Zum Ärger der Provinz versammelt das Nationalmuseum von der Steinzeit bis ins Mittelalter nahezu alle bedeutsamen archäologischen Funde der Insel. Ja noch mehr, denn es gibt auch eine altägyptische Sammlung und einen Saal mit zyprischer Keramik. Das Arrangement ist etwas verwirrend, umso schmerzlicher vermisst der Besucher einen Katalog. Höhepunkte des Museums sind die Sammlung alten Goldschmucks und die Moorleichen.
Jüngst eingerichtet und am besten präsentiert ist die Ausstellung Königtum und Opfer im linken Quersaal. Sie ist um mehrere keltische Moorleichen arrangiert. Ahnherr ist der bereits 1821 entdeckte „Gallagh Bogman“, ein 2500 Jahre alter und bemerkenswert intakter Kollege des „Ötzi“, der schon lange im Museum zu Hause ist. Zu ihm gesellte man nun den „Clonycavan Man“, einen Dandy mit schicker Zopffrisur. Außerdem den „Oldcrohan Man“, auch er einstmals ein feiner Herr mit manikürten Fingernägeln. 1,98 m groß soll er einmal gewesen sein, so sagen die Wissenschaftler, ein wahrer Riese also, doch geblieben ist nur sein Torso. Den Unterleib verlor er wohl durch einen Torfbagger, den Kopf durch Enthauptung. Wie andere europäische Moorleichen ihrer Epoche zeigen, wurden auch die Iren grausam gefoltert und mehrfach hingerichtet - es deutet alles darauf hin, dass die vorchristlichen Kelten Menschen opferten.
Die Vorgeschichte wird im Umgang der zentralen Halle präsentiert. Wir erfahren, dass vor etwa 5700 Jahren anonyme Abenteurer die neolithische Revolution in Form von Schafen und Ziegen auf die Insel brachten, außerdem kann man einen riesigen Einbaum und alte Musikinstrumente bewundern. Die Mitte der Halle gehört mit Irlands Gold den Geschmeiden der Bronzezeit: Meist Colliers, Arm- und Fußringe, manchmal mit feinen Gravuren, als Kuriosa auch goldene Ohrspulen, die der Laie so wohl eher bei afrikanischen Stämmen vermutet hätte.
Im rechten Querraum weitet die Schatzkammer das Thema aus: Kunst und Kunsthandwerk von den Kelten bis ins Mittelalter, darunter als Glanzstücke die Brosche von Tara und das Altarkreuz von Clonmacnoise. Nicht ganz hierher passen die Vitrinen mit mittelalterlicher Kleidung.
Die Ausstellung im Obergeschoss beginnt im rechten Quersaal mit den Wikingern: Es geht um Waffen, Ackerbau, Sklaverei und die Anfänge Dublins, dokumentiert durch zahlreiche Kleinfunde, zuletzt wird die Sakralkunst mit dem Kreuz von Cong geschickt in Szene gesetzt.
Chronologisch und im Uhrzeigersinn schließt sich das Mittelalterliche Irland an, aufgeteilt in die Bereiche „König und Adel“, „Kirche und Gläubige“, „Bauern-Händler-Handwerker“.
Haben Sie bis jetzt durchgehalten? Dann wartet im Ägyptenraum noch ein kleines Highlight auf Sie. Auf der Wandseite links zwei sogenannte Fajumporträts aus römischer Zeit, Abbilder Verstorbener auf ihren Totenmasken und vermutlich die ältesten individuellen Menschenbilder, die Sie je gesehen haben.
♦ National Museum: Di-Sa 10-17, So/Mo 13-17 Uhr. Eintritt frei. Preiswerter Lunch im Coffeeshop des Museums. Kildare St, www.museum.ie.
Natural History Museum
Das Museum für Naturgeschichte ist dem Leinster House auf der Merrion-Seite vorgelagert. Seit der Einweihung anno 1857 - der Missionar und Entdecker David Livingstone hielt die Eröffnungsrede - hat der „Zoo der toten Tiere“ seine Ausstellung kaum verändert, und das Sammelsurium ausgestopfter und konservierter Kadaver ist nicht jedermanns Sache. Zehntausend Exponate sollen es sein, die Hälfte davon Insekten. Weitere zwei Millionen (!) Objekte ruhen in den Magazinen und Kellergewölben des Hauses.
Der Eingang des Hauses war zunächst auf der Westseite und wurde erst 1909 auf die Ostseite verlegt. Damit änderte sich im Erdgeschoss, das die Tierwelt Irlands vorstellt, die Richtung des Rundgangs. Die Stars der Sammlung, nämlich aus dem Moor geborgenen Knochengerüste von Elchen, die vor 10.000 Jahren auf der Insel lebten, hat man gedreht. Weniger prominente Exponate drehen dem Besucher dagegen den Rücken zu. Der 1. Stock zeigt die Welt der Säugetiere und endet mit Menschenaffen und dem Homo sapiens. Dann ist Schluss. Die oberen Etagen mit den Austellungen zu den niederen Tierarten sind gesperrt, weil das Geld fehlt, um die nach heutigen Standards erforderlichen Fluchtwege zu bauen.
♦ Di-Sa 10-17, So/Mo 13-17 Uhr. Eintritt frei. Merion St, www.museum.ie.
National Gallery
Eine Statue ehrt vor dem Eingang der Nationalgalerie den Eisenbahnmagnaten William Dargan. Er organisierte 1853 die Industrial Exhibition, eine Messe, aus deren Erlösen damals der Grundstock der heute 2400 Gemälde erworben wurde. Ein anderer Wohltäter der Schönen Künste war George Bernard Shaw. Auch er grüßt als Standbild die Besucher des Kunstmuseums. Die Sammlung umfasst das für Nationalgalerien übliche Repertoire - ein Faltblatt mit Lageplan erleichtert die Orientierung.
Bei nur einem Besuch empfehle ich die Yeats Collection (Raum 14). Jack Butler Yeats (1871-1957), ein jüngerer Bruder des berühmten Dichters, bannte bevorzugt irische Menschen und Landschaften sowie Themen aus der keltischen Mythologie auf die Leinwand. Er gilt als Irlands Nationalmaler. Gleichfalls ein Muss sind die Porträtgalerie (Raum 23) sowie die gelungene Auswahl von Werken irischer Maler im Dargan-Flügel (Räume 15-21). Ein speziell von den anglo-irischen Grundherren begehrtes Sujet waren Landschaftsbilder. Sie zeigen den Idealzustand einer den Vorstellungen des Landadels entsprechend gebändigten und geformten Natur.
Das Obergeschoss gehört der europäischen Malerei vom Spätmittelalter bis ins 19. Jh. In Raum 27 begegnen wir mit Lavinia Fontana der ersten Frau, die von ihrer Malerei leben und ihre Familie ernähren konnte. Star der Sammlung ist Caravaggios Gefangennahme Christi (engl. The Taking of Christ) von 1602 (Raum 25). Lange verschollen und dann für eine Kopie des Originals gehalten, kam es über Umwege zum Dubliner Jesuitenorden, wo es ab 1930 den Speisesaal der Kongregation zierte. Erst die Fleißarbeit zweier Kunststudenten brachte die wahre Identität des Bildes ans Licht.
♦ So/Mo 11-17.30, Di/Mi, Fr/Sa 9.15-17.30, Do 9.15-20.30 Uhr. Eintritt frei. Am Wochenende nachmittags Führungen. Eingang von der Clare St (hier Café und Shop) und vom Merrion Square West, www.nationalgallery.ie.
Merrion Square
Viele der farbenprächtigen Türen, die eines der erfolgreichsten Poster der Irlandwerbung zieren, findet man im Original um den Merrion Square. Die strengen Bauvorschriften des 18. Jh. ließen den Hausbesitzern wenig Freiraum für individuelle Gestaltung, und so versuchte man sich in Details wie eben Türen, Oberlichtern und kunstvoll geschmiedeten Fußabstreifern vom Nachbarn zu unterscheiden. Merrion Square war lange die erste Adresse der Stadt. In Nr. 1, dem ältesten Haus am Platz, residierte von 1855-76 Oscar Wilde. Gegenüber, an der Nordwestecke des Parks, stiftete ihm die Guinness-Brauerei ein Denkmal. An weiteren Berühmtheiten wohnten hier Daniel O’Connell (Haus Nr. 58), W. B. Yeats (Haus Nr. 52 und 82), und in Haus Nr. 65 lebte einige Jahre der Physiker Erwin Schrödinger, dessen geniale Wellengleichung dem diesbezüglich minder genialen Autor aus Schulzeiten noch in unliebsamer Erinnerung ist. Nr. 8 ist die standesgemäße Adresse des Royal Institute of the Architects of Ireland. Rund um den Platz stellen immer sonntags Künstler ihre Arbeiten aus.
Number Twenty Nine (Georgian Home): Von der Ostseite des Platzes zog sich, bevor 1965 die Elektrizitätsgesellschaft