durcheinander. Die Black Queen spürte, wie ihr Selbstvertrauen wieder wuchs. Natürlich versprach sie sich nicht zuviel von der Zustimmung der Kerle. Auch in El Triunfo hatte man sie so gefeiert – und doch hatte sie sich in den Siedlern getäuscht.
Nur der eine oder andere, so wußte sie, würde sich auf ganz bestimmte Weise für ihre Zwecke einsetzen lassen. Noch wußte sie nicht genau, wie ihr nächster Zug war, aber sie ahnte, daß sich die Dinge in dieser Beziehung von selbst entwickelten.
Gilbert Sarraux und Joao Nazario hatten sich an einem Nebentisch niedergelassen. Es behagte ihnen nicht, sich mit Kerlen wie Larsky, T-Bone, Crapper und Norimbergo um die schwarze Frau zu scharen, sie hielten sich lieber etwas im Hintergrund und sondierten erst einmal die Lage.
Nazario drehte sich immer wieder zu Annamaria um und winkte ihr zu. Er wollte sie zu einem Glas Wein einladen. Schon seit langem versuchte er, sie allein zu treffen und für sich zu gewinnen. Doch sie schien Amintore, diesem häßlichen Zwerg, in ewiger Treue verbunden zu sein.
Nazario grinste dem Mädchen zu.
„Na, wie ist es, trinken wir zusammen einen Becher Wein?“ fragte er.
„Ich mag keinen Wein, und ich muß gleich wieder weg“, sagte sie.
„Hast du gesehen, wie diese Black Queen mit den Kerlen aufgeräumt hat?“
„Ja“, erwiderte sie. „Toll war das. Ich bewundere sie.“
„Möchtest du lieber einen Rum?“
„Keinen Rum. Ich gehe.“ Sie wandte sich ab und schritt lautlos davon. Nazario blickte auf ihre Hüften und auf ihre Beine, wollte sich erheben, um ihr zu folgen, wurde aber von dem Bretonen zurückgehalten.
„Laß das, Joao“, zischte er. „Willst du Ärger?“
„Sie ist genau mein Fall“, sagte der Portugiese. „Irgendwann kriege ich sie, und es ist mir egal, ob Amintore und die alte Vettel es erfahren oder nicht.“
„Das solltest du dir reiflich überlegen“, sagte Sarraux. „Aber hör gut zu, ich habe eine Idee.“
„Heraus damit“, sagte sein Freund. „Willst du das Schiff der Black Queen entern und ausmisten? Laß die Finger davon, die Sache ist zu heiß. Sie hat trotz allem zu viele Leute an Bord.“
Sarraux hatte sich über den Tisch zu ihm vorgebeugt. „Ich meine etwas ganz anderes. Wir gehen dabei nicht das geringste Risiko ein. Es ist immer wichtig, die Ohren offenzuhalten und eine Situation gewinnbringend auszunutzen, das weißt du.“
„Ja. Aber auf was willst du hinaus?“
„Diese Queen haßt den Seewolf.“
„Sie will ihn töten“, sagte Nazario. „Aber ich spiele nicht den Handlanger für sie. Schlag dir das aus dem Kopf.“
„Laß mich doch erst mal ausreden“, raunte der Bretone. „Daß der Seewolf ein höllisch gefährlicher Gegner ist, weiß ich selbst. Ich habe auch nicht im Sinn, ihn meuchlings zu ermorden oder so. Ich zähle nur zwei und zwei zusammen. Die Queen hat gesagt, daß der Seewolf noch auf Tortuga sei, und sie ist für jeden Hinweis über seine nächsten Züge dankbar. Außerdem hat sie Silbermünzen.“
Nazario grinste jetzt. „Aber sie kann keinen ihrer Kerle nach Tortuga schicken, denn deren Visagen sind dort bekannt. Ist es das, was du meinst?“
„Richtig, genau das. Wir aber sind noch nie auf Tortuga gewesen. Man kennt uns dort nicht.“
„Und wir könnten die Lage ein bißchen auskundschaften“, sagte Nazario. „Es dürfte uns nicht schwerfallen, Wissenswertes für die Queen zu erfahren. Darauf trinken wir noch einen, Gilbert. Und anschließend sprechen wir mit der Queen.“
„Aber erst, wenn sich die anderen verzogen haben“, sagte der Bretone. Keiner sollte auf eine ähnliche Idee verfallen, denn außer dem Portugiesen duldete er keine Partner, mit denen es zu teilen galt.
So warteten sie ab, bis es Larsky und dessen Gefolgschaft einfiel, im trunkenen Zustand mit den wenigen Mädchen anzubändeln, die vor der Kneipe im Sonnenlicht auf und ab spazierten und die Wärme genossen. Bei der Queen konnte keiner von ihnen landen, weder auf die rauhe noch auf die freundliche Art, das hatten sie inzwischen eingesehen. Folglich verschafften sie sich ihr Vergnügen auf die übliche, problemlose Weise.
Gilbert Sarraux und Joao Nazario traten an den Tisch der Black Queen.
Caligula blickte lauernd auf und fragte: „Was ist? Habt ihr auch Schiffszwieback und Hartwurst zu verkaufen? Oder wollt ihr eure Pulvervorräte loswerden?“
„Weder das eine noch das andere“, erwiderte Sarraux. „Aber was wir anbieten, ist gegen gute, harte Silbermünzen zu haben. Am liebsten nehmen wir Piaster an.“
Die Queen sah sie eher mitleidig an. „Kannst du dich nicht deutlicher ausdrücken? Wer bist du überhaupt? Ein Franzose? Bei Franzosen weiß man nie, ob sie die Wahrheit sprechen.“
„Das stimmt“, entgegnete Sarraux zu ihrer Überraschung. „Aber ich bin Bretone, und das ist ein Unterschied. Mein Wort gilt, und ich löse meine Versprechen stets ein.“
„Bei mir ist es nicht anders“, fügte Joao Nazario hinzu. „Vielleicht hast du Verwendung für zwei harte Burschen wie Gilbert und mich. Wir könnten gewisse Kohlen für dich aus dem Feuer holen – gegen gute Bezahlung, wie schon gesagt.“
Die Queen wies auf zwei Stühle. „Nehmt Platz. Mir ist da etwas eingefallen.“
„Wir könnten nach Tortuga segeln“, sagte Sarraux.
„Du hast es genau erfaßt. Aber wichtig dabei ist, ob ihr zwei schon einmal dort gewesen seid. Kennt man euch dort?“
„Nein“, entgegnete der Bretone mit listigem Grinsen. „Und das ist auch der Grund, warum wir uns entschlossen haben, dich anzusprechen. Wir haben gehört, wie du über Tortuga und den Seewolf geredet hast – und wir fragen uns, ob es nicht doch einen Weg gibt, diesem Oberhurensohn das Handwerk zu legen.“
„Es gibt ihn“, sagte sie, und ihre Miene verhärtete sich. „Aber man muß einen Feind in allen Einzelheiten kennen, wenn man ihn besiegen will.“ Ihr Blick fixierte zuerst den Bretonen, dann den Portugiesen. „Nur eins ist mir noch nicht klar. Warum seid ihr so scharf darauf, die Machenschaften des Seewolfs auszuspionieren?“
„Weil wir dafür von dir bezahlt werden“, erwiderte Nazario prompt. Er ließ sich langsam auf einem der Stühle nieder, sein Freund folgte seinem Beispiel. „Wir handeln aus reinem Eigennutz“, fuhr Nazario fort. „Wir sind knapp bei Kasse und brauchen Geld. Vielleicht können wir uns von dem, was du uns gibst, ein Boot kaufen.“
„Eine eigene Pinasse“, sagte Sarraux. „Das war schon immer unser Traum. Bislang sind wir immer nur bei anderen mitgefahren, wenn es auf Beutezug ging. Das haben wir langsam satt.“
„Ich verstehe“, sagte die Queen. „Und ihr kriegt die Piaster von mir, aber nur, wenn ihr meinen Auftrag erfolgreich ausführt.“
„Wie lautet er denn?“ fragte Nazario. „Wir heften uns dem Seewolf an die Fersen. Das ist es doch, was du willst, oder?“
„Wir werden dich nicht enttäuschen“, versprach Sarraux. Die Augen der Black Queen wurden schmal. „Es gab auf Tortuga einen Mann namens Emile Boussac, den ich dummerweise aus El Triunfo gerettet hatte. Er betrieb Erkundungsarbeit hinter den feindlichen Linien, Spionage sozusagen. Aber er trieb ein doppeltes Spiel – und dafür mußte er mit dem Leben bezahlen.“
Sarraux und Nazario tauschten einen Blick. Sie brauchten nicht danach zu fragen, wer diesen Boussac getötet hatte. Es gehörte kein Scharfsinn dazu, es zu erraten. Außerdem verriet die Miene, mit der Caligula die Queen ansah, auch einiges.
„Wir suchen uns unsere Partner gut aus“, sagte Sarraux, der jetzt ebenfalls ernst geworden war. „Und wir arbeiten immer nur mit einem Verbündeten zusammen. Eine Kriegslist ist richtig – aber kein Verrat. Wir kapieren, wovor du uns