jemanden konsultieren, der sich gut genug mit Musik auskannte, dass er den Wert des Angebots beurteilen könnte. Ein Lehrer an einer guten Musikschule wurde angefragt Marias Stimme zu testen und seine Meinung zu ihrem Plan abzugeben. Als Maria die schwachen, schwankenden Klänge hörte, die sie von sich gab, als sie dem Meister vorsang, wurde sogar sie überzeugt, dass der Fernlehrkurs das Nachdenken nicht lohnte.“ (Richmond 1922: 39f.).
6 „Nur Entlastung“ (Richmond 1922: 167).
7 Historische Informationen aus: Müller 20064, Hering, Münchmeier 20053, Rätz-Heinisch, Schröer, Wolff 2009.
8 Informationen weitgehend aus: Iben 1967.
9 Informationen weitgehend aus: Korzilius 2005.
10 Historische Informationen aus: Müller 20064, Hering, Münchmeier 20053, Rätz-Heinisch, Schröer, Wolff 2009, Birtsch, Münstermann, Trede 2005.
11 Informationen zum Kinder- und Jugendhilfegesetz aus: Münder 2006.
12 Das Kinder- und Jugendhilfegesetz ist als 8. Buch im Sozialgesetzbuch verortet, entspricht also dem SGB VIII.
13 Die Informationen zur Ambulanten Intensiven Begleitung entstammen weitgehend dem ausführlichen Band von Möbius und Klawe 2003.
[30][31]Die Ambulante Einzelbetreuung
Datenbasis und statistische Quellen
Schon das Jugendwohlfahrtsgesetz verpflichtete zum Sammeln statistischer Daten zur Jugendhilfe, die vom Statistischen Bundesamt direkt bei den Jugendämtern und den Jugendhilfeträgern erhoben und in die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik eingepflegt wurden14. Mit der Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, mit dem Kinder- und Jugendhilfeerweiterungsgesetz (KICK) 2005 und dem Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) 2012 wurde diese schrittweise ausgebaut.
Die Jugendämter exportieren den Beginn und die Beendigung der Hilfen zur Erziehung direkt und in anonymisierter Form aus ihren elektronischen Datenverarbeitungssystemen an die statistischen Landesämter. Durch Publikationen und auf einer Internetseite (www.destatis.de) macht das Statistische Bundesamt diese Daten der Öffentlichkeit zugänglich. Thematisch aufbereitete Statistiken werden dreimal jährlich und kostenlos über die Zeitschrift KomDat des Informationsdienstes Kinder- und Jugendhilfe (AKJStat) publiziert (www.akjstat.uni-dortmund.de).15
Kurze Zeit nach Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes wurde die sogenannte JULE-Studie – „Leistungen und Grenzen der Heimerziehung“ von Thiersch und anderen (1998) – durchgeführt. Sie bezog sich nur auf stationäre und teilstationäre Jugendhilfeangebote. Die sogenannte JES-Studie – „Effekte erzieherischer Hilfen und ihre Hintergründe“ von Schmidt und anderen (2002) – bezog erstmalig alle Jugendhilfemaßnahmen nach dem Hilfekatalog des KJHG ein und befasste sich damit auch mit der Erziehungsbeistandschaft. Die Datenlage zur Hilfeform ambulante Einzelbetreuung ist insgesamt gering. Einzig eine Untersuchung von Fröhlich-Gildhoff von 2003 bezieht sich genauer auf diese Hilfeform. Regina Rätz-Heinisch untersuchte im Rahmen ihrer qualitativen Studie „Gelingende Jugendhilfe bei aussichtslosen Fällen“ (2005), bei der sie biografische Bezüge von Jugendhilfeverläufen betrachtete, auch flexible und ambulante Angebote.
Sämtliche verfügbaren Daten belegen, dass seit der Einführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes die Anzahl der ambulanten Einzelbetreuungen erheblich angewachsen ist16. 2014 betrugen die am 31.12. des Jahres laufenden Hilfen knapp das Doppelte des entsprechenden Wertes von 1995, obwohl seit 2010 demografische Rückgänge bei den Jugendlichen sichtbar werden (s. Tabelle 1).
[32]Tabelle 1: Zunahme der ambulanten Einzelbetreuungen (1995–2014)
§ 30 (Erziehungsbeistandschaft, Betreuungshelfer) (laufende Fälle am 31.12.) | |
1995 | 16.231 (100 %) |
2000 | 22.024 |
2005 | 25.847 |
2010 | 35.400 |
2014 | 29.896 (+ 84 %) |
Quelle: Stat. Bundesamt.
Erhöhte Fallzahlen in den Hilfen zur Erziehung können als Indiz für sich ausweitende gesellschaftliche Problematiken interpretiert werden, insbesondere als Effekt der Erosion traditioneller Familienstrukturen, eines zunehmenden Anpassungsdrucks im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt, der Individualisierung der Lebensläufe und der globalen Wanderungsbewegungen und damit einem problematisch erhöhten Migrationsanteil in der Bevölkerung (vgl. Beck 1986, Vester, Oertzen, Geiling, Hermann, Müller 2001). Vor allem in ländlichen Gebieten und in den neuen Bundesländern könnte sich der Infrastrukturabbau infolge der demografischen Entwicklung verschärfend auswirken.
Andere Erklärungsansätze sehen in einem erhöhten Normalitätsdruck in den Sozialisations- und Bildungsinstitutionen – Familien, Betreuungseinrichtungen und Schulen – die Ursache für anwachsende Fallzahlen in der Jugendhilfe. Dieser Erklärung entsprechend haben sich nicht primär die Kinder und Jugendlichen und ihre Lebenskontexte zum Negativen verändert, sondern die Sozialisations- und Bildungsinstitutionen sind normativer, rigider und exklusiver geworden, wodurch Minderjährige häufiger und schneller als früher aus dem normalen Bildungsgang heraus segregiert werden und sich in der Folge nur schwer in das Erwerbsleben integrieren können.
Aber nicht für alle Jugendhilfemaßnahmen ist in den letzten Jahren eine gleichmäßiger Anstieg erkennbar. So stagnierten die stationären Maßnahmen oder nahmen sogar zahlenmäßig ab, wogegen die ambulanten Hilfen und die Unterbringungen in Pflegefamilien zunahmen.
Diese Umverteilung ist auch ein Ergebnis der Strategie von Jugendämtern, kostenintensive stationäre Maßnahmen durch kostengünstigere ambulante Hilfen zu ersetzen17. Das KJHG setzte auf eine eindeutige familienunterstützende Orientierung und ordnete die Fremdunterbringung als nachrangig in der Hilfepalette ein. Zunehmende Fallzahlen in der ambulanten Jugendhilfe signalisieren, dass die gewünschte Neuausrichtung der Jugendhilfe hin zu mehr ambulanten und familienunterstützenden und -ergänzenden Hilfen im Wesentlichen gelungen ist.
Die ambulanten Jugendhilfen gingen aus einem hauptsächlich ehrenamtlich organisierten Bereich der Jugendhilfe hervor. Dies wirkt sich bis heute auf die Trägerlandschaft für diese Hilfearten aus. Insgesamt ist das Geschehen bei den ambulanten Einzelbetreuungen deutlich marktförmiger und zersplitterter strukturiert als bei den anderen Hilfen zur Erziehung. Die öffentlichen Träger und großen Wohlfahrtsverbände sind [33] weniger präsent. Dagegen sind privatwirtschaftliche Unternehmen doppelt so häufig aktiv. Vereinzelt werden Ambulante Einzelbetreuungen immer noch von Honorarkräften durchgeführt. Die Wahl der Hilfeart und die Organisation der Hilfe hat Einfluss auf die Kosten, die den Jugendämtern entstehen. Zurzeit liegen die Kosten, die ein freier Träger der Jugendhilfe einem Jugendamt für eine durchgeführte Fachleistungsstunde ambulanter Jugendhilfe (Sozialpädagogische Familienhilfe oder Erziehungsbeistandschaft) in Rechnung stellt, bei ca. 45–55 €. Ein fest angestellter Sozialpädagoge verursacht dem anstellenden öffentlichen oder freien Träger Kosten von ca. 45 €.18 Unter reinen Kostengesichtspunkten beinhaltet die Beschäftigung von Honorarkräften für die kommunalen Auftraggeber ein erhebliches Einsparpotenzial, vor allem wenn zusätzlich Maßnahmen zur Qualitätssicherung und -entwicklung eingespart werden.
Im Gesetzestext des Kinder- und Jugendhilfegesetzes war die Erziehungsbeistandschaft ursprünglich als eher niedrigschwellige familienunterstützende Hilfe angedacht, wogegen die intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung nach § 35 SGB VIII zu den Maßnahmen höchster Intensität gehörte noch jenseits der aufwändigen und kostenintensiven stationären Maßnahmen. Diese Spannbreite hat sich mit mittleren Stundenzahlen zwischen fünf und sieben Stunden in der Woche angeglichen. Hinsichtlich der Dauer lagen sie bei durchschnittlich etwa einem Jahr.
Wen erreicht die Hilfe?
Die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik bildet auch ab, bei welchen Zielgruppen die ambulante Einzelbetreuung bevorzugt eingesetzt wird.
Männliche