Walter G. Pfaus

Sommer Bibliothek 11 besondere Krimis


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      21

      Es war dunkel. Leichter Regen setzte ein. Susan Michaels sah auf die Uhr an ihrem Handgelenk. Sie hatte gerade die Subway Station an der DeKalb Street in Brooklyn verlassen und wartete am Straßenrand.

      Sie war etwas außer Atem und blickte auf die Uhr.

      Zwei Minuten zu spät!, dachte sie. Sie konnte nur hoffen, dass der Superjob, der ihr am Telefon angeboten worden war, sich damit nicht schon erledigt hatte.

      Eine Limousine hielt am Straßenrand. Das Kennzeichen war aus New York. Das musste der Kunde sein.

      Das Fenster an der Beifahrerseite wurde heruntergelassen.

      Susan trat näher und blickte hinein.

      „Einsteigen!“, wisperte eine Stimme.

      „Erst das Geld!“

      Ein paar Scheine wurden ihr entgegengestreckt. Sie zählte nach. Mehr als abgemacht!, dachte sie. Heute schien ihr Glückstag zu sein.

      Sie öffnete die Tür und setzte sich auf den Beifahrersitz.

      Im nächsten Moment fuhr die Limousine davon und fädelte sich in den Verkehr an der DeKalb Street ein.

      22

      Am nächsten Morgen trafen wir uns im Büro von Mr McKee zur Besprechung.

      Diesmal war außer Max Carter, Clive Caravaggio und einigen anderen Agenten auch Dr. Gary Schmitt anwesend, ein Psychologe, der sich mit dem Profiling von Serientätern auseinandergesetzt hatte und der unserem Field Office seit einiger Zeit zugeordnet war.

      Zumindest für die Zeit, in der der Barbier noch frei herumlief. Normalerweise lehrte er in Quantico Tatortanalyse.

      Dr. Schmitt hatte den Fall des Barbiers von Anfang an verfolgt. Schon nach dem Mord an Gail Montgomery hatte er das erste psychologische Gutachten zur Täterpersönlichkeit angefertigt.

      Gary Schmitt hatte schon damals prophezeit, dass dieser Tätertyp erneut zuschlagen und sich nicht mit einem Mord begnügen würde.

      Inzwischen lagen auch der vollständige Obduktionsbericht sowie sämtliche andere Laborberichte vor.

      „Wir kennen jetzt die Zusammensetzung der K.o.-Tropfen, die den Opfern verabreicht wurden“, erklärte Mr McKee. „Die Mischung ist sehr speziell. Das Zeug heißt DSW-13 und ist auch als ‚Hammerschlag’ bekannt. In der Diskothek ‚The Skull’ hier in der Avenue B sind mehrere Fälle bei der City Police angezeigt worden, bei denen Gäste mit genau dieser Mischung betäubt und ausgeraubt worden. Es gab ein paar Festnahmen und Verurteilungen. Allerdings konnte bis jetzt nicht herausgefunden werden, von wem die K.o.-Droge stammt.“

      „Aber es ist in dem Fall doch anzunehmen, dass der Täter zu den Gästen von ‚The Skull’ gehört“, vermutete unser indianischer Kollege.

      „Ich schlage vor, dass Sie sich diesen Laden mal intensiv vornehmen, Medina“, sagte Mr McKee. „Vielleicht führt die Spur zum ‚Barbier’ über denjenigen, der ihm DSW-13 verkauft hat. Aber es gibt noch weitere interessante Erkenntnisse.“ Mr McKee nickte Max Carter zu. „Sie haben das Wort, Max.“

      „Danke, Sir! Es fanden sich an der Kleidung der Leiche feinste Faserspuren, die von unseren Kollegen von der SRD inzwischen identifiziert werden konnten. Es handelt sich um eine Teppichbodenfaser.“

      „Haben wir irgendetwas Vergleichbares an den vorangegangenen Opfern?“, hakte Mr McKee nach.

      Max schüttelte den Kopf. „Nein. Aber dabei muss man bedenken, dass der erste Fall dieser Serie sieben Jahre zurückliegt und sich unsere Verfahren zur Spurensicherung erheblich weiterentwickelt haben. Es kann durchaus sein, dass solche Faserspuren auch an den Asservaten aus den vorangegangenen Fällen vorhanden waren, aber einfach nicht gesichert wurden.“

      „Dann möchte ich, dass das nachgeholt wird“, erklärte unser Chef. „Schließlich beweisen diese Fasern, dass zumindest der Mord von Eileen Genardo in einer Wohnung verübt wurde.“

      „Ich glaube nicht, dass der Täter seine Vorgehensweise in diesem Punkt geändert hat“, mischte sich Gary Schmitt ein. „Die Teppichbodenfaser und der vermutliche Tatort – eine Wohnung – lassen auf eine nach Sicherheit strebende Person schließen. Das Opfer wird vermutlich zunächst in Sicherheit gewogen, eingeladen in den Wagen zu steigen...“

      „Woher wollen Sie wissen, dass der Täter einen Wagen benutzte?“, unterbrach in Mr McKee.

      Gary Schmitt zuckte die Schultern. „Ich weiß es nicht, ich sage nur, was zu der Person passen würde, mit der wir es zu tun haben“, stellte er klar. „Und vergessen wir nicht, dass ein Wagen von bisher noch nicht ganz geklärtem Fabrikat am Heckscher Playground gesehen wurde, bevor man schließlich Eileen Genardo dort fand.“

      „Der Täter lädt die Frauen ein, zu ihm in den Wagen zu steigen, bringt sie nach Hause, verabreicht ihnen dort die Betäubungsdroge und erwürgt sie dann mit einer Drahtschlinge“, schloss ich.

      „Im Mageninhalt aller Opfer ist Kaffee zu finden“, stellte Max fest.

      „Irgendetwas braucht unser Mann ja, in dem er das DSW-1 auflösen kann“, ergänzte Dr. Schmitt.

      „Der Kerl geht tatsächlich auf Nummer sicher“, stimmte Milo zu. „Ich meine, K.o.-Tropfen und Drahtschlinge, da kann für den Täter ja wohl wirklich nichts mehr schief gehen.“

      „Vergessen Sie nicht, dass die Oper auch noch gefesselt worden sind“, gab Gary Schmitt zu bedenken.

      „Heißt das, er hat mit der Tötung gewartet, bis das Opfer wieder erwacht ist?“, hakte Mr McKee nach, während auf seiner Stirn eine tiefe Furche erschien.

      „Inzwischen bin ich davon überzeugt“, gestand Gary Schmitt. „Unser Täter will, dass sein Opfer bei Bewusstsein