Elke Bader

Fidel Castro inkl. Hörbuch


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      José Martí, Kubas Nationalheld. Die Statue aus Carrara-Marmor von José Vilalta y Saavedra wurde 1905 von General Máximo Gómez im Parque Central von Havanna eingeweiht. Bildquelle: Christa Schmalzried, Elke Bader

      Sein großes Vorbild war José Martí, Kubas Nationalheld, Dichter, Essayist und Freiheitskämpfer. Der 1853 als Sohn spanischer Einwanderer in Havanna geborene José Martí hatte das Unabhängigkeitsstreben Kubas von der spanischen Kolonialherrschaft unterstützt, in flammenden Essays und Versen gegen die soziale Ungerechtigkeit und die koloniale Sklavenhaltergesellschaft gekämpft und sich für die Gleichheit der Rassen und Geschlechter eingesetzt. Er plädierte dafür, eine diversifizierte Landwirtschaft zu betreiben, anstatt sich weiterhin auf das „Weiße Gold“, die Monokultur des Zuckerrohrs zu verlassen. Bereits damals hatte er hellsichtig vor einer Vorherrschaft der USA in der Karibik und in Lateinamerika gewarnt. Sein Traum war ein freies Kuba gewesen, „Cuba libre“. Nach langen Jahren im Exil, konnte er endlich nach Kuba zurückkehren und gründete 1893 die erste „Revolutionäre Partei Kubas“. Später sollten sich auch die „Auténticos“, die Authentischen, nach ihr benennen. Als einer der ersten fiel José Martí in den Kämpfen um die Unabhängigkeit Kubas 1895. Im schwarzen Jackett, seinem Markenzeichen, und auf einem weißen Pferd war er mitten hinein in die feindlichen spanischen Linien geritten. Heute blickt der in Stein verewigte, achtzehn Meter große Apostel der kubanischen Freiheitsbewegung von seinem Sockel vor einem gewaltigen, einhundert Meter hohen Obelisken auf der Plaza de la Revolución in Havanna auf sein geliebtes Kuba.

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      Obelisk auf der Plaza de la Revolución in Havanna, grauer Marmor von der Isla de la Juventud. Bildquelle: Christa Schmalzried, Elke Bader

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      Statue José Martís aus weissem Marmor, Bildquelle: Christa Schmalzried, Elke Bader

      Es war allerdings nicht Fidel Castro, der das Monument erbauen ließ, sondern ausgerechnet sein Erzfeind Fulgencio Batista.

       Guantanamera

       Ich bin ein Mensch, aufrecht und wahr,

       Und komme von da, wo Palmen wachsen;

       Doch ehe der Tod mich verstummen lässt,

       singe ich meine Verse aus ganzer Seele.

       Mein Vers ist von hellem Grün

       Und von einem leuchtenden Rot,

       mein Lied ist wie ein verwundeter Hirsch,

       der Zuflucht sucht in den Bergen.

       Mit den Ärmsten der Erde

       will ich mein Los teilen.

       Der Wildbach der Berge

       lockt mich mehr als das Meer.19

      Der Musiker Joseíto Fernández sang diese Verse von José Martí auf eine von ihm komponierte Melodie, die er Guantanamera taufte. Als das Lied in den 1960er Jahren in die USA gelangte, nahm Pete Seeger es auf. Das Lied gehört noch heute zu den bekanntesten lateinamerikanischen Songs und ist die heimliche Nationalhymne Kubas. Tantiemen erhielt der wahre Urheber allerdings nie dafür.

      Fidel Castro gehörte damals der Orthodoxen Partei an – den Ortodoxos – und war ihr sogar als eines der ersten Mitglieder beigetreten. 1947 war sie von dem charismatischen Politiker und Rundfunkagitator Eduardo Chibás als Protestpartei gegen Korruption und Mafiaverbindungen gegründet worden. Ihre Ausrichtung war idealistisch revolutionär, sozial und reformorientiert. Man bekannte sich zu den Grundsätzen José Martís und war im Übrigen – insbesondere unter Chibás – auch antikommunistisch. Chibás gab über Jahre hinweg jeden Sonntagabend landesweit in einer populären Radiosendung den Moralisten mit der mahnenden Stimme. Er nahm kein Blatt vor den Mund, wenn er jeweils die Machenschaften der Regierung anprangerte. Im August 1951 hatte er die Aufdeckung eines riesigen Korruptionsskandals für die nächste Radiosendung angekündigt. Doch am Ende konnte er die Beweise nicht erbringen. Er glaubte sich noch auf Sendung, als er sich mit den Worten „Du, kubanisches Volk, erwache“ mit einer Pistole in Bauch und Rückgrat schoss. Tage später erlag er seinen Verletzungen.20

      Die Männer, die Fidel Castro für die Rebellion rekrutierte, stammten vor allem aus den Reihen eben dieser „Ortodoxos“. Sie waren, wie er, bereit, mit Waffen gegen die Diktatur vorzugehen. Es waren aber auch einige organisierte Studenten und Kommunisten unter den Männern, zu denen auch Fidel Castros jüngerer Bruder Raúl zählte. Im Gegensatz zu Fidel Castro war Raúl damals bereits ein überzeugter Kommunist mit internationalen Verbindungen. Für den Aufstand in Santiago de Cuba hatte man ihn im letzten Moment21 rekrutiert. Er gehörte zu der Gruppe, die den Justizpalast einnehmen sollte.

      Der amateurhafte Versuch vom 26. Juli 1953, die Moncada-Kaserne zu erstürmen, glich einem Himmelfahrtskommando. Doch Fidel Castro sollte sich später vehement gegen die Anschuldigung wehren, mit dieser sinnlosen Aktion die Mehrzahl seiner Männer geopfert zu haben. Auf die Frage, ob der Angriff ein Fehlschlag war, antwortete er:

      „Die Moncada-Kaserne hätte eingenommen werden können. Wenn wir sie eingenommen hätten, wäre es das Ende des Batista-Regimes gewesen, keine Diskussion. ... Wenn ich noch einmal einen Angriff auf die Moncada-Kaserne organisieren müsste, würde ich es wieder ganz genauso machen. Das, was dort schiefging, war einzig und allein auf unsere mangelnde Erfahrung im Kampf zurückzuführen. Die haben wir erst später erworben. Der Zufall spielte ebenfalls eine entscheidende Rolle dabei, dass ein Plan, der in Bezug auf Konzeption, Organisation, Geheimhaltung und andere Faktoren außerordentlich gut war, nur aufgrund eines Details scheiterte, das wir sehr leicht hätten überwinden können.“22

      Das „Detail“, an dem sie scheitern sollten, war die Patrouille, mit der sie nicht gerechnet hatten. Anstatt sie links liegen zu lassen, hatte Castro den Wagen an den Bordstein gefahren und war seinen Männern zu Hilfe geeilt. Deswegen hatte sich der Kampf vor der Kaserne abgespielt. Der Plan, die Soldaten im Schlaf, barfuß und in Unterwäsche, zu überraschen, konnte nicht mehr ausgeführt werden. Denn der ohrenbetäubende Lärm der Alarmsirenen und der Schüsse hatte sie geweckt. Zu Hunderten waren sie wie die Hornissen ausgeschwärmt.

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      Moncada-Kaserne, Eingang und Ecke, an der Fidel Castro auf die Patrouille traf. 26. Juli 1953. Bildquelle: Christa Schmalzried, Elke Bader

      Auch Raúl Castro war mit seinen Männern zunächst die Flucht gelungen. Erst Tage später wurde er gefangengenommen. Zu seinem Glück war da die Gefahr von Tod und Folter schon deutlich geringer23.“ Es ist ein Geistlicher, dem die beiden Castro-Brüder und noch weitere Rebellen ihr Leben verdanken werden: Enrique Pérez Serantes, der Erzbischof von Santiago de Cuba, der als junger Priester den damals achtjährigen Fidel Castro getauft hatte. Zusammen mit einigen Honoratioren aus Havanna forderte er erfolgreich ein Ende der Gewalt - der Diktator ließ das Morden der Gefangenen durch die eigenmächtige Justiz seiner Soldaten einstellen.

      Fidel Castro hatte sich zu der Zeit in den Bergen verschanzt. Er dachte nicht daran sich zu ergeben:

      „Ich würde mich nicht ausliefern oder mich ergeben […]- Das hatte keinen Sinn, nicht weil ich getötet worden wäre, sondern weil der Gedanke an Kapitulation nicht in unser Konzept passte.24

      Am 1. August wurden Fidel Castro und zwei seiner ihm verbliebenen Männer in ihrem Versteck aus dem Schlaf gerissen. Auf ihre Brust waren Gewehrläufe gerichtet. Eine Militärpatrouille hatte sie aufgestöbert. In dem erbärmlichen Zustand, in dem Castro sich befand, erkannte keiner der Soldaten, wen er vor sich hatte. Instinktiv gab er vor, ein