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500 Jahre Reformation: Bedeutung und Herausforderungen


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Systematisch

       Christophe Chalamet, Genf Die Reformation und ihre unvorhergesehenen Konsequenzen

       François Dermange, Genf Die ökonomische Ethik von Calvin – «kapitalistisch», «sozialistisch» oder ganz anders?

       Douwe Visser, Hannover Reformation und Politik: Zwischen Prophetenstimmen und Obrigkeitshörigkeit

       Ökumenisch

       Wolfgang Thönissen, Paderborn Luthers Streit mit seinen katholischen Gegnern in den Jahren 1517/1518 am Beispiel der Frage nach dem Fegefeuer

      Viorel Mehedinţu, Stuttgart Der Dialog, der zum Monolog wurde |8|

       Johanna Rahner, Kassel Reform oder Reformation? Die Konzilien von Trient, Vatikanum I und II

       III Chancen und Herausforderungen des Jubiläums für die Kirchen

       Thies Gundlach, Hannover Am Anfang war die Freiheit – Reformationsjubiläum 2017

       Anne Burghardt, Genf Herausforderungen und Chancen des Reformationsjubiläums aus der Sicht des Lutherischen Weltbundes

       Aiming Wang, Nanjing Das Reformationsjubiläum im chinesischen Kontext

       Kurt Kardinal Koch, Vatikan, Rom Reformationsgedenken in ökumenischer Sicht

       IV Feedbacks und Auswertungen

       Michael Bünker, Wien Protestantische Vielstimmigkeit: Zwischen Appenzeller «Zäuerli» und gemeinsamer Ausrichtung

       Frank Fornaçon, Kassel Freikirchen bereiten Reformationsjubiläum mit vor

       Ibrahim Wushishi, Lagos Rückblick auf den Kongress

       Hanspeter Jecker, Bienenberg Gedanken zum Internationalen Kongress zum Reformationsjubiläum in Zürich

       Martin Schindehütte, Hannover Nachwort

       Dankeswort

       Fussnoten

       Seitenverzeichnis

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      Einleitung

      Wann hat die Reformation stattgefunden? Und worin besteht sie letzten Endes? Die protestantischen Kirchen feiern den Reformationssonntag gewöhnlich um den 31. Oktober. Nach traditioneller Überlieferung soll an diesem Tag des Jahres 1517 Martin Luther, ein junger deutscher Mönch und Theologieprofessor, 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg angeschlagen haben, in denen er die Praxis des Ablasses kritisierte, der es den Gläubigen ermöglichte, mit klingender Münze ein Stück ihres Seelenheils zu kaufen. Diese Einladung zu einem Disput unter Theologen bildete den Ausgangspunkt eines Konfliktes zwischen verschiedenen theologischen Standpunkten, die sich rasch als unversöhnlich herausstellten. Unter anderem dank politischer Unterstützung und massivem Einsatz von Druckschriften änderte damals ein großer Teil der römisch–katholischen Kirche in kürzester Zeit ihre Praxis und einen Teil ihres Denkens. Diese Bewegung breitete sich in ganz Europa aus, und zwar so schnell, dass die Argumente Luthers gegen den Ablass nicht die einzige Ursache dafür sein konnten.

      2017 werden die protestantischen Kirchen, die aus dieser Bewegung hervorgegangen sind, des 500. Jahrestages der Reformation gedenken. Was soll aber 2017 genau geschehen? Wozu dieses Ereignis feiern, das von der heutigen Situation der Kirchen und den geistigen Sorgen und Fragen unserer Zeitgenosse so weit entfernt scheint, auch wenn es damals die Geschichte des europäischen Kontinents tiefgehend verändert hat und historisch von weltweiter Bedeutung war? Hat die Reformation nicht auch zu zahlreichen Gewalttaten geführt? Woran wollen wir uns erinnern und was wollen wir eigentlich feiern? Worin besteht diese Reformation? Wie weit kann sie die Kirchen und die Welt von heute betreffen?

      Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die aus der Reformation von Luther hervorgegangen ist, und der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK), der aus der Reformation von Zwingli und Calvin entstanden ist, haben 2012 beschlossen, ein Zeichen der Einheit des Protestantismus zu setzen, indem sie einen gemeinsamen Vorbereitungskongress für das Reformationsjubiläum 2017 organisierten. Damit haben der SEK und die EKD bekräftigt, dass durch die 1973 auf dem Hügel von Leuenberg bei Basel getroffene theologische Vereinbarung, die unter dem Titel «Leuenberger Konkordie» bekannt geworden ist, die |10| kommenden Feiern des Reformationsjubiläums eine neue gesamtprotestantische Bedeutung erreichen. Dahinter soll und kann das Verständnis evangelischer Kirchen nicht mehr zurückfallen. Im Lauf dieses Kongresses, der im Oktober 2013 in Zürich stattfand, versuchten die EKD und der SEK, eine Standortbestimmung zu den genannten Fragen vorzunehmen zum Zeitpunkt, da die meisten Kirchen ihre Aktivitäten planen. Wir wollten vor allem zusammen mit den Mitgliedkirchen der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) und anderen Partnerkirchen weltweit diskutieren, was wir feiern wollen und weshalb wir das tun. Heute wird die Reformation nicht mehr nur über die Wirksamkeit von Luther in Deutschland oder von Zwingli oder Calvin in der Schweiz definiert, so bedeutend und entscheidend das Wirken dieser Persönlichkeiten auch sein mag. Die Reformation muss heute vielmehr als vielfältige und europäische Bewegung verstanden werden, deren Ursprünge in die früheren Jahrhunderte zurückreichen. Sie ist aber vor allem unter dem Aspekt des aktuellen Kontextes der weltweiten Christenheit neu zu betrachten: Wir sehen auf der einen Seite eine Verweltlichung und ein Abbröckeln, auf der anderen Seite Wachstum und fundamentalistische Tendenzen; eine zunehmend multikulturelle und pluralistische Religionslandschaft. Wir sehen auch die Errungenschaften, die Wirklichkeit und die Zukunft des ökumenischen Dialogs und die globalen Fragestellungen zur Zukunft der Erde. Für die evangelischen Kirchen kann es sich also nicht bzw. nicht bloß darum handeln, sich 2017 das Geschehen der Vergangenheit in Erinnerung zu rufen und dessen Spuren im Lauf der Geschichte zu verfolgen. Es geht vielmehr darum, sich die Botschaft der Befreiung, wie sie bereits Luther und andere wiederentdeckt haben, neu anzueignen, indem wir die Bibel neu lesen. Wir wollen diese damaligen Entdeckungen für die Christen von heute neu interpretieren. Wenn also 2017 ein Jubiläum und ein Fest sein soll, dann kann es nur ein Fest des Evangeliums und nur ein Fest für Jesus Christus sein.

      Die in diesem Band vereinten Texte geben deshalb nur einen Teil dessen wieder, was den Reichtum dieses Kongresses ausmachte. Sie wollen die Kirchen einladen und dazu auffordern, zu diskutieren und miteinander auszutauschen, was die Botschaft des Evangeliums uns heute sagen