vom Vice nicht geschafft und Sie werden sich auch die Zähe ausbeißen. Es gibt hier keine Ablösesummen! Und das Wort Prostitution kommt in meinem Wortschatz gar nicht vor.“
Er hob erneut die Hände und kreuzte sie übereinander. „Was ist? Bringen Sie mich nach Rikers? In einem halben Tag bin ich wieder draußen!“
„Verlassen Sie in nächster Zeit die Stadt nicht. Es könnte sein, dass wir noch ein paar Fragen an Sie haben“, sagte ich.
Und Milo ergänzte: „Der Staatsanwalt wird Ihnen wahrscheinlich wegen Behinderung der Justiz an den Karren fahren. Schließlich haben Sie dafür gesorgt, dass die Schießerei hier im Hotel Parrinder vertuscht wurde, anstatt zur Polizei zu gehen.“
Sonny Ricone grinste. „Ich stand unter Schock!“, erklärte er.
Ich gab ihm meine Karte. „Falls Sie noch etwas wissen, was für uns interessant sein sollte, sagen Sie uns das bitte. Sie könnten damit im Hinblick auf das Verfahren, das Sie erwartet, schon mal ein paar Punkte bei der Staatsanwaltschaft sammeln...“
19
Ein kühler Wind strich durch die Häuserzeilen von Brooklyn, als wir das Hotel Parrinder verließen. Schräg gegenüber befand sich eine Snack Bar und da uns erstens der Magen knurrte und wir zweitens unsere bisherigen Ermittlungsergebnisse resümieren wollten, begaben wir uns dort hin. Zuvor gingen wir mit dem Rechner unseres Sportwagens kurz online, um über NYSIS die verfügbaren Daten abzurufen, die über Jaden Nichols vorhanden waren.
Wir wussten ja bereits, dass er der Vorbesitzer des ‚Hidden Joy’ gewesen war und den Club unter dubiosen Begleitumständen an Sonny Ricone verloren hatte.
„Also fest steht, dass hier im Hintergrund eine Zuhälterfehde läuft“, stellte Milo fest. „Und das schon seit Jahren.“
„Zeitgleich mit dem ersten Mord des Barbiers“, murmelte ich.
„Du willst doch nicht behaupten, dass das eine mit dem anderen zusammenhängt!“, erwiderte Milo. „Der Barbier ist ein Psychopath und...“
„Ich habe nur laut gedacht, Milo.“
Die Snack Bar war im Stil eines Diners aus den Fünfzigern gehalten. Wir nahmen jeder einen Hot Dog und Kaffee. Milo zusätzlich noch einen Salat.
„Man soll ja auch auf die Vitamine achten“, meinte er grinsend.
„Sieh mal, wer dort ist!“
Eine dunkelhaarige Frau in einem konservativ geschnittenen Business Kostüm saß an einem Tisch am Fenster für sich allein. Von ihrem Platz aus hatte sie eine hervorragende Aussicht auf die Vorderfront des Hotel Parrinder.
Ihr elegantes Äußeres wirkte schon als starker Kontrast zu der eher schlicht gehaltenen Einrichtung der Snack Bar. Ein Fast Food Fan schien sie auch nicht zu sein, denn vor ihr stand nur eine Tasse Kaffee.
Sie blickte nachdenklich hinaus auf die Straße.
„Wer soll das sein?“, fragte Milo.
„Ist dir die Lady nicht aufgefallen? Eine besonders dreiste Gafferin am Heckscher Playground, die wohl glaubte, dass das Flatterband nur zur Zierde gespannt worden ist!“
„Und du glaubst nicht daran, dass sie zufällig hier ist?“
„Jedenfalls passt ihr Aufzug weder zu dieser Snack Bar, noch zu den Girls, die für Sonny Ricone anschaffen gehen!“
„Sag das nicht zu laut, sonst verklagt dich Sonny Ricone wegen übler Nachrede, Jesse!“
Wir traten an den Tisch der Dunkelhaarigen.
„Guten Tag.“
Ein Ruck durchfuhr sie.
Ich zeigte ihr meinen Ausweis. „Jesse Trevellian, FBI. Vielleicht erinnern Sie sich. Wir sind uns kürzlich auf dem Heckscher Playground begegnet.“
Einen Augenblick wirkte sie etwas verunsichert. „Natürlich erinnere ich mich“, erwiderte sie.
„Dies ist mein Kollege Spezial Agent Milo Tucker. Haben Sie etwas dagegen, wenn wir uns zu Ihnen setzen?“
„Nein. Ich bin auch schon so gut wie fertig.“
Wir setzten uns. Mir fiel auf, dass ihr Kaffee nicht mehr dampfte und wohl längst kalt geworden war.
Ich begann meinen Hot Dog zu essen.
Seit dem Frühstück hatte ich nichts mehr zwischen die Zähne bekommen und dasselbe galt auch für Milo.
„Haben Sie inzwischen etwas Neues über den Mörder herausgefunden, der für den Tod der jungen Frau im Central Park verantwortlich war?“
„Die Ermittlungen sind zäh“, sagte ich.
„Die Zeit spielt immer für den Mörder, nicht wahr?“
„Das ist leider so.“
„Ich habe gelesen, dass dieser Barbier schon seit Jahren sein Unwesen treibt, aber in letzter Zeit besonders aktiv geworden ist. Was glauben Sie, wie lange es noch dauern wird, bis Sie den Kerl haben. Sie gehen doch davon, dass es ein Kerl ist oder?“
Ich nickte. „Die statistische Wahrscheinlichkeit spricht dafür. Derzeit ist uns ein Psychologe zugeordnet. Seiner Analyse nach ist der Täter zwischen 25 und 35 Jahre alt, männlich, und fiel als Kind durch Tierquälerei, Aggression gegenüber Mitschülern und so weiter auf.“
„Was glauben Sie, weshalb er jetzt plötzlich so aktiv geworden ist und mehrere Morde innerhalb relativ kurzer Zeit verübte?“
„Ein Auslöser könnte ein besonderer Stress durch eine Umbruchsituation in seiner Lebensführung sein. Verlust des Jobs oder der Partnerin zum Beispiel.“
Sie lächelte.
„Interessant in welcher Reihenfolge Sie das sagen, Agent Trevellian.“
„Wenn der Täter ein Mann ist, kann der Verlust des Jobs tatsächlich mit mehr Stress verbunden sein als eine Scheidung.“ Ich machte eine Pause und fuhr schließlich fort: „Was ich Ihnen bis jetzt gesagt habe, hätten Sie selbst in jedem Lehrbuch nachlesen können. Wenn wir uns richtig über die Sache unterhalten wollen, müsste ich schon wissen, mit wem ich es zu tun habe...“
„Oh, das tut mir leid.“
Sie zeigte mir einen Presseausweis. Danach hieß sie Donna McNolan und war freie Reporterin.
„Da Sie kein Kamera- oder Sound-Team in Ihrer Nähe haben, gehe ich davon aus, dass Sie zur schreibenden Zunft gehören“, sagte Milo.
Sie