Pete Hackett

Sammelband 5 eisenharte Western Juni 2019


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halten Sie!“, rief er zum Bock hinauf.

      Der Spieler war bleich geworden.

      „Was soll das, Calhoun?“, fragte er. „Dass es eine Falle ist, dürfte Ihnen klar sein.“

      „Nanu“, meinte Tom und lächelte den Spieler an. „Haben Sie Angst? Wovor?“

      In einer dichten Staubwolke kam die Kutsche zum Stehen. Tom Calhoun stand auf und sprang aus dem Wagen. Wachsam spähte er nach allen Seiten. Seine Hand lag auf dem Kolben des Revolvers.

      Der Fremde ließ das Gewehr sinken und richtete die Mündung zu Boden.

      „Hallo“, brummte der Kutscher ihn an. „Was ist mit deinem Gaul?“

      Der zweite Wagenschlag wurde aufgestoßen. Sam Cory stieg aus und kam um die Kutsche herum Mit einer nervös wirkenden Bewegung schob er seinen Hut aus der Stirn und musterte den Fremden eingehend.

      „Er ist mir davongelaufen“, antwortete der Mann. „Heute Nacht.“

      „Dann hattest du ihn wohl nicht angebunden?“, fragte Dreek weiter.

      „Red war ein sehr anhängliches Tier. Er hörte auf meinen Ruf. Ich habe ihn fast nie angebunden. In der letzten Nacht heulten in der Nähe ein paar Wölfe. Sie wissen ja, wie das klingt. Es muss ihn erschreckt haben. Plötzlich war er verschwunden.“

      „Du hast ihn nicht wieder einfangen können?“, fragte Tom Calhoun und blickte den Mann scharf an.

      „Nein“, erwiderte der Fremde. „Sicher haben Sie für mich noch einen Platz frei und können mich bis zur nächsten Stadt mitnehmen.“

      „Kannst du bezahlen?“, fragte der Fahrer während Tom auf den Stern an seiner Weste blickte.

      Der Mann grinste.

      „Natürlich“, sagte er. Dann ließ er den Sattel von der Schulter gleiten, griff in die Tasche und brachte ein goldenes Geldstück hervor.

      „Das dürfte reichen“, meinte er. „Oder?“

      „Selbstverständlich“, sagte der Kutscher und blickte Tom aus halbgeschlossenen Augen an.

      „Wo haben Sie gelagert?“, erkundigte sich Tom Calhoun.

      „Dort drüben. Es ist gar nicht weit von hier.“

      „Zeigen Sie mir den Platz. Es interessiert mich.“

      Der Fremde wandte sich um und ging vor Tom Calhoun her. Nach etwa zweihundert Yard blieb er stehen. Neben der .Straße sah Tom die Reste eines Lagerfeuers.

      Tom ging noch ein paar Schritte weiter. Jetzt sah er auch die Hufeindrücke eines Pferdes. Sie verliefen in östlicher Richtung. Er war sich darüber im klaren, dass es ihm niemals möglich sein würde, zu erfahren, ob dem Mann das Pferd fortgelaufen war, oder ob er es weggejagt hatte, nur um mit der Kutsche fahren zu können.

      „Woher wussten Sie. dass eine Kutsche kommen würde?“, fragte er.

      „Das wusste ich gar nicht. Wenigstens nicht, wann eine kommen wird. Ich hatte immer noch gehofft, dass das Pferd zurückkommen würde. Dann sah ich Sie.“

      „Und jetzt wollen Sie nicht mehr auf das Tier warten?“

      „Ich glaube, dass es Wahnsinn wäre.“

      „Wie heißen Sie?“

      „Duke Falton.“

      „Hören Sie mir mal zu, Falton: In meiner Begleitung befindet sich ein Gefangener. Außedem habe ich achtzehntausend Dollar bei mir. Ich sage Ihnen das nur. damit Sie von Anfang an Bescheid wissen. Sam Cory, der Spieler, meinte, die Kutsche sei ein Pulverfass, das jeden Moment in die Luft fliegen könnte. Vielleicht ist es besser, Sie überlegen sich die Sache noch einmal. Wenn Sie nach Südwesten gehen, können Sie die Station von Harper in einer Stunde erreichen.“

      „Ich will aber nach Nordosten, Marshal. Ich komme von Süden.“

      „Also gut, Falton. Sie sollen nur wissen, was los ist. Ich werde Sie auf dem Weg nach Shelton Falls wie einen Mann behandeln, der unter meinem Befehl steht. Ich denke, Sie werden damit einverstanden sein.“

      „Ist in Ordnung.“

      Der Mann ging vor Tom Calhoun zurück. Neben seinem Sattel blieb er stehen, hob ihn hoch und warf ihn auf das Dach der Kutsche. Tom war neben dem Schlag stehengeblieben und wartete, bis der Fremde eingestiegen war. Dann kletterte auch er hoch und nahm die Tasche schnell wieder an sich.

      „Kann’s losgehen?“, rief der Kutscher.

      Tom klappte den Schlag zu. Dann setzte er sich zwischen den Fremden und Cory, der auch schon eingestiegen war. Der Fremde schien etwas verblüfft über die Anwesenheit einer Frau. Er blickte sie lächelnd an und lüftete seinen Hut.

      „Auf so nette Gesellschaft hatte ich nicht zu hoffen gewagt, Madam“, sagte er. „Nun bin ich meinem Pferd schon gar nicht mehr böse.“

      „Lass sie in Ruhe“, zischte der Spieler. „Ich hoffe, du hast mich verstanden.“

      Faltons Gesicht zog sich in die Länge. „So also ist das“, murmelte er.

      „Genau.“

      Ein Ruck erschütterte die schwere Concordkutsche, dann setzte sie sich wieder in Bewegung.

      *

      „Da in der Tasche haben Sie wohl das Geld?“, fragte Falton und zeigte auf die Tasche, die Tom auf den Knien liegen hatte.

      „Ja“, erwiderte Tom. „Aber wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, machen Sie sich über die Tasche und ihren Inhalt lieber keine Gedanken — falls das nicht schon geschehen ist.“

      „Immerhin. Achtzehntausend Dollar sind eine beachtliche Summe“, sagte der Mann und grinste.

      „Machen Sie sich keine falschen Hoffnungen, Falton. Es kann passieren, dass ich Sie schneller an die frische Luft setze, als Ihnen lieb ist.“

      „Das glaube ich nicht, Marshal. Hier draußen gilt es als das schlimmste Verbrechen, wenn man einen Mann hilflos seinem Schicksal überlässt.“

      „In diesem Fall würde ich mich nicht danach richten, Falton. Sie tun gut daran, wenn Sie das beachten. Im übrigen, ich bin nur der Vertreter des Marshals von San Angelo.“

      Schweigen herrschte in der Kutsche. „In der Nähe sind Banditen“, unterbrach Cory die Ruhe. „Mr. Calhoun könnte der Meinung sein, dass Sie zu ihnen gehören. Der Verdacht liegt immerhin sehr nahe.“

      „Ich bin ein Cowboy. Dass mir mein Pferd fortgelaufen ist, habe ich ja schon gesagt.“

      „Gesagt haben Sie es“, murmelte Cory und grinste. „Aber mir scheint es, als hätten Sie Mr. Calhoun nicht ganz überzeugen können. Vielleicht hat er Sie nur mitgenommen, um Ihnen das Gegenteil beweisen zu können. Sehen Sie dort den Jungen an. Er gehörte zu der berüchtigten Bande Nat Leets, den unser tüchtiger Mr. Calhoun erschossen hat. In Shelton Falls wartet der Galgen auf den Jungen. Jedem Banditen, der unterwegs geschnappt wird, wird es ebenso ergehen.“

      Tom sah, dass der Mann noch einen Schein bleicher geworden war. Fest umkrampften seine Hände den Schaft des Gewehres, so dass die Knöchel weiß hervortraten.

      „Nicht gerade aussichtsvoll, wie?“, meinte der Spieler ironisch.

      Plötzlich veränderte sich Faltons Gesichtsausdruck. Seine Züge wurden hart und verschlossen. Scharf sprang sein Kinn hervor.

      „Wenn es Ihnen Spaß macht, dann reden Sie ruhig weiter“, sagte er schleppend. „Ich bin überzeugt davon, dass Sie wissen, wie ein Mann hier draußen darauf reagiert.“

      „Falls Sie das ungeschriebene Gesetz meinen, welches besagt,