so unfassbar nett!«, sagte sie voller Freude. »Darf ich dich auf ein Glas Champagner einladen?«
»Nicht nötig. Ich war schließlich sowieso in der Stadt.«
»Darf ich es vielleicht trotzdem?«, fragte Bella und lächelte. »Ich würde nämlich gern was mit dir besprechen.«
Nachdem jede von uns mit einem Glas versorgt war, gingen wir hinauf und setzten uns an einen freien Tisch direkt am Fenster. Ich hatte keine Ahnung, was Bella von mir wollte, aber ich war noch nicht oft in Södermalm gewesen. Und mit Champagner gegenüber von ihr im Rival zu sitzen war definitiv besser, als im Bett in Vällingby zu liegen, wo mich Sixtens Fernseher zwang, die Nachrichten mit anzuhören.
Bella räusperte sich. Plötzlich wirkte sie fast schüchtern.
»Ich will nicht aufdringlich klingen«, sagte sie, »aber seit ich dich getroffen habe, möchte ich mehr über dich wissen. Seit wann arbeitest du in dem Café?«
Verwundert hob ich eine Augenbraue.
»Seit zwei Wochen«, antwortete ich. »Ich wohne noch nicht lange hier, komme ursprünglich aus Örebro.«
Sie nickte leicht, als würde ich etwas bestätigen, das sie schon geahnt hatte.
»Das dachte ich mir«, sagte sie. »Ich spüre so etwas für gewöhnlich.«
Ich wartete. Was wollte sie wohl?
»Wie ich ja schon erwähnt habe, arbeite ich bei einer Event- und PR-Agentur. Sie heißt Perfect Match. Sagt dir das was?«
»Nein«, antwortete ich und musste grinsen. »Klingt aber irgendwie nach einer Datingseite.«
Bella lachte.
»Das ist gar nicht so weit hergeholt«, sagte sie. »Es geht nämlich darum, perfekte Verbindungen zu finden.«
»Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich verstehe, wie du das meinst.«
Bella betrachtete mich.
»Du hast studiert, oder?«, fragte sie. »Du machst jedenfalls den Eindruck.«
»Stimmt.«
»Darf ich fragen, was genau du studiert hast? Und wo du bisher gearbeitet hast?«
»Klar«, antwortete ich. »Ich habe eine militärische Grundausbildung inklusive Offiziersausbildung gemacht. Darauf folgte ein Bachelor in Politikwissenschaft und Volkswirtschaft an der Universität Uppsala. Vergangenen Winter habe ich meine Abschlussarbeit geschrieben und die Bestnote bekommen. Seither lasse ich es aus unterschiedlichen Gründen etwas ruhiger angehen.«
Bella lächelte und schüttelte den Kopf. Dann schaute sie eine Weile in ihr Champagnerglas.
»Wenn ich sehr lieb frage«, sagte sie und sah mir direkt in die Augen, »könntest du dir dann vorstellen, mal bei uns vorbeizukommen? Bei Perfect Match? Zu einem unverbindlichen Gespräch?«
Ich blieb still.
»Nur, damit wir uns richtig verstehen«, fuhr sie fort. »Die Mehrheit aller Stockholmer in unserem Alter würde sich den Arm ausreißen, um diese Frage zu hören. Genau deshalb suchen wir Mitarbeiter, die ein bisschen anders aufgestellt sind und auf einen breiteren Erfahrungsschatz blicken können. Mit anderen Worten: Solche, die nicht sofort von selbst auf uns kämen. Solche wie dich. Mit einer Militär- und Hochschulausbildung. Mir imponiert, wie du in unterschiedlichen Situationen reagierst, und ich habe – wenn ich das sagen darf – ein sehr gutes Bauchgefühl. Ich bin bei uns für fast alle Einstellungen verantwortlich.«
Ich dachte zurück an den Nachmittag im Café. An Gullbritt, die mit einem Kunden über die Rechnung stritt. An Eva, die neben ihr stand und die Schokoladenbällchen auffüllte – und sich nach jedem Bällchen die Finger ableckte.
»Schieß los«, forderte ich Bella auf. »Wann und wo?«
Lächelnd fischte Bella eine Visitenkarte aus der Tasche. Perfect Match Media stand oben, darunter Bellas Name, gefolgt von dem Titel »Partner«. Die Agentur lag in der Kommendörsgatan.
»In Östermalm also?«, fragte ich, während sich ein paar Schmetterlinge in meinem Bauch meldeten.
Innenstadt.
»Genau«, sagte Bella. »Nimm die U-Bahn bis Östermalmstorg. Könntest du schon morgen vorbeikommen? Gegen siebzehn Uhr? Die Arbeitstage sind lang, das solltest du vorab wissen. Aber irgendetwas sagt mir, dass du nicht besonders arbeitsscheu bist.«
»Nicht besonders, nein«, bestätigte ich und überschlug derweil im Kopf, dass ich dann schon um vier Feierabend machen musste, um es rechtzeitig in die Stadt zu schaffen.
Darüber würde Eva nicht gerade glücklich sein.
»Wie schön, dann sehen wir uns ja morgen schon wieder«, sagte Bella und lächelte warm. »Ich habe ein gutes Gefühl.«
Freitagnachmittag bahnte ich mir den Weg durch die Straßen Östermalms und spürte wieder mal, wie froh ich war, Sundbyberg und Vällingby hinter mir gelassen zu haben. Ich hatte Migräne vorgetäuscht und war um vier vom Café aufgebrochen, und jetzt war es erst Viertel vor fünf, als ich vor der Agentur stand. Ein edles, altes Gebäude mit schweren Holztüren, und als ich klingelte, musste ich mein Anliegen schildern, bevor ich hereingelassen wurde.
Eine Viertelstunde später saß ich Bella und einem männlichen Kollegen gegenüber, der aussah, als wäre er um die vierzig. Er hatte sich als Roger vorgestellt, und ich glaubte ihm. Seine maßgeschneiderte Kleidung war einen Hauch zu perfekt und sollte wohl über seine mangelnde Attraktivität hinwegtäuschen, während er sich selbst offenbar für unwiderstehlich hielt.
»Spannender Werdegang, Sara«, kommentierte er und betrachtete mich ein bisschen herablassend. »Aber warum das Militär? Machen das nicht nur vor Testosteron strotzende Jungs?«
»Das würde ich nicht behaupten«, entgegnete ich und schaute ihm dabei fest in die Augen. »Ich war schließlich auch da.«
Roger erwiderte nichts, legte die Fingerspitzen aneinander.
»Warum bewerben Sie sich bei uns?«, wollte er wissen.
Ich warf Bella einen fragenden Blick zu.
»Ich bewerbe mich nicht«, sagte ich. »Oder, Bella? Habe ich was missverstanden?«
Bella flüsterte Roger etwas ins Ohr, dann standen beide auf.
»Entschuldige uns«, sagte Bella gepresst. »Wir sind gleich wieder da.«
Die Minuten vergingen. Ich schaute mich um. An den Wänden hingen Schwarz-Weiß-Fotografien von vermutlich sehr berühmten Fotografen, aber keines sagte mir etwas.
Vor Testosteron strotzende Jungs.
Ich musste an unsere Joggingstrecke im Wald denken, die wir in den letzten Maiwochen vor drei Jahren fast täglich abgelaufen waren. Erik, Gabbe, Rahim, Nadia und ich als Grüppchen, auch wenn Nadia und Gabbe uns weit hinter sich hätten lassen können. Der Schweiß auf dem Rücken der anderen, auf meiner Stirn. Der Blutgeschmack im Mund. Und gleichzeitig das Glücks- und Gemeinschaftsgefühl, das Wissen um das eigene körperliche Vermögen. Das ungeheure Zusammengehörigkeitsgefühl, das eigentlich schon am ersten Abend zu spüren gewesen war, als wir die Unterkunft bezogen. Rahim hatte das Bett neben mir bekommen, Gabbe das über mir. Nadia war vom anderen Ende des Zimmers herübergekommen und hatte sich zu mir gesetzt, als wäre es das Natürlichste der Welt, und mir von ihrem Leben erzählt. Und dann waren wir zu viert zum Essen gegangen, wo Erik allein am Tisch saß und wirkte, als hätte er nur auf uns gewartet.
Selbstverständlich war es möglich, neue Freunde zu finden, wo man es am wenigsten erwartete. Aber oft geschah das nicht.
Nach der Grund- und später der Offiziersausbildung waren wir in unterschiedlichen Teilen des Landes oder sogar der Welt gelandet. Erik war zurück nach Göteborg gezogen, Nadia studierte Wirtschaft in