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Der undankbare Kontinent?


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soll ihm Bildung, Kompetenz und Dynamik seiner führenden Köpfe bringen. Man soll der brutalen Ausdünnung der afrikanischen Eliten ein Ende setzen, weil Afrika diese Eliten für seine Entwicklung braucht.

      Die Jugend Afrikas will nicht auf Gedeih und Verderb den skrupellosen Schlepperbanden ausgeliefert sein, denen euer Leben nichts bedeutet.

      Die Jugend Afrikas will, dass ihre Würde gewahrt bleibt.

      Sie möchte studieren, arbeiten, anständig leben können. Im Grunde will das ganz Afrika. Afrika will keine milde Gabe. Afrika will keine Hilfe. Afrika will keine Sonderbehandlung.

      Afrika will und verdient Solidarität, Verständnis und Respekt.

      Afrika will, dass man nicht an seiner Stelle die Zukunft plant, dass man nicht an seiner Stelle denkt und entscheidet.

      Afrika will, was Frankreich will, nämlich: Kooperation und Zusammenschluss, Partnerschaft zwischen Nationen, die gleich an Rechten und Pflichten sind.

      Jugend Afrikas! Wollt ihr Demokratie, wollt ihr Freiheit, wollt ihr Gerechtigkeit, wollt ihr das Recht? Es liegt nun an euch. Frankreich wird nicht für euch entscheiden. Aber wenn ihr euch für Demokratie, Freiheit, Gerechtigkeit und das Recht entscheidet, dann wird sich Frankreich mit euch zusammenschließen, um alle diese Werte zusammen mit euch zu errichten.

      Ihr jungen Afrikaner, so wie die Globalisierung verläuft, gefällt sie euch nicht. Afrika hat schon einen zu hohen Preis für das Trugbild des Kollektivismus und des Progressivismus bezahlt, um sich nun auch dem Trugbild des Laisser-faire zu beugen.

      Ihr jungen Afrikaner, ihr glaubt an die Vorteile des freien Handels, aber auch daran, dass er keine Religion sein darf. Ihr glaubt, dass die Konkurrenz Zweck, aber kein Selbstzweck ist. Ihr glaubt nicht an das Laisser-faire. Ihr wisst, dass ein zu naives Afrika leicht zur Beute der Raubtiere dieser Welt werden würde. Und das wollt ihr nicht. Was ihr wollt, ist eine andere Globalisierung, mit mehr Menschlichkeit, mehr Gerechtigkeit, mehr Regeln.

      Ich bin gekommen euch zu sagen, dass auch Frankreich das will. Frankreich will kämpfen, Seite an Seite mit Europa, mit Afrika, mit all jenen in der Welt, die die Globalisierung umgestalten möchten. Wenn Afrika, Frankreich und Europa das gemeinsam wollen, dann wird es uns gelingen. Doch wir können nicht an eurer Stelle Wünsche äußern.

      Ihr jungen Afrikaner, ihr wollt Entwicklung, ihr wollt Wachstum, ihr wollt die Anhebung des Lebensstandards.

      Aber wollt ihr das wirklich? Wollt ihr, dass Willkür, Korruption und Gewalt ein Ende haben? Wollt ihr, dass Eigentum respektiert wird, dass Geld nicht abgezweigt, sondern investiert wird? Wollt ihr, dass der Staat wieder das tut, was er zu tun hat, dass er von erdrückender Bürokratie, von Schmarotzertum und Vetternwirtschaft befreit wird, dass seine Autorität wiederhergestellt wird, dass er sich gegen feudale Strukturen und Korporatismus durchsetzt? Wollt ihr, dass es überall verlässlich einen Rechtsstaat gibt, in dem jeder weiß, was er von den anderen erwarten darf?

      Wenn ihr das wollt, stellt Frankreich sich mit Nachdruck an eure Seite, aber niemand kann das an eurer Stelle wollen.

      Wollt ihr, dass es auf afrikanischem Boden keine Hungersnot mehr gibt? Wollt ihr, dass auf afrikanischem Boden nie mehr ein Kind an Hunger stirbt? Dann strebt die Autarkie im Lebensmittel­bereich an! Fördert Lebensmittelkulturen! Zuallererst muss Afrika selbst produzieren, um die Ernährung zu sichern. Wenn ihr das wollt, ihr jungen Afrikaner, dann haltet ihr die Zukunft Afrikas in euren Händen, und Frankreich wird mit euch zusammenarbeiten, um diese Zukunft zu errichten.

      Ihr wollt gegen die Umweltverschmutzung kämpfen? Ihr wollt nachhaltige Entwicklung? Ihr wollt, dass jetzige Generationen nicht mehr zu Lasten der zukünftigen Generationen leben? Ihr wollt, dass jeder den wahren Preis für das bezahlt, was er verbraucht? Ihr wollt saubere Technologien entwickeln? Die Entscheidung liegt bei euch. Aber wenn ihr euch dafür entscheidet, wird Frankreich sich an eure Seite stellen.

      Ihr wollt Frieden auf dem afrikanischen Kontinent? Ihr wollt kollektive Sicherheit? Ihr wollt die friedliche Regelung von Konflikten? Ihr wollt dem teuflischen Kreislauf von Rache und Hass ein Ende bereiten? Die Entscheidung liegt bei euch. Und wenn ihr euch dafür entscheidet, meine afrikanischen Freunde, wird Frankreich sich an eure Seite stellen wie ein durch nichts beirrbarer Freund, aber Frankreich kann nicht an eurer statt, an der Stelle von Afrikas Jugend wollen.

      Ihr wollt die afrikanische Einheit? Das ist auch Frankreichs Wunsch.

      Frankreich wünscht nämlich die Einheit Afrikas, da nur die Einheit Afrikas Afrika den Afrikanern zurückgeben wird.

      Frankreich will mit Afrika gemeinsam der Wirklichkeit ins Auge sehen. Eine Politik der Realitäten und nicht mehr eine Politik der Mythen machen.

      Frankreich will zusammen mit Afrika die gemeinsam verantwortete Entwicklung erreichen.

      Frankreich will mit Afrika gemeinsame Projekte verwirklichen, gemeinsame Wettbewerbszentren, gemeinsame Universitäten, gemeinsame Forschungsstätten.

      Frankreich will mit Afrika eine gemeinsame Strategie im großen Zusammenhang der Globalisierung erarbeiten.

      Frankreich will zusammen mit Afrika eine Immigrationspolitik erreichen, die gemeinsam ausgehandelt und gemeinsam beschlossen wird, damit Afrikas Jugend in Frankreich und in ganz Europa in Würde respektvolle Aufnahme findet.

      Frankreich will zusammen mit Afrika eine Allianz der französischen und der afrikanischen Jugend schaffen, damit die Welt von morgen eine bessere Welt wird.

      Frankreich will zusammen mit Afrika Eurafrika vorbereiten, jene große gemeinsame Bestimmung, die Europa und Afrika bevorsteht.

      Jenen, die dem großen Projekt der Mittelmeerunion, die Frankreich allen Mittelmeerländern vorgeschlagen hat, mit ­Misstrauen begegnen, möchte ich sagen, dass es keinesfalls das Bestreben Frankreichs ist, die afrikanischen Staaten südlich der Sahara auszuschließen, sondern dass es im Gegenteil darum geht, aus dieser Union den Angelpunkt für Eurafrika zu machen, eine erste Etappe des umfassenderen Traumes von Frieden und Wohlstand zu erreichen, jenes Traumes, den gemeinsam entstehen zu lassen Europäer und Afrikaner befähigt sind.

      Dann und nur dann, meine lieben Freunde, wird der kleine Sohn Afrikas, der schwarze Junge, den Camara Laye besingt, in der Stille der afrikanischen Nacht kniend erfahren und begreifen, dass er den Kopf heben und vertrauensvoll der Zukunft ins Auge blicken darf. Dann wird dieser Junge Camara Layes die Versöhnung der beiden Teile seiner selbst in sich fühlen können. Und endlich wird er sich als Mensch unter allen Menschen der Menschheit fühlen.

      Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

      Übersetzt von Reinhart Hosch

      Das Afrika des Nicolas Sarkozy

      Achille Mbembe

      Achille Mbembe ist 1957 in Kamerun geboren. Er hat an der Pariser Sorbonne ein Doktoratsstudium in Geschichte abgeschlossen. Am Institut d’Études Politiques in Paris absolvierte er ein D. E. A. (Diplôme d’Études approfondies). Von 1988 bis 1991 wirkte er als Assistant Professor für Geschichte an der Columbia University in New York. Er war Senior Research Fellow am Brookings Institute in Washington, D. C. (1991–1992), Associate Professor an der University of Pennsylvania (1992–1996) sowie Executive Director beim CODESRIA (Council for the Development of Social ­Science Research in Africa) von 1996 bis 2000. Als Gastprofessor wirkte er an der University of California, Berkeley (2001) und an der Yale University (2003). Heute unterrichtet er Geschichte und Politikwissenschaft an der Universität Witwatersrand in Johannesburg und ist als Senior Researcher am Wits Institute for Social and Economic Research (WISER) tätig. Zu seinen zahlreichen Publikationen über afrikanische Geschichte und Politik zählt La naissance du maquis dans le Sud-Cameroun (Paris, Karthala, 1996). Für sein Buch De la postcolonie. Essai sur l’imagination politique dans l’Afrique contemporaine, das 2000 in Paris erschien und ein Jahr später unter dem Titel On the Postcolony bei der University of California Press herauskam, erhielt er 2006 den Bill Venter/Altron Award.

      Hätten sie Gelegenheit dazu gehabt, die Mehrheit der frankophonen