Группа авторов

Die »Ereignismeldungen UdSSR« 1941


Скачать книгу

Paeffgen

      Pol. Rat Pommerening

      IV-GSt.

      IV A l d (7 Reserve)

       Aus:BAB, R 58/215

      1 Hinrich Lohse (1896–1964) übernahm am 25.7.1941 das RKO mit Dienstsitz zunächst in Kowno, später in Riga. Dem RKO unterstand – laut Hitler-Weisung „persönlich u. unmittelbar“ – der HSSPF Ostland (zunächst Prützmann, ab Mitte Oktober 1941 Jeckeln), ohne daß die Zivilverwaltung dadurch an Himmler vorbei maßgeblichen Einfluß auf den Polizei-u. SS-Apparat in ihrem Hoheitsgebiet bekam. Analog zu anderen Besatzungsgebieten nahmen die Berliner CdS u. CdO im RKO ihre Befugnisse über den BdS bzw. BdO wahr; in den Gen.komm. Litauen, Lettland, Estland, später auch Weißruthenien wurden analog KdS-u. KdO-Dienststellen mit zwischengeschalteten SSPF geschaffen; biographisch: Wilhelm: Die Einsatzgruppe A, S. 486; vgl. Wolfganz Benz/Konrad Kwiet/Jürgen Matthäus (Hrsg.): Einsatz im „Reichskommissariat Ostland“. Dokumente zum Völkermord im Baltikum und in Weißrussland 1941–1944, Berlin 1998; Uwe Danker: Der gescheiterte Versuch, die Legende der „sauberen“ Zivilverwaltung zu entzaubern. Staatsanwaltschaftliche Komplexermittlungen zum Holocaust im „Reichskommissariat Ostland“ bis 1971, in: Robert Bohn (Hrsg.): Die deutsche Herrschaft in den „germanischen“ Ländern 1940–1945, Stuttgart 1997, S. 159–185; ders.: Die ‚Zivilverwaltung‘ des Reichskommissariats Ostland und der Holocaust: Wahrnehmung, Rolle und ‚Verarbeitung‘, in: Gaunt/Levine/Palosuo: Collaboration and Resistance During the Holocaust, S. 45–76.

      2 Gemeint ist Walter Braemer, begann 1932 nach Abschied aus Reichswehr zweite Karriere in der SS, 1937 Brif., reaktiviert Aug. 1939, Korück 580 bis Mai 1941, als Inhaber der vollziehenden Gewalt verantwortlich für die Massaker in Bromberg im Sept. 1939, 1942 General, 1944 Gruf.; vgl. Mallmann/Böhler/ Matthäus: Einsatzgruppenin Polen, S. 74f.; Hartmann: Wehrmacht im Ostkrieg, S. 106f., 640f.; zu seinem Wirken als Korück 580: ebd., S. 576f., 685f.

Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD Berlin, den 28. Juli 1941
IV A 1 – B.Nr. 1 B/41 g.Rs [Stempel: Geheime Reichssache!]
[Stempel: Lagezimmer]

      43 Ausfertigungen, 32. Ausfertigung

      Ereignismeldung UdSSR Nr. 36

      I) Politische Übersicht:

      Aus dem Reich und den besetzten Gebieten liegen keine Meldungen vor.

      II) Meldungen der Einsatzgruppen und -kommandos:

      Einsatzgruppe A: Standort Nowoselje. Keine Meldungen.

      Einsatzgruppe B: Standort Minsk.

      I) Polizeiliche Tätigkeit: a) Bei einer größeren Durchkämmungsaktion in Wilna wurden in Zusammenarbeit mit der GFP weitere 38 Personen festgenommen. Eine größere Anzahl von Waffen, Radiogeräten und Akten sind sichergestellt. Eine weitere Aktion führte zur Liquidierung von 193 Juden. Es wurden weiter zwei bewaffnete Einbrecher liquidiert, die auf frischer Tat festgenommen werden konnten. Eine jüdisch-polnische Geheimorganisation wurde ermittelt und mit V-Leuten durchsetzt. Ihre Aushebung erfolgt zweckmäßigerweise erst nach Vorliegen genauerer Unterlagen. Mit Hilfe von V-Personen wurde ein Organisationsplan des NKWD und NKGB in Wilna aufgestellt. Ob dieser Plan in allen Einzelheiten vollständig ist, läßt sich vorerst nicht mit Bestimmtheit sagen. b) In Minsk werden bis auf weiteres täglich etwa 200 Personen liquidiert.1 Es handelt sich dabei um bolschewistische Funktionäre, Agenten, Kriminelle, Asiaten usw., die aus dem Zivilgefangenenlager aussortiert werden.2 Unter den bereits Liquidierten befanden sich auch der politische Stabskommissar eines Regiments, Gregory Bylicz, 1890 in Lesog geb., und dessen Ehefrau, die beide an der Verschickung von Weißruthenen nach Sibirien großen Anteil gehabt haben. Ferner wurden Aktionen in Rakow, etwa 40 km von Minsk und in den Waldgebieten nördlich der Linie Minsk–Borissow–Krupka durchgeführt. 58 Juden, kommunistische Funktionäre und Agenten, Zuchthäusler sowie Soldaten in Zivil, bei denen der Verdacht bestand, daß sie mit Partisanengruppen Verbindung halten, wurden liquidiert. Es wurden außerdem 12 Jüdinnen erschossen, die nachweislich schon während des Polenfeldzuges als Agitatorinnen für die KP tätig waren. c) Hinsichtlich der Zugehörigkeit zur KP konnte auf Grund der bisher gesammelten Erfahrungen festgestellt werden, daß ein Großteil der Mitglieder die bolschewistische Weltanschauung innerlich ablehnten. Es ist im weiten Umfang von der sowjetischen Führerschicht ein Druck auf die Bevölkerung dahin ausgeübt worden, sich der KP anzuschließen. Personen, die sich ablehnend zeigten, wurden vielfach nach Sibirien verschickt, ins Gefängnis geworfen oder erschossen. Der Prozentsatz der zur Partei Gepreßten ist allerdings bei den einzelnen Volksgruppen verschieden. Die Zugehörigkeit der Juden ist allgemein aus innerer Überzeugung erfolgt. Dasselbe gilt für die sich im weißruthenischen Gebiet aufhaltenden Großrussen. Auch die Polen wurden bedrängt. Bei den Weißruthenen ist jedoch der Zwang zum Beitritt in die KP sehr häufig feststellbar gewesen. Die Kommandos sind angewiesen, diese Gesichtspunkte bei den Liquidierungen genau zu berücksichtigen. d) In Ergänzung des Berichtes v. 26.7.41 über die Osobyj Otdel wurde festgestellt, daß diese mit der in dem Fahndungsbuch über die UdSSR3, Bd. II, Seite 131 aufgeführten Sonderabteilung Osobyj Otdel identisch ist, deren Aufgebe die Leitung des geheimen Informationsdienstes innerhalb aller Instanzen der Armee und Flotte ist.

      II) Lebensgebietliche Tätigkeit: a) Die Aktivität der römisch-katholischen Kirche, deren Führung im weißruthenischen Gebiet vorwiegend polnischer Nationalität ist, macht sich immer mehr bemerkbar und versucht, zum Teil unter geschickter Einschaltung weißruthenischer Geistlicher, Missionsarbeit zu betreiben. Sie hat die berechtigte Hoffnung, auch die orthodoxe Bevölkerung an sich zu ziehen. Dies wird politisch für sehr bedenklich gehalten, da festgestellt wurde, daß unter Einfluß dieser Kirche sich auch römisch-katholische Weißruthenen als Polen ausgeben. Außerdem versucht die römisch-katholische Kirche, von uns mitgeführte Emigranten aus Warschau, die z. T. katholisch sind, wie Dr. Tumasch, Minsk, in ihre Missionsarbeit einzuspannen. Ferner ist geplant, russische Ordensbrüder aus dem Mariana-Kloster, z. Zt. in Warschau, nach früherer Niederlassung in Druina zurückzuführen. Als Bischofskandidat für Weißrußland wird Prof. Dr. Godlewski, z. Zt. angeblich Berlin, genannt. Zunächst sind folgende Abwehrmaßnahmen vorgesehen: 1) Die Einreise von römisch-katholischen Geistlichen in den weißruthenischen Raum ist zu verhindern. 2) Soweit bereits römisch-katholische Geistliche zugereist sind, sind diese unter einem fingierten Vorwand an ihren Ausgangsort zurückzuschicken. 3) Bereits seßhafte römisch-katholische Geistliche sind in ihrer Wirksamkeit auf den z. Zt. bewohnten Ort zu beschränken. Fahrten in andere Orte sind evtl. unter dem Hinweis auf ihre persönliche Sicherheit zu unterbinden. 4) Die im weißruthenischen Raum bereits eingesetzten und noch einzusetzenden Angehörigen der weißruthenischen Migration sind besonders hinsichtlich ihrer konfessionellen Bindungen zur römisch-katholischen Kirche zu überprüfen und entsprechend zu überwachen. 5) Die Arbeit der griechisch-orthodoxen Kirche ist beschleunigt zu aktivieren und zu unterstützen. Hierbei sind vor allem weißruthenische Geistliche anzusetzen. In Minsk wurden bereits mit dem aus Gegend Wolkowysk herangeholten Popen griechisch-orthodoxe Gottesdienste in der Friedhofskapelle abgehalten (2000 Gläubige versammelt, 45 Kinder getauft). Die Predigt wurde in Form des Dankes an den Führer abgehalten. b) Bevorzugter Einbau weißruthenischer Kräfte in Führungs-und Verwaltungsstellen des ehemals polnischen Gebietes und allmähliche Verdrängung und Ablösung der Polen zeigt bei diesen teilweise stimmungsmäßige Auswirkung. Einmal Enttäuschung über Durchkreuzung gehegter Pläne, zum anderen vereinzelt Andeutungen passiver Resistenz gegen deutschen Kurs und Racheabsichten an Weißruthenen zur gegebenen Zeit. Äusserung: „Der deutsch-englische Krieg sei noch nicht zu Ende“. Genauere Feststellungen darüber sind noch nicht abgeschlossen, da die Bevölkerung sehr vorsichtig in ihren Äusserungen ist. c) Die allgemeine Stimmung und Lage in Minsk und seiner ländlichen Umgebung wird durch vielfach rücksichtslose Requirierungen negativ beeinflußt. Für das Wirtschaftsleben in Minsk wurde eine Preisliste festgelegt, die Lohnfrage wurde geregelt. Eröffnung des freien Handels ist in Vorbereitung. Durch die Reichskreditkasse wurde für Minsk ein