Walter G. Pfaus

Sommer Bibliothek 11 besondere Krimis


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so winzig geworden ist, dass Sie schon mit einem falschen Knopf in exzellenter Qualität filmen können!“

      „Ich hoffe nicht, dass das hier so etwas wie die Versteckte Kamera ist“, gab ich zurück.

      Sie schüttelte den Kopf. „Keine Sorge. Sie hatten Recht. Ich schreibe.“

      „Und gegenwärtig recherchieren Sie über den Barbier?“

      „Ja.“

      „Ich habe gleich gewusst! Es konnte kein Zufall sein, dass wir Ihnen am Heckscher Playground und hier begegnet sind. Woher wussten Sie, dass Eileen Genardo hier wohnte?“

      „Ich...“ Sie stockte. Dann setzte sie noch einmal an und brach erneut ab. Irgendwie schien meine Frage sie etwas durcheinander gebracht zu haben. „Wie gesagt, ich recherchiere schon länger in der Sache und habe mit Susan Michaels gesprochen, einer Bekannten von Gail Montgomery.“

      „Dem Opfer Nummer eins“, stellte ich fest.

      „Richtig. Der Fall Gail Montgomery liegt ja bereits sieben Jahre zurück. Inzwischen ist Susan mehrfach umgezogen und jetzt wohnt sie hier.“

      Ich zog einen Zettel aus der Innentasche meines Jacketts, auf dem ich mir die Personalien der Bewohnerinnen des Hotel Parrinder notiert hatte. Eine Susan Michels war dabei. Sie war von unserem Kollegen Fred LaRocca befragt worden. Angeblich hatte sie keine sachdienlichen Angaben machen können.

      „Sie ist da drin! Warum gehen Sie nicht einfach hinein und sprechen mit ihr?“, fragte ich.

      „Ich war bereits im Hotel. Aber man hat mich wieder vor die Tür gesetzt, als ich begonnen habe, Fragen zu stellen. Jetzt hoffe ich, dass Susan Michaels irgendwann mal vor die Tür geht, damit ich sie abpassen kann.“

      „Wie kommen Sie darauf, dass Susan Michaels wichtige Angaben machen könnte?“

      „Damals, im Fall Montgomery, war sie sehr redselig. Wir hatten uns beinahe etwas angefreundet, wenn das der richtige Ausdruck ist. Ich machte eine Reportage über die Prostitution in New York gemacht, wie die Frauen dieses Doppelleben in der Illegalität verkraften und so weiter. Natürlich wurde Susan darin nicht namentlich erwähnt, dann hätte ihr Zuhälter sie so grün und blau geschlagen, dass sie nie wieder hätte arbeiten können.“

      „Unserem Kollegen LaRocca gegenüber gab sie sich eher verschlossen“, antwortete ich.

      „Kein Wunder. Dieser Sonny Ricone ist ein brutaler Hund. Jedenfalls sagt man das über ihn. Ich kann schon verstehen, dass sie vorsichtig ist. Aber mir vertraut sie, denke ich.“

      „Was hat Sie Ihnen damals gesagt?“

      „Susan Michaels kam zu einem unserer Treffen mit kahl rasiertem Kopf. Man konnte sehen, dass da kein Meisterfrisör seine Hand im Spiel hatte. Jemand hatte ihr mit einer Rasierklinge ziemlich grob die Haare abrasiert. Der Kopf war übersät von kleineren Schnittwunden. Ich dachte erst, ihr Zuhälter hätte unseren Kontakt bemerkt und sie bestraft.“

      „Dann hätte er sich selbst bestraft, weil sie doch so nicht mehr arbeiten konnte, wie ich annehme“, ergänzte Milo.

      „Notfalls gibt es Perücken“, erwiderte Donna McNolan.

      „Wer war ihr Zuhälter damals?“

      „Jaden Nichols.“

      „Sieh an! Ein alter Bekannter!“, sagte ich. „Hatte er was damit zu tun?“

      Donna McNolan schüttelte den Kopf. „Sie sprach von einem perversen Freier, der Spaß daran hätte, einer Frau die Haare abzuschneiden. Und zwar auf die grobe Tour. Wenig später war Gail Montgomery dann tot.“

      „Warum hat Susan nie gegenüber der Polizei diesen Kerl erwähnt?“, fragte Milo. „Wir sind die Protokolle von damals mal durchgegangen, aber davon stand da nichts drin, da bin ich mir sicher.“

      „Ich denke, Jaden Nichols hat ihr damals den Mund verboten.“

      „Wie kam es, dass Susan jetzt für Sonny Ricone arbeitet?“

      „Das hing irgendwie mit dem Besitzerwechsel im ‚Hidden Joy’ zusammen.“

      „Sie meinen, Susan Michaels gehörte zur Handelsmasse?“

      „Das klingt menschenverachtend, aber Sie wissen ja wohl besser als ich, wie brutal die Regeln in diesem Geschäft sind. Susan hat es mir nie genau gesagt, aber es war wohl so, wie Sie vermuten.“

      Milo mischte sich jetzt in das Gespräch ein. „Vielleicht sollten wir beide Susan Michaels noch einmal wegen diesem Perversen auf den Zahn fühlen“, meinte er. „Schließlich könnte es doch sein, dass der in letzter Zeit wieder in der Gegend aufgetaucht ist und er irgendwann dazu überging, die Frauen nicht nur zu rasieren, sondern auch zu töten.“

      „Ja, aber bevor wir das versuchen, sollen wir Miss McNolan eine Chance lassen. Ich denke, dass Susan Michaels ihr gegenüber offener ist. Wir können immer noch mit einer regulären Vorladung kommen.“ Ich schob Donna McNolan meine Karte über den Tisch. „Rufen Sie mich an, sobald Sie mit Susan gesprochen haben.“

      „Ja, aber wie Sie sehen, kann das noch etwas dauern!“

      „Ihre Nummer hätte ich auch gerne.“

      Sie schob mir ebenfalls eine Visitenkarte über den Tisch.

      „Wir hören voneinander“, versprach sie.

      20

      „Ob das eine gute Idee war, muss sich erst noch zeigen“, meinte Milo, als wir wieder im Freien waren.

      „Fred hat versucht, Susan Michaels auszuquetschen und es hat nicht das Geringste gebracht“, gab ich zu bedenken. „Und wenn dieser seltsame Typ, der gerne Frauen rasiert, wieder aufgetaucht wäre, hätte Susan doch diesmal gefahrlos darüber reden können. Schließlich stand sie doch nicht mehr unter der Fuchtel von Jaden Nichols.“

      „Glaubst du wirklich, jemand wie Sonny Ricone ist humaner?“

      „Nein. Aber eigentlich ist es auch in seinem Interesse, wenn der Barbier so schnell wie möglich gefasst wird! Schließlich verunsichert das die gesamte Szene und außerdem muss das Gewerbe mit einer verstärkten Polizeipräsenz rechnen.“