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Abb. 2-14 Resorptionsschutz durch eine Membran. a. Einzelfallbeobachtung an einem Patienten mit Schaltlücke 13-22 und horizontaler Alveolarkammatrophie mit 1/2-Defekt. Die zeitgleich gesetzten Implantate zeigen ausgedehnte vestibuläre Dehiszenzdefekte. b. Die freiliegenden Implantatanteile werden durch zurechtgetrimmte autologe Blocktransplantate von der Linea obliqua bedeckt. Mikrozugschraubenosteosynthese durch jeweils zwei Schrauben pro Block. c. Die Konturlücken werden durch autologe Knochenchips aufgefüllt. d. Nur der rechte Oberkiefer wird durch eine Kollagenmembran abgedeckt (Bio-Gide®, Geistlich, Baden-Baden). e. Bei Re-entry 4 Monate später zeigt sich eine vollständige Bedeckung der Implantate 13 bis 11, aber ein erneuter Dehiszenzdefekt von 1–2 mm an dem nicht durch die Membran bedeckten Implantat 21, bedingt durch Oberflächenresorption des Knochentransplantats.
2.6Osteokonduktion und Osteoinduktion
Osteokonduktion bezeichnet die Neubildung von Knochengewebe durch appositionelles Wachstum an den Wänden eines knöchernen Lagers (Abb. 2-15). Osteokonduktion geht bereits von knöchern differenzierten Zellen des Lagerknochens aus. Wegen dieser Voraussetzung verläuft die Osteokonduktion sehr langsam. Es kann Monate dauern, bis z. B. ein Sinuslift durch diesen Vorgang verknöchert ist (Abb. 2-16) und diese Verknöcherung tritt in Form eines Gradienten nur von den knöchernen Defektwänden ein (Abb. 2-17) und spart die Zahnimplantate für längere Zeit aus. Durch osteokonduktive Knochenersatzmaterialien wird das appositionelle Knochenwachstumspotential verbessert und Critical-size-Defekte können ausheilen, die dadurch definiert sind, dass sie lebenslang nicht spontan ausheilen. Das Knochenersatzmaterial fungiert als künstliche Knochenmatrix und dient vorhandenen Osteoblasten als Leitschiene. Die Osteokonduktion steht häufig in kompetitivem Verhältnis zur Narbenheilung eines Defektes durch Fibroblasten. Die schnell die Oberhand gewinnen, weil sie schneller wachsen.
Abb. 2-15 Osteokonduktion. 6 Wochen nach Auflagerungsosteoplastik am seitlichen Unterkiefer. Nahe der Knochenunterlage liegende Partikel von Knochenersatzmaterial (Trikalziumphopsphat) sind bereits von Knochen eingebaut. Entfernt liegende Partikel liegen im Weichgewebe (Labor MKG Kiel, Ratte, 20fach).
Abb. 2-16 Osteokonduktion. Es zeigt sich ein Gradient der langsamen Knochenneubildung über 12 Wochen in Pfeilrichtung nach Sinusbodenaugmentation durch xenogenes Knochenersatzmaterial. Der Sinusboden als Ausgangspunkt der Knochenbildung liegt unten. Im Bereich der Pfeilspitze ist noch keine Knochenbildung zu verzeichnen (Labor MKG Kiel, Toluidinblau, Schwein, 200fach).
Abb. 2-17 Die Kontaktmikroradiografie passend zu Abb. 2-16 zeigt den Gradienten der Osteokonduktion ausgehend vom Sinusboden in Pfeilrichtung. Die Vergrößerung desselben toluidinblaugefärbten Hartschliffs zeigt, dass das Zahnimplantat 12 Wochen postoperativ immer noch nicht osseointegriert ist. In dieser Hinsicht ist die Osteokonduktion durch alleiniges Knochenersatzmaterial ein ineffektiver Vorgang (Labor MKG Kiel, Schwein).
Osteoinduktion ist Knochenneubildung durch Differenzierung von Knochenzellen durch Bone Morphogenetic Proteins (BMP) aus Vorläuferzellen (Stammzellen) des Bindegewebes, die ubiquitär im Körper als Perizyten der Blutgefäße vorhanden sind (Abb. 2-18). Daher funktioniert die Osteoinduktion auch im nicht knöchernen (ektopen) Lager, beispielsweise in der Muskulatur, unabhängig von vorhandenen osteogen differenzierten Zellen. Bei einem Sinuslift tritt die Verknöcherung schlagartig an vielen Stellen zugleich ohne Gradienten ein, überall dort wo Blutgefäße mit ihren Perizyten vorhanden sind. Auch die Implantatoberfläche wird schon früh einbezogen (Abb. 2-19)21. Nur einige BMPs wie BMP-2, -7 und -9 bewirken die Differenzierung von Knochenvorläuferzellen. Osteoinduktiv können nur Materialien sein, wenn sie BMPs enthalten, allen voran autologe Knochentransplantate, aber auch allogene Transplantate und sogar xenogene, wenn sie proteinschonend aufbereitet sind oder frisch verwendet werden, ferner native und rekombinant hergestellte Bone Morphogenetic Proteins.
Abb. 2-18 Osteoinduktion. Mesenchymale Stammzellen, die ubiquitär auf Blutgefäßen vorhanden sind, werden durch BMP in eine knöcherne Differenzierung gebracht. Wenn auf die differenzierten Zellen Wachstumsfaktoren einwirken, teilen sie sich und es entsteht multizentrisch ohne einen Gradienten neuer Knochen.
Abb. 2-19 Osteoinduktion. 12 Wochen nach Sinusbodenaugmentation durch BMP-7 mit xenogenem Knochenersatzmaterial als Trägersubstanz zeigt sich im Gegensatz zu Abb. 2-17 eine lückenlose Osseointegration des Implantats (links, Toluidinblau, 4fach). Die Osteoinduktion wirkt gleichzeitig multizentrisch, sobald Blutgefäße durch Neoangiogenese in den Defekt eingedrungen sind, was unter günstigen Bedingungen etwa 2 Wochen dauert. Die Fluorochrommarkierung (rechts, Vergrößerung 100fach) zeigte ein hauptsächliches Knochenwachstum zwischen der 3. und 6. Woche (Labor MKG Kiel, Schwein).
2.7Einflussfaktoren auf das Heilungspotential von Knochendefekten
Voraussetzungen für eine ungestörte Knochenheilung
Osteoblasten existieren nur, wenn sie sich über Integrine an einer Unterlage verankern können. Wenn die Unterlage zu viel mechanische Unruhe aufweist, dedifferenzieren diese Zellen, es bildet sich Fasergewebe und z. B. eine Pseudarthrose. Mechanische Ruhe ist damit neben dem Koagulum die zweite wichtige Grundvoraussetzung der Knochenheilung, ein Phänomen, das aus der Frakturbehandlung bestens bekannt ist. Die dritte Voraussetzung ist ein knöchernes Lager oder BMP aus Knochentransplantaten, denn im freien Gewebe ohne Anlagerungsmöglichkeit bildet sich in der Regel kein Knochen.
Mechanische Ruhe
Stabiles Koagulum
Knochenlager (oder BMP aus Knochentransplantaten)
Defektform und -größe
Ob ein Kieferknochendefekt vollständig knöchern ausheilt oder teilweise oder überwiegend bindegewebig, ist in erster Linie eine Frage der Form des Defekts. Dies liegt am Anschluss an die BMPs der knöchernen Defektwände. Zweitens ist die knöcherne Heilung größenabhängig, denn die Neoangiogenese kann im Gewebe in der Regel nur wenige Millimeter überbrücken. Weichgewebewunden verkleinern größere Distanzen daher durch Narbenschrumpfung, was der Knochen nicht kann. Schachtartige tiefe schmale Knochendefekte von wenigen Millimetern Breite, beispielsweise eine Fraktur oder eine Extraktionsalveole mit hohem Knochenwandanteil, füllen sich besser mit Knochen auf als schüsselförmige oberflächliche Defekte. In Bezug auf die Form sind die Anschlussflächen des Defektes an den angrenzenden Knochen bedeutsam. Je weniger Knochenbegrenzung, umso unwahrscheinlicher wird eine knöcherne Spontanheilung.
Lokale und allgemeine Einflussfaktoren des Organismus
Lokale Einflussfaktoren auf die Knochenheilung sind zum Beispiel die Intaktheit des Periostes im bedeckenden Lappen, allgemein die Qualität des umgebenden Defektlagers, was auch als ersatzschwaches und ersatzstarkes Lager bezeichnet wird. Diese Einteilung bezieht sich hauptsächlich auf die Weichgewebevernarbung und den Zustand nach Trauma oder Voroperationen. Weitere