Группа авторов

Future Skills in Medizin und Gesundheit


Скачать книгу

Langzeitkrankmeldungen sowie Fälle von Mobbing und hohem Mediationsbedarf auf.

      Das Selbstmanagement von Führungskräften und ihre Interaktionen in Teams haben Auswirkungen auf die gesamte Organisation. Instabile, destruktive Teams wirken sich insofern negativ auf die Gesamtorganisation aus, als dass sie mittelfristig durch fehlende Kooperation innerhalb der Gesamtorganisation, mangelnde Mitarbeiterbindung oder große Probleme in der Nachbesetzung von Stellen wirtschaftlichen Problemen begünstigen. Ein positiver, zukunftsorientierter und nachhaltiger Wandel der Gesamtorganisation gelingt nur mit konstruktiven, lösungsorientierten, offenen Teams und letztendlich Managern, die kommunikationszugewandte angstfreie Arbeitsumgebungen erzeugen.

      Neben den Wirkungsebenen von Gelassenheit können zwei unterschiedliche Situationstypen unterschieden werden, in denen Gelassenheit wirken kann und die unterschiedliche Coping-Strategien ermöglichen: (1) unmittelbare Situationen und (2) mittelbare Situationen.

      Eine unmittelbare Situation zeichnet sich dadurch aus, dass die Interaktion im „hier und jetzt“ stattfindet und einer Entscheidung oder Handlung bedarf, die nicht verschiebbar ist und der man nicht entkommen kann. Für das medizinische Personal kann es sich dabei beispielsweise um eine Notfallsituation im OP oder Schockraum handeln. Für den Manager einer Gesundheitseinrichtung kann es ein Meeting sein, in dem auf eine unerwartete Situation spontan reagiert werden muss. Gelassenheit zeigt sich in solchen Situationen durch überlegte, ruhige Kommunikation und lösungsorientierte Führung; fehlende Gelassenheit in negativ emotionalen Verhaltensweisen wie Augen verdrehen, verbalem Ausrasten und unangemessenem Tonfall. Die Auswirkung von Gelassenheit ist in solchen Situationen unmittelbar und wirkt direkt auf die anderen Teammitglieder, welche die Reaktion wahr- und aufnehmen. Durch den Bedarf gemeinsamer Handlungsweisen können Lösungen und Entscheidungen dadurch stagnieren.

      Eine mittelbare Situation zeichnet sich dadurch aus, dass Entscheidungs- und Handlungskompetenzen nicht völlig unerwartet und sofort umgesetzt werden müssen. Meist sind Führungskräfte in solchen Situationen allein oder zumindest nicht direkt in Interaktionen. Es kann sich dabei um die Vorbereitung eines wichtigen Termins handeln, um das Treffen einer sehr wichtigen Entscheidung oder auch einfach um einen überfordernden Arbeitstag, in dem viele Themen parallel bearbeitet werden müssen und man das Gefühl hat, nicht zu wissen, wo man anfangen und wie das zu schaffen sein soll. In diesen mittelbaren Situationen hat man die Möglichkeit, „einen Schritt zurückzutreten“, die Situation zu reflektieren und angemessen zu reagieren.

      Der Unterschied zwischen beiden Situationstypen liegt im unterschiedlich langen Spielraum zwischen der der Situationswahrnehmung und der Reaktion, den man sich für die Verarbeitung und Reaktionsauswahl einräumen kann.

       „Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“ (Viktor Frankl)

      In beiden Situationstypen ist es für Führungskräfte wichtig, die Situation und das eigene Erleben zu reflektieren, erste affektive Handlungsimpulse und Emotionen zu unterdrücken und zu einer konstruktiven, ziel- und lösungsorientierten Reaktion zu finden. Es geht – um bei den Worten von Viktor Frankl zu bleiben – darum, den Raum zwischen Reiz und Reaktion kontrolliert, sinnvoll und zielführend zu nutzen. Das gelingt in mittelbaren Situationen natürlich einfacher, da keine sofortige Reaktion notwendig ist. Hier hat die Führungskraft mehr Zeit, die Situation und das eigene Empfinden zu reflektieren, Affekte zu hinterfragen und Handlungsstrategien bewusst anzuwenden. In unmittelbaren Situationen müssen Impulskontrolle, Reflexion und zielführende Handlungsauswahl sofort erfolgen und daher erlernte und verinnerlichte Verhaltensweisen sein.

      Wie können konkrete Handlungsstrategien entwickelt, gelernt und durch Reflexionstechniken verinnerlicht werden?

       5.3 Gelassenheit für den Führungs- und Berufsalltag: Reflexions-und Handlungsstrategien

      Als Manager ist es wichtig, von der Freiheit Gebrauch zu machen, wie man eine Situation interpretiert und darauf reagiert. Dazu ist es entscheidend, sich zum einen selbst immer wieder zu reflektieren und damit die kritischen Situationen und Trigger-Points für eigene affektive und destruktive Reaktionen kennenzulernen. Zum anderen müssen Coping-Strategien entwickelt und angewendet werden, um diese Reaktionen zu vermeiden und in unmittelbaren als auch mittelbaren Situationen die Gelassenheit zu bewahren, um richtige Entscheidungen zu treffen und Vorbild zu sein. Diese Selbstreflexionen und Coping-Strategien lassen sich am besten in ruhigen Phasen lernen und trainieren, um sie in der nächsten hektischen, stressigen Situation anwenden zu können.

      In unserer Befragung haben wir die Manager auch dazu befragt, wie sie Gelassenheit im Alltag ein- und umsetzen. Dabei können zwei Ebenen unterschieden werden: individuelle, mentale Gelassenheitsstrategien, die den Umgang mit Stresssituationen verbessern, sowie Gelassenheitsstrategien auf System- und Teamebene, welche die Rahmenbedingungen der Arbeitswelt von Managern beeinflussen.

       5.3.1 Gelassenheitsstrategien auf individueller Ebene

      

Alltagsstrukturen: Um täglich das Gefühl zu haben, dass die Themen nicht entgleiten, hilft es sich mittels folgender Leitfragen – auch wenn unerwartete Situationen eintreten werden – eine Alltagsstruktur zu schaffen.

      1.Beginn des Arbeitstages: Welche Ziele sind heute zu erreichen? Welche außerordentlichen Termine und Besprechungen stehen an? Wie sieht mein Zeitplan aus?

      2.Unerwartete Gegebenheiten reinlassen und Grenzen kennen: Habe ich heute Lücken für Mails, der Lösung von unerwarteten Situationen, ein Ohr für Mitarbeitende oder Kollegen? Wenn ja, wann? Wann definitiv nicht? Setzen Sie klare Grenzen: Selbsthilfe geht immer vor Fremdhilfe, wie im Flugzeug beim Aufziehen der Sauerstoffmasken.

      3.Selbstführsorge um gelassen zu bleiben: Was brauche ich (heute), um meinen Energiestand hochzuhalten? Wo kann ich das aktiv einbauen? Was und wer hilft mir in stressigen Situationen?

      4.Vogelperspektive und Metaebene: Was ist gerade Status quo? Und was meine Wahrnehmung? Was ist jetzt wirklich wichtig? Wo muss ich zur Lösung anregen, wo selbst eingreifen?

      5.Einplanung des Nichtplanbaren: Gibt es Herausforderungen, die heute zu lösen sind? Was ist dazu wichtig? Wer kann dabei ggf. unterstützen oder zur Reflexion helfen? An wen kann ich welchen Baustein delegieren?

      6.Zum Abschluss des Arbeitstages/der Arbeitswoche: Wie ist es gelaufen? Habe ich alle Ziele erreicht? Was musste ich umpriorisieren? Welche Learnings habe ich heute/im Wochenverlauf generiert?

      

Situationsanalyse und -reflexion: In welcher Situation haben Sie es nicht geschafft, gelassen zu bleiben und zufriedenstellend zu reagieren? Reflektieren Sie Ihre Trigger und Faktoren, die dazu geführt haben, dass Sie so reagiert haben. Verurteilen Sie sich nicht – lernen Sie aus der Situation für die Zukunft und ziehen Sie weiter. Erweitert kann es nützlich sein, ein Situationstagebuch anzufertigen, um den eigenen Progress über einen längeren Zeitraum zu erfassen. Halten Sie darin die Situation inkl. der Trigger fest, die Sie aus dem Gelassenheitszustand gebracht hat. Schreiben Sie sich für die nächste Situation auf, was der Auslöser war, was Sie das nächste Mal anders machen wollen.

      

Check-In-Technik: Wenn Sie das Gefühl bekommen, dass der Alltag Ihnen über den Kopf wächst, suchen Sie sich für wenige Minuten einen stillen Ort und vergegenwärtigen Sie sich, was gerade los ist: Atmen Sie tief durch und nehmen Sie ganz bewusst die Gegenwart an: wo sind Sie gerade? Was sehen und hören Sie? (Warum) Stressen mich gerade meine Emotionen oder Gegebenheiten? Setzen Sie Ihre Situation in realistische Relation: im Gegenzug zu