Ulrich Hefner

Kalteiche


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Der Mörder muss sich in einen Blutrausch gesteigert haben.«

      »Und er muss blutbesudelt gewesen sein«, sagte Monika. »Eike und die anderen klappern die Umgebung ab, vielleicht hat ja doch jemand was gesehen.«

      »Es dämmerte bereits, das wäre möglich.«

      »Ein toller Einstieg auf der neuen Dienststelle, oder?«

      Trevisan zuckte mit der Schulter. »Dafür hatte ich es in den letzten Jahren sehr ruhig. Zu ruhig manchmal. Kennst du diesen Krog von der Spurensicherung?«

      »Flüchtig«, entgegnete Monika. »War noch nicht oft hier.«

      Trevisan räusperte sich. »Dann will ich mal sehen, ob er schon ein paar Neuigkeiten für uns hat.«

      3

      Paul Krog trug einen weißen Papieranzug über seiner Kleidung. Er stand unweit des weißen Sprinters der Spurensicherung und macht sich Notizen auf einem Schreibbrett. Trevisan trat an seine Seite und schaute ihm über die Schulter. Krog nahm das Schreibbrett zur Seite und blickte ihn fragend an.

      »Martin Trevisan, Kripo Wilhelmshaven. Können Sie schon was sagen?«

      Der Kollege aus Oldenburg, Trevisan schätzte ihn auf Mitte dreißig, schüttelte den Kopf.

      »War es ein Einzeltäter?«

      »Es ist noch zu früh, um etwas zu sagen.«

      »Unsere Leute von der Fahndung sollten ungefähr wissen, nach was sie suchen«, sagte Trevisan. »Ich denke, wir müssen miteinander sprechen. Oder sollen wir uns einen Logenplatz im Zuschauerraum suchen?«

      »Ich habe meine Methoden, Sie haben Ihre.«

      Trevisan lächelte. »Na ja, vielleicht können Sie mich ja an Ihren Methoden teilhaben lassen, ich lerne gerne noch dazu.«

      Krog wandte sich ihm zu. »Wir sind die Spurensicherung und jeder von uns hat seine Aufgabe. Meine Methode ist es, erst alles zusammenzutragen, bevor wir die Pferde scheu machen, und diese Methode hat sich in den letzten Jahren immer bewährt. Und jetzt entschuldigen Sie mich, wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns.«

      Trevisan trat dem jungen Kollegen in den Weg. »Wer ist Ihr Vorgesetzter, Maierling oder Uthof?«

      »Wieso interessiert Sie das?«

      »Weil ich verdammt noch einmal diese Ermittlungen leite und weil ich es gewohnt bin, über den Sachstand informiert zu werden und vielleicht auch, weil wir keine Sitzplätze für dieses Theater hier bekommen haben«, entgegnete Trevisan trocken. »Auch wenn Sie aus Oldenburg kommen und zu einer anderen Abteilung gehören, dieser Fall wird vom Kriminalkommissariat Wilhelmshaven bearbeitet, also von mir und meiner Dienststelle. Deshalb arbeiten wir nach meinen Methoden. Ich hoffe, Sie haben mich verstanden, oder soll ich zuerst in Oldenburg anrufen?«

      Krog blickte Trevisan abschätzend an. Er schluckte ein paarmal, schließlich räusperte er sich. »Vier Leichen, mit einer Axt erschlagen und mit einem Messer attackiert, dazu noch ein erschlagener Hofhund an der Rückseite der Scheune. Tatwaffe könnten eine Axt und ein Messer gewesen sein.«

      Trevisan grinste. »Das weiß ich bereits, haben Sie auch etwas Neues für mich?«

      »Wir arbeiten daran, aber bislang gibt es nur ein paar grobstollige Stiefelabdrücke, die vermutlich vom Täter stammen. Gummistiefel, würde ich sagen. So wie es aussieht, ein Einzeltäter.«

      »Besonderheiten zu den Tatwaffen?«

      Krog zuckte mit der Schulter.

      »Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen sollte? Wie ging der Täter vor, wie kam er ins Haus, haben sich die Opfer gewehrt oder wurden sie überrascht?«

      »Das steht später alles im Bericht«, entgegnete Krog.

      »Hören Sie, Herr Kollege, ich habe schon Mörder festgenommen, da lümmelten Sie noch auf der Schulbank in Nienburg herum, also kommen Sie mir nicht mit einem Bericht. Erzählen Sie mir einfach, was Sie bislang herausgefunden haben, diese Methode hat sich über Jahre hin bewährt und es gibt sie schon, seit Menschen gelernt haben, aufrecht zu gehen.«

      Krog runzelte die Stirn. »Wie meinen Sie das?«

      »Menschen kommunizieren, tauschen sich aus, diskutieren und geben Informationen weiter, das meine ich damit. Was der eine nicht weiß, hat der andere entdeckt. Genau deshalb ist Kommunikation wichtig. Also, reden wir offen miteinander!«

      Krog wurde unsicher. »Ich … Wir … Es ist ein großer Tatort, das ganze Haus sieht aus wie ein Schlachtfeld. Wir werden noch eine ganze Weile brauchen, bis wir alles durch haben.«

      »Und diese Zeit haben Sie auch, aber es wäre sinnvoll, bevor wir alle hier stundenlang dumm rumstehen, dass Sie Ihr bislang erworbenes Wissen mit mir teilen. Vielleicht ließe sich dann zumindest gezielt nach dem Täter fahnden.«

      »Ich habe die Hundestaffel angefordert, wir müssen auch das Umfeld absuchen.«

      »Klar«, bestätigte Trevisan. »Und jetzt zu den Details. Auch Vermutungen interessieren mich.«

      Krog zeigte ihm das Schreibbrett, auf dem er eine grobe Tatortskizze auf Millimeterpapier erstellt hatte. »Das Wohnhaus und die Scheune sind hälftig zusammengebaut und haben einen gemeinsamen Zugang. Wir gehen davon aus, dass der Täter durch die Scheune in das Haus gelangte. Dort traf er auf den Großvater und erschlug ihn. Einbruchspuren haben wir nicht gefunden, deshalb nehmen wir an, dass die Tür zur Scheune und die Zwischentür zum Wohnhaus unverschlossen waren.«

      »Abwehrverletzungen?«

      Krog schüttelte den Kopf. »Den Großvater hat es wohl aus heiterem Himmel erwischt. Anschließend öffnete der Täter die Tür zum Haus, dort traf er auf den Bauern, der sich dort seine Stiefel auszog. Auch hier hat er unvermittelt zugeschlagen, außerdem hat er ein Messer benutzt und mindestens drei- bis viermal zugestochen. Da lag das Opfer bereits auf dem Boden. Von dort aus führen blutige Stiefelspuren ins Schlafzimmer, wo er die Ehefrau des Landwirtes mit dem Messer und dem Beil ermordete. So wie es sich darstellt, hat die Tochter des Hauses etwas mitbekommen und kam die Treppe herunter. Als sie merkte, was los war, ist sie in das Badezimmer geflüchtet. Sie wollte dort aus dem Fenster steigen, aber der Täter war schneller. Er hat sie erwischt und erschlagen.«

      »Ziemlich sicher ein Einzeltäter?«

      »Davon gehen wir nach derzeitiger Spurenlage aus.«

      »Seine Kleider müssen voller Blut gewesen sein.«

      »Nicht zwangsläufig«, erwiderte Krog. »Im Badezimmer kam es wohl zu einem Kampf. Die junge Frau hatte Abwehrverletzungen, außerdem hielt sie ein Stück Plastikfolie zwischen den Fingern, eine Klarsichtfolie, wie man sie bei einfachen Regencapes findet. Der Täter könnte so etwas getragen haben, um seine Kleider vor dem Blut zu schützen.«

      »Hat man eine der Tatwaffen gefunden?«

      Krog schüttelte den Kopf. »Deswegen habe ich die Hunde­staffel angefordert. An der Rückseite der Scheune gibt es eine Tür, dort haben wir Fußspuren und Blutanhaftungen festgestellt. Der Täter hat das Areal wohl über diesen Ausgang verlassen und dabei den Hund erschlagen, der dort an einer Hundehütte angeleint war.«

      »Dort hinten liegt Friederikensiel«, murmelte Trevisan.

      »Zunächst sind dort Felder und Wiesen, dann folgt ein Weg, der zum Wangermeer führt. Wir lassen alles absuchen, vielleicht finden die Hunde eine Spur.«

      Trevisan kratzte sich am Kopf. »Vier Menschen und ein Hund, und niemand bekommt etwas davon mit.«

      »Mit der Intensität und dem Vernichtungswillen, den der Täter bei der Tatausführung an den Tag legte, dauerte dieses Massaker kaum mehr als ein paar Minuten. Nur bei der Tochter, die ins Badezimmer flüchtete, brauchte er ein klein wenig länger. Die Badezimmertür war kein großes Hindernis, er hat sie einfach mit dem Beil eingeschlagen. Ich würde sagen, der Täter ging mit äußerster Brutalität vor.«

      »Das heißt,