Elke Bader

Fidel Castro inkl. Hörbuch


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       Die Paten

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      Im Frühjahr des Vorjahres, am 10. März 1952, hatte Fulgencio Batista in einem Militärputsch die Macht an sich gerissen. Der mulattische Gernegroß mit dem pomadisierten schwarzen Haar stammte von verarmten Bauern aus der Provinz Oriente im Osten Kubas.

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      Fulgencio Batista y Zaldívar mit seiner Frau und seinem Sohn an Weihnachten 1937. Bildquelle: AKG

      Seine Karriere erfüllt das Klischee des klassischen amerikanischen Traums – vom verarmten Bananenpflücker brachte er es zum Multimillionär. Zunächst im Hintergrund agierend, galt der Feldwebel bereits 1933 als entscheidender Drahtzieher der amerikanisch-kubanischen Politik und brachte es 1940 zum Präsidenten. Damals hatte Batista gemeinsam in einer Allianz mit den Kommunisten sogar an einer der fortschrittlichsten Verfassungen Lateinamerikas mitgewirkt. Diese hatte nicht nur beachtliche bürgerliche Freiheiten garantiert sondern vor allem auch soziale und wirtschaftliche Sicherheiten wie den 8-Stunden-Tag, eine allgemeine Sozialversicherung und einen vierwöchigen Jahresurlaub.9 Batista ließ auch Schulen und Krankenhäuser errichten, Straßen und Brücken bauen. Doch die Kommunisten gerieten unter Generalverdacht, als ihre kläglichen Rechtfertigungsversuche des Hitler-Stalin-Paktes von 1939 ihren Kampf gegen den Faschismus plötzlich als Heuchelei bloßstellten – das blutdürstige „Zwillingsgestirn10 hatte sich soeben Polen einverleibt. Dies war der Moment für Batista, sein linksrevolutionäres Gewand abzulegen und in ein rechtskonservatives zu schlüpfen. Hatte er anfangs noch Beziehungen zur Sowjetunion gepflegt, wurde er nun zum Vasallen der USA. In der Außenpolitik setzte er ein klares Signal, als er im Schulterschluss mit Washington Hitler-Deutschland 1941 den Krieg erklärte. Nach vier Jahren an der Macht, war jedoch eine weitere Kandidatur für Batista ausgeschlossen, die Opposition übernahm das Ruder und er musste zurücktreten. Batista tat dies als reicher und gemachter Mann. Kuba versank in Korruption, Gewalt, Machtmissbrauch und Pfründenwirtschaft. Das Bild der Karibik-Insel war geprägt von sozialer Armut, arbeitslosen Landarbeitern, militärischem Terror, mafiösen Strukturen und jenen reichen US-Amerikanern, deren Konzerne sich große Landflächen – zwei Drittel davon befanden sich in ihrem Besitz - und dazu noch die einträglichen Minen mit den Bodenschätzen gesichert hatten.

      In seinem Schlepptau hatte Batista auch stets jene Herren in blütenweißen Anzügen, die sich selbst die Hände nie schmutzig machten, weil sie die Erledigung ihrer Gegner gerne professionellen Auftragskillern überließen. 1946 fand in Havanna die wohl bedeutendste Gangster-Konferenz seit der Weltwirtschaftskrise statt. Fürstlich tagten die Bosse der größten Mafia-Familien im Luxushotel Nacional de Cuba, am Malecón gelegen, der berühmten Uferstraße Havannas.

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      Havanna, Hotel Nacional de Cuba. Bildquelle: Christa Schmalzried, Elke Bader

      Mit von der Partie waren der pockennarbige Lucky Luciano, so illustre Gestalten wie „Drei-Finger-Brown“ – Thommy Lucchese, „der Hinrichter“ Albert Anastasia, die Al-Capone-Erben Charlie und Rocco Fischetti, um nur einige wenige zu nennen11. Last not least der große Gangster-Boss Frank Costello, Vorbild für die Hauptfigur Vito Corleone in Mario Puzos Roman „Der Pate“. Marlon Brando verkörperte ihn im gleichnamigen Film.

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      Francesco Castiglia alias Frank Costello (1891-1973) bei einer Befragung im Kefauer Committee 1951. Bildquelle: Wikipedia

      Gemeinsam beschloss man in Havanna den Auftragsmord an dem Gangster und Playboy Bugsy Siegel, teilte die Netze für den Drogenschmuggel unter sich auf und legte den Grundstein für das Glücksspielgewerbe auf Kuba. Unterhaltsame Höhepunkte zum Abschluss der Konferenz boten zwölf nackte Mädchen, die ihre Talente den Mafiosi andienten, was in eine wüste Orgie ausartete. Ihr folgte der Auftritt eines zwar sehr dürren, ja schmächtigen, doch stimmgewaltigen und zum Pop Idol aufgestiegenen Entertainers: Frankie Boy - Frank Sinatra.12

      Auch wenn Lucky Luciano auf Druck der USA 1947 Kuba verlassen musste, das organisierte Verbrechen hatte sich dort bereits fest eingenistet. Einer der smartesten und einflussreichsten Gangster-Bosse war Meyer Lansky.

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      Meyer Lansky (1902-1983). Bildquelle: Wikipedia

      Gejagt vom amerikanischen FBI, fand er schließlich im Kuba seines Duzfreundes Batista Zuflucht. Als dessen Berater sollte Meyer Lansky Havanna zur größten Vergnügungsmetropole ganz Lateinamerikas machen: Nachtclubs, Bordelle, Luxushotels und Spielcasinos füllten ihre Schwarzgeldkonten wie von selbst.

      1952, nach all den Jahren des Luxuslebens in Florida, griff Batista in seiner alten Heimat nun wieder direkt nach der Macht. Es waren seine Freunde aus dem Militär und aus den Zirkeln des organisierten Verbrechens, die sich ihm als Steigbügelhalter andienten.

      Unter solchen Umständen hätte Batista freilich keine Chance gehabt, die bevorstehenden Wahlen zu gewinnen, denn nicht nur die kubanische Oberschicht verachtete den damals 51jährigen als halbseidenen, korrupten Gangster13. Als Mulatte hatte er im Übrigen noch nicht einmal Zutritt zum exklusiven „Havanna Yacht Club“. Nur mit militärischem Rückhalt gelang ihm schließlich der Staatsstreich. „Wir sind das Gesetz!“ ließ er die wachhabenden Soldaten wissen und bezahlte sie für ihr Stillhalten mit doppeltem Sold14. Ein Leichtes, hatte ihm die Mafia doch dafür ihre Portokasse zur Verfügung gestellt. Die rechtmäßige Verfassung wurde außer Kraft gesetzt, die Opposition durch Druck mundtot gemacht. Und nur zwei Wochen nach seinem Putsch wurde Batista von der US-Regierung als neuer kubanischer Präsident anerkannt. Die Bundesrepublik Deutschland unter ihrem Bundespräsidenten Theodor Heuss verlieh dem Diktator noch im Mai 1957 das Bundesverdienstkreuz – eine peinliche Verfehlung, die bei der Vergabe dieses Ordens allerdings nicht die einzige bleiben sollte.

      Vergessen war die Verfassung von 1940, weder Batista noch seinen Geldgebern stand der Sinn nach Reformen sondern nach Reichtum. Hemmungslos füllten sie ihre eigenen Taschen. Kuba verkam zum Sündenbabel, Mädchen aus den Armenvierteln dienten sich für ein paar Dollar Touristen an. Besonders US-Amerikanern bot das freizügig erotische Angebot eine willkommene Abwechslung zur puritanischen Prüderie im eigenen Land. Diese Spaßgesellschaft schien es nicht zu stören, dass sie vergnügt auf den Trümmern der kubanischen Demokratie und ihrer gescheiterten Reformversuche tanzte, während ihre Gastgeber unter das Joch der Diktatur gezwungen wurden.

      Fidel Castro beschrieb die damalige Zeit als Jurastudent an der Universität: „Es war eine Atmosphäre aus Macht, Furcht und Waffen15

      Kapitel 3

       Der geistige Enkel José Martís16

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      Er wagte trotzdem den Aufstand: Er war vierundzwanzig Jahre alt und seit 1950 promovierter Anwalt. Und dies gleich in drei Fächern: in Jura, Sozialwissenschaften und Internationalem Recht.17 Zunächst hatte er versucht, die Machenschaften Batistas auf legalem Weg anzuprangern. Er erhob Klage beim Obersten Gericht. Unterstützung erhielt er von den Anführern der beiden Oppositionsparteien, den „Auténticos“ und den „Ortodoxos18, die wohl die Wahl damals gewonnen hätten. Er scheiterte mit seiner Klage. Die Richter lehnten den Antrag ab. Jetzt brauchte Fidel Castro dringend verlässliche Freunde, nicht nur zu seiner moralischen Unterstützung, sondern auch als Leibwächter.

      Aufgeben würde er niemals! Stattdessen suchte er den bewaffneten Kampf gegen den Diktator. Nach alter kubanischer Tradition war er auch bereit, sein Leben für die Freiheit zu geben.

       „Patria o Muerte, venceremos!“