses Wissen und diese Macht des wahren Daseins innewohnend, weil es ein Wahrheits-Bewusstsein ist; sein Weg verläuft gerade und führt direkt zum Ziel, sein Bereich ist weit und kann unermesslich ausgedehnt werden. Das ist deshalb so, weil seine eigene Natur Wissen ist: er braucht das Wissen nicht zu erlangen, sondern erlangt es aus sich selbst heraus. Seine Schritte der Entwicklung beginnen nicht vom Nichtwissen oder der Unbewusstheit aus hinein in ein unzulängliches Licht, sondern führen von einer Wahrheit in eine größere Wahrheit, von der richtigen geistigen Wahrnehmung hin zu tieferer Erkenntnis, von Intuition zu Intuition, von Erleuchtung zu völligem und grenzenlosem Glanz, von zunehmender Weite zu riesigen Ausdehnungen, bis hin zur eigentlichen Unendlichkeit. Auf seinen Gipfeln besitzt er die göttliche Allwissenheit und Allmacht, aber sogar in der evolutionären Bewegung einer stufenweisen Selbst-Manifestation, durch die er schließlich seine eigenen höchsten Höhen offenbaren würde, ist er in seiner ureigenen Natur im Grunde frei von Ignoranz und Irrtum: er beginnt mit der Wahrheit und dem Licht und handelt immer in der Wahrheit und im Licht.“19
Sachchidananda (Sein-Bewusstsein-höchste Freude)
„Sachchidananda ist das ewige Sein, das auch wir sind, ein ewiges Bewusstsein, das seine eigenen Werke in uns und anderen erkennt, ein ewiger Wille oder eine ewige Kraft dieses Bewusstseins, das sich selbst in unendlichen Tätigkeiten darstellt, eine grenzenlose Freude, die sich an sich selbst und all ihrem Wirken unbeschränkt erfreut. Es ist in sich selbstsicher, unveränderlich, zeitlos, unbegrenzt, das Höchste über allem, in sich selbst still ruhend, in der Unendlichkeit seiner Tätigkeiten der Gestaltung seiner Schöpfungen nicht veränderbar durch deren Abweichungen, nicht geteilt durch ihre Vielfalt, nicht erhöht oder vermindert durch ihr Zuströmen und Verebben in den Meeren von Zeit und Raum, nicht verwirrt durch ihre scheinbaren Gegensätze oder gebunden durch ihre gottgewollten Begrenzungen. Sachchidananda ist die Einheit der Vielseitigkeit der manifestierten Schöpfung, die ewig währende Harmonie all ihrer Unterschiede und Gegensätze, die unendliche Perfektion, die ihre Begrenzungen rechtfertigt, und Sachchidananda ist das Ziel ihrer Unvollkommenheit.“20
Der traditionelle Weg des Wissens (Jnana-Yoga) in Indien zielt darauf ab, nacheinander den Körper, das Leben und den Verstand aufzulösen und sich mit einem direkten Sprung in die suprakosmische Realität von Sachchidananda zu stürzen und damit zu verschmelzen. Für ein integrales Selbst-Wissen jedoch, sagt Sri Aurobindo, ist es notwendig, in der Passage zum Sachchidananda durch jede der überbewussten Ebenen einschließlich des Supramentals aufzusteigen.
„Die Methode des traditionellen Weg des Wissens, all diese Dinge, (Körper, Leben, Verstand) zu eliminieren, gelangt zu der Auffassung und zur Verwirklichung einer reinen bewussten Existenz, sich seines höchsten Selbst bewusst, glückselig, unbeeinträchtigt durch Verstand, Leben und Körper, zu einer endgültigen positiven Erfahrung des Atman, des höchsten Selbst, der ursprünglichen und wesentlichen Natur unseres Daseins. Hier haben wir endlich etwas im Kern Wahres, aber in ihrer blinden Hast dorthin zu gelangen, geht diese Lehre davon aus, dass zwischen dem denkenden Verstand und dem Höchsten, budde paratshtu sah – das Höchste über Buddhi ist Er – nichts existiert, und indem es im Samadhi seine Augen dafür verschließt, versucht es, durch all diese Ebenen, die tatsächlich dazwischenliegen, hindurch zu eilen, ohne diese großen leuchtenden Königreiche des Geistes auch nur zu sehen. Vielleicht erreicht das Wissen sein Ziel, aber nur, um im Unendlichen einzuschlafen. Oder, wenn der Verstand wach bleibt, ist es die höchste Erfahrung der höchsten Realität, in die der sich selbst auslöschende Verstand vordringen kann, er gelangt jedoch nicht in das höchste Bewusstsein des Allerhöchsten, paratpara. Der Verstand kann das höchste Selbst nur in einer gedanklichen spirituellen Verdünnung aufnehmen, nur ein durch den Verstand widergespiegeltes Sachchidananda. Die höchste Wahrheit, die integrale Selbst-Erkenntnis wird nicht erreicht durch diesen selbst verneinenden Sprung in das Absolute, sondern durch ein geduldiges Durchgehen über den Verstand hinaus in das Wahrheits-Bewusstsein, wo das Unendliche erkannt, gefühlt und in der ganzen Fülle seiner unerschöpflichen Reichtümer erfahren werden kann.“21
Das psychische Wesen und die Transformation
In der spirituellen Erfahrung existiert ein einziges Wesen, ein einziges Sein, das alle Geschöpfe und lebenden Dinge im Universum in sich vereint und in der spirituellen Verwirklichung als das Eine Selbst aller Dinge und Lebewesen erfahren wird. Aber in unserer alltäglichen Erfahrung nehmen wir in der Welt eine Vielzahl von Menschen und Dingen wahr, die außerhalb von uns selbst existieren. Das ist so, weil unser wahres Selbst, das vorher als Purusha beschrieben wurde, der mit dem Selbst aller Lebewesen und Dinge eins ist, sich durch die Unwissenheit mit Prakriti identifiziert hat, unserer äußeren instrumentellen Natur aus Körper, Leben und Verstand. Diese Identifizierung des Purusha mit Prakriti hat in uns zur Entstehung eines körperlichen, vitalen und mentalen Egos geführt, das uns die Wahrnehmung eines Selbst gibt, das vom Rest des Universums getrennt ist. Deshalb ist es das Ego, das in uns eine Trennung entstehen lässt, zwischen dem, was wir als uns selbst fühlen und dem übrigen Universum, das wir als Nicht-Selbst wahrnehmen, die in unserem alltäglichen Bewusstsein tief verwurzelt ist. Es ist auch das physische, vitale und mentale Ego, das wegen seiner Komplexität und Uneinheitlichkeit zur Bildung mehrerer Persönlichkeiten und Ich-Strukturen in uns führt, die Spaltungen, Konflikte, Disharmonien und Desorganisation in unserem äußeren Leben verursachen. Harmonisierung und Einheit des äußeren Wesens kann nur erreicht werden durch die Entdeckung unseres innersten Wesens – Chaitya Purusha oder das psychische Wesen – indem wir das äußere um das innere Wesen herum, als sein Zentrum und leitendes Prinzip ordnen.
In der Vergangenheit war das Ziel spiritueller Suche im Allgemeinen, Befreiung zu erlangen vom Leidensdruck, der durch die täuschende Wahrnehmung eines getrennten Selbst entsteht und dadurch dem unaufhörlichen Kreislauf von Geburt und Tod zu entkommen. Nach Sri Aurobindo führt das Ziel spiritueller Evolution über diese Befreiung hinaus und besteht in der Transformation der Instrumente des spirituellen Geistes – Verstand, Leben und Körper –, um das Königreich des spirituellen Geistes auf der Erde zu etablieren. Wenn das äußere Wesen mit dem psychischen Wesen vereint ist und von ihm geleitet wird, wird die Transformation von Verstand, Leben und Körper möglich werden. Wie Sri Aurobindo sagt:
„Das psychische Wesen unterstützt den Verstand, das Gefühl und den Körper und wächst in uns durch deren Erfahrungen, es trägt unsere Natur von Leben zu Leben... Zunächst bleibt es hinter unserem Denken, Fühlen und den körperlichen Aktivitäten verborgen, aber während es wächst, wird es fähig, in den Vordergrund unserer Gedanken, Gefühle und des Körperbewusstseins zu treten und deren Ausdruck zu bestimmen. Im Durchschnittsmenschen ist es für seinen Selbstausdruck von ihnen abhängig und kann sie nicht für sich einnehmen und frei gebrauchen. Auf dieser Stufe der Entwicklung ist das Leben tierisch oder menschlich geprägt, noch nicht göttlich. Wenn das psychische Wesen durch Sadhana dominant wird und die Instrumente unserer Wesensart frei gebraucht, dann wird der