Gedanken abbringen könnte.“
„Wer das Geld will, braucht sich nicht so lange mit dem Riemen beschäftigen. Er kann die Tasche nehmen, wie sie ist.“
„Das kommt ganz auf die Umstände an. Auf jeden Fall will ich vermeiden, dass sich zu viele mit den Dollars beschäftigen.“
„Wieso?“
„Weil ich gerade Sie irgendwie verstehen kann. Ich kann mir vorstellen, dass Ihr Leben sehr hart gewesen ist. Ich kann in Ihrem Gesicht lesen, wie in einem Buch. Aber das alles werde ich vergessen, sollten Sie jemals nach der Tasche greifen. Das Angebot, das ich Ihnen und Cory machte, haben Sie doch nicht vergessen.“
„Nein.“
Er machte noch einen Schritt auf sie zu und war ihr jetzt so nahe, dass ihr Atem sein Gesicht streifte.
„Glauben Sie nicht“, fuhr er leise fort, „dass Cory und die Tasche der Ausweg sind, nach dem Sie suchen. Sie würden nicht einen Tag Freude an dem Geld haben. Bis ans Ende der Welt würde ich Sie verfolgen.“
Sie war bleich geworden. Schrittweise wich sie vor ihm zurück, bis sie mit dem Rücken gegen den offenstehenden Wagenschlag stieß. Schwer atmend blieb sie stehen.
„Warum sind Sie so hart?“, fragte sie rau. „Was in Ihrem Leben hat Sie so werden lassen?“
„Ich bin nicht hart. Ich kämpfe nur für die Gerechtigkeit und das Gesetz“ erwiderte er.
„Nein, Tom. Das denken Sie nur. In Wirklichkeit reden Sie von dem Gesetz und meinen nichts als das Ziel, das Sie sich gesetzt haben. Sie sind Ihr eigenes Gesetz. Außer sich selbst erkennen Sie nichts und niemanden an. Jeder soll sich Ihrem Willen beugen. Warum?“
„Es sind schon zu viele Menschen wegen der achtzehntausend Dollar gestorben. Keiner hatte etwas davon. Und alle, die jetzt noch glauben, dieses Geld an sich bringen zu müssen, werden auch noch sterben.“
„Warum sagen Sie mir das?“
„Ich möchte, dass Sie schlauer als Cory und die anderen sind. Vergessen Sie das Geld, Lola.“
„Fertig!“, ertönte da die Stimme des Kutschers. „Wir müssen schnellstens verschwinden, ehe sie zurückkommen und uns wieder die Pferde erschießen.“
Tom Calhoun schob die Frau in das Wageninnere. Dann wandte er sich um und winkte Ben zu, der am Hinterrad stand. Er schien sich nicht darüber klar zu werden, ob es sich lohnen könnte, einen Fluchtversuch mit gefesselten Händen zu unternehmen, der vielleicht mit einer Kugel im Rücken enden würde.
„Falton, Sie werden wieder auf dem Bock fahren!“, rief Tom. „Wenn die Banditen auftauchen, dann vergessen Sie nicht zu schießen. Es könnte Ihr eigener Nachteil sein.“
Kaum saßen sie wieder in der Kutsche, als abermals Schüsse durch die Nacht peitschten. Fluchend beugte sich Cory aus dem Fenster und schoss zurück. Ben duckte sich auf seinem Platz zusammen.
„Herunter mit Ihnen!“, rief Tom dem Mädchen zu und schoss wieder hinaus. Dicht an seinem Ohr ging eine Kugel Corys vorbei.
„Passen Sie besser auf!“, rief er dem Mann über die Schulter zu. „Sie müssten allein mit der Bande fertig werden, sollten Sie mich versehentlich treffen.“
Eine Kugel fuhr fauchend durch die Kutsche und verließ sie wieder.
Schuss um Schuss jagte Tom aus der Winchester 66. Doch er konnte nirgends ein genaues Ziel erkennen.
„Verdammt!“, hörte er den Kutscher mit heiserer Stimme schreien. „Lauft schon, ihr müden Böcke!“ Laut knallend strich die Peitsche durch die Luft. Mit einem Ruck setzte sich das schwere Gefährt in Bewegung.
„Dreek, fahren Sie von der Straße herunter!“, schrie Tom hinaus. „Die Kerle haben bestimmt nicht vergessen, irgendwo ein Hindernis aufzubauen.“
Rumpelnd verließ der Wagen die Straße und brach in ein Gebüsch hinein. Auf der anderen Seite verließ er es wieder.
„Wir können von Glück reden, dass der Boden hart und ausgetrocknet ist“, sagte der Spieler. „Sonst säßen wir schon hoffnungslos fest und könnten die Kutsche nicht mehr flottmachen.“
„Reden Sie nicht, Cory! Schießen Sie lieber!“
„Können Sie mir sagen, wohin? Ich sehe nichts!“
„Sie sollen nur schießen. Die Banditen sind feige und einzuschüchtern. Das haben wir doch schon festgestellt.“
Pausenlos entluden sich die Waffen, während der Kutscher mit der Peitsche knallte, immer wieder und immer wieder. Der Wagen wurde hin und her geschleudert. Lola Starrs Hände krampften sich haltsuchend am Fensterrahmen fest. Ihre Zähne hatten sich in die Unterlippe gegraben. Plötzlich ertönte hinter der Kutsche infernalisches Geschrei.
„Vier Mann sind es!“, brüllte der Kutscher.
Die Reiter ritten nach rechts und links, dabei feuerten sie ständig aus ihren Colts auf die fahrende Kutsche.
Erbittert erwiderten Tom Calhoun und Sam Cory das konzentrierte Feuer. Ein paar mal war das Krachen von Faltons Gewehr zu hören. Doch keiner der Banditen wurde getroffen. Dann blieben die Reiter zurück und verschwanden in der Dunkelheit, ohne noch einmal aufzutauchen.
Cory ließ seine Springfield sinken, während der Kutscher das Gefährt auf die Poststraße zurück lenkte. Aufatmend ließ Lola Starr den Fensterrahmen los.
„Jetzt werden sie wissen, dass sie das Geld nicht bekommen“, sagte sie.
Tom blickte in ihr weißes Gesicht und dann zu dem Spieler weiter.
„Die meisten Leute wissen so etwas erst, wenn es für sie zu spät ist“, gab er zurück.
„Das freut Sie, nicht wahr?“
„Natürlich, Miss Starr. Weavers Tod muss gesühnt werden. Seine Mörder dürfen nicht entkommen.“
„Sie scheinen sich für sehr stark zu halten, Mr. Calhoun“, wandte der Spieler ein. „Sie sollten ab und zu einmal daran denken, dass auch Sie eine Kugel treffen kann.“
„Ehe wir abfuhren, sagte Weaver, dass die Hölle für uns beide nicht groß genug sei. Er scheint recht zu behalten.“
Cory grinste.
„Wunderbar“, meinte er. „Ich an Ihrer Stelle würde mich nicht so sehr darauf verlassen.“
„Ist es noch weit?“, fragte das Mädchen.
„Wir müssen bald da sein. Haben Sie inzwischen über alles nachgedacht?“
„Was meint er?“, fragte Cory sofort.
„Ich hatte Miss Starr den Vorschlag gemacht, morgen früh nicht mit der Kutsche weiterzufahren. Diese Reise ist nichts für eine Frau. Das ist doch auch Ihre Meinung?“
Cory warf dem Mädchen einen abschätzenden Blick zu, dann schaute er wieder in Toms Gesicht.
„Darüber muss sie allein entscheiden“, sagte er.
„Das finde ich auch und deshalb gab ich ihr diesen Rat.“
*
Die frischen Pferde kamen schnell vorwärts. Sie zogen den schweren Wagen über einen Hügelrücken.
Immer wieder schaute Tom hinaus. Doch von den Banditen war nichts mehr zu sehen. Offenbar hatten sie darauf gesetzt, ihm mit den Pferden den Weg zur Kutsche versperren zu können. Sie hatten sicher geglaubt, dass es ihm nicht gelingen würde, den Durchbruch zu erzwingen, ohne wenigstens ein Pferd zu verlieren und somit die Hoffnung aufzugeben.
Der Spieler hob den Blick von der Tasche und fragte: „Wozu sollen denn die vielen Riemen