Kettenfarbe: gelb, goldgelb
Die Jungfrau von Cobre rettet Seeleute aus der Not. Gemälde, Wallfahrtskirche El Cobre. Santiago de Cuba. Bildquelle: Christa Schmalzried, Elke Bader
Changó (Shangó) - ist der virilste unter den Gottheiten, der zugleich Stärke aber auch männliche Schönheit repräsentiert. Er ist ein Krieger, der Gott des Donners und des Blitzes, doch liebt er auch Musik und Tanz. Er zeichnet sich durch Fleiß, Mut und Ehrgeiz aus, hat aber auch seine Schwächen: Er ist eitel und gilt als Frauenheld und Herzensbrecher. Rotwein konsumiert er in beachtlichen Mengen. Sein Gedenktag fällt auf den der Heiligen Barbara.
Kettenfarbe: rot-weiß
Als Fidel Castros Mutter mit ihm schwanger ging, bat sie einen Santero, einen Priester der Santería, um ein Ritual. Der erkannte, dass das noch ungeborene Kind ein Schützling Aggayús war, des uralten Gottes der Wüste, der Vulkane und des Firmaments. Das Kind nun ausgerechnet diesem Gott zu weihen, erwies sich als unmöglich, denn alle alten Priester, die um das geheimnisvolle Ritual wussten, waren längst verstorben. Darum wählte man für die Weihe den nächstgelegenen Heiligen, nämlich den Sohn Aggayús, den Kriegsgott Changó, auch Hüter des Feuers und des Donners. Lina muss beseelt nach Hause gewankt sein, als ihr der Priester zum Klang der entfesselten Batá-Trommeln offenbarte, nun sei das Kind in ihrem Bauch der Auserwählte dieses Kriegers.
„Changó galt als unermüdlicher Don Juan, streitsüchtig, mutig, waghalsig, besessen von seiner männlichen Kraft und Schönheit“,53 beschreibt der Kuba-Kenner Ulli Langenbrinck den Gott. Und erkennt man in dieser Beschreibung nicht auch Eigenschaften Fidel Castros wieder?
Fidel Castro im Alter von drei Jahren. Birán. Bildquelle: Christa Schmalzried und Elke Bader
Doch damit nicht genug, sein Götterhimmel erstreckt sich sogar bis Baden-Württemberg, an den südlichen Rand der schwäbischen Alb, denn man nannte ihn Fidel, nach dem Heiligen Fidel von Sigmaringen54, wie er amüsiert zum Besten gab. Fidel Castros Zahlenmystik um seinen Geburtstag wurde damit noch durch seine Heiligengeburt gekrönt – eine Legende, die so manchem sein wundersames Überleben von sage und schreibe 638 Mordanschlägen erklären mag. Die Tatsache, dass er weltweit der Einzige war, der so viele Attentatsversuche überlebte, bescherte ihm im Übrigen auch einen Eintrag im Guinness Buch der Rekorde55.
Kapitel 6
Schulzeit und Rebellentum
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Fidel Castro wurde auf eine von seinem Vater gegründete Grundschule geschickt.
Die Grundschule in Birán. Bildquelle: Christa Schmalzried, Elke Bader
Als Analphabet hatte der Vater sich lange Jahre mühsam durchschlagen müssen. Darum stand Bildung für ihn hoch im Kurs. Er war es auch, der eine Lehrerin dazu brachte, in dieser Pampa Kinder zu unterrichten.
„Ich hatte zwei ältere Geschwister, Angelita und Ramón, die auf diese Schule gingen, und sie nahmen mich mit, obwohl ich eigentlich noch zu jung war, und setzten mich mitten auf eine Schulbank in der ersten Reihe. .... Vier Jahre alt war ich. Ich lernte, zu schreiben und zu krakeln, indem ich den anderen Kindern zusah und der Lehrerin, was sie mit der Kreide an die Tafel schrieb“56, erinnert sich Castro an sein erstes Schuljahr.
Das Klassenzimmer der Grundschule in Birán. In der ersten Reihe in der Mitte saß Fidel Castro.
Anders als die Kinder der amerikanischen Angestellten der United Fruit Company wurden die Castro-Kinder zusammen mit den Kindern der Landarbeiter und Bauern unterrichtet. Diese kamen barfuß. Sie besaßen oft nicht einmal ein paar Schuhe, ihre Kleidung war ärmlich. Es waren Kinder von Haitianern, die in einfachen Hütten aus Palmfasern und Guano, mit gestampftem Lehmboden lebten. Als Kind sollte er erleben, wie diese Familien eines Tages, auf Grund der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen Batistas, aus ihren Hütten vertrieben und auf Schiffe verladen wurden. Dort, wohin man sie brachte, sollte sie ein noch elenderes Dasein erwarten. Mit Entsetzen sah Fidel Castro damals Szenen der Verzweiflung, die sich am Hafen von Santiago de Cuba abspielten.
In der Grundschule lernten die Kinder lesen, schreiben, ein paar Grundrechenarten und das Singen der Nationalhymne. Mehr nicht. Die Lehrerin erkannte Fidels Begabung und nahm ihn und seine ältere Schwester, später auch noch Ramón, mit nach Santiago de Cuba. Doch statt sie zu unterrichten, wie sie versprochen hatte, benutzte sie die Kinder des zahlungskräftigen Patrons nur, um mit dem Geld ihre eigene verarmte Familie über Wasser zu halten. In dem dunklen, feuchten Haus litt Fidel nicht nur unter der Enge sondern musste sich auch in ein Leben des Nichtstuns fügen. Es war verlorene Zeit. Und es war das erste Mal, dass er Hunger am eigenen Leib verspüren sollte: „Bei dieser Familie ging es mit jedem Centavo um Leben oder Tod“57, erinnert er sich an die damaligen Zustände.
Das Haus der Lehrerin in Santiago de Cuba, in dem Fidel Castro als Kind wohnte. Bildquelle: Christa Schmalzried, Elke Bader
Als Mutter Lina ihre abgemagerten Sprösslinge in den Ferien zu Gesicht bekam, schritt sie energisch ein. Ramón, Fidel und Raúl kamen auf eine ordentliche Schule, das Colegio de la Salle in Santiago de Cuba. Es wurde von französischen Ordensbrüdern geführt. Allerdings setzten deren Strenge, Strafen und Restriktionen den drei Castro-Brüdern ziemlich zu. Die Brüder waren isoliert. Weil sie unehelich und nicht getauft waren, verspotteten ihre Mitschüler sie als „Juden“. Fidel wurde übrigens erst mit acht Jahren getauft. Die Hänseleien ihrer Mitschüler reizten die Brüder mitunter bis zur Weißglut. Doch die Castros, allen voran Fidel, wehrten sich „mit überzeugenden Faustschlägen“58 Besonders aber stieß dem Jungen auf, dass die Schüler immer wieder von den Priestern mit harter Hand gezüchtigt wurden. Vor allem der ihnen zugeteilte Betreuer legte ausgesprochen brutale Erziehungsmethoden an den Tag. Mehrfach traktierte er auch den kleinen Fidel mit Faustschlägen auf den Kopf. So lange, bis dieser sich die Behandlung eines Tages nicht mehr gefallen ließ und mit aller Kraft, die das Kind aufzubringen vermochte, zurückschlug.59
Auch Mutter Lina zeigte sich gerne kämpferisch. Hier 1958 mit Gewehr und Pistole. Birán. Bildquelle: Christa Schmalzried, Elke Bader
Für die drei Castro-Jungens bedeutete dies jedoch zurück nach Birán. Die Aussicht, von nun an sein Dasein auf den Zuckerrohrfeldern der väterlichen Farm fristen zu müssen, gefiel dem damals elfjährigen Fidel überhaupt nicht. Voller Wut über diese Ungerechtigkeit drohte er seinen Eltern: „Ich sagte ihnen, wenn ich nicht mehr in die Schule gehen dürfte, dann würde ich das Haus abfackeln.“60
Die Eltern Lina Ruz Gonzales und Ángel Castro. Birán. Bildquelle: Christa Schmalzried, Elke Bader
Ramón blieb auf der Farm und war glücklich darüber. Fidel und Raúl kamen als Internatsschüler auf das Jesuitenkolleg Dolores in Santiago de Cuba. Es galt damals als eines der angesehensten im ganzen Umkreis. Das Kolleg war nur den Söhnen wohlhabender, weißer Familien vorbehalten. Weder Schwarze noch Mestizen waren zugelassen, es herrschte strenge Rassentrennung. Während Raúl die Schule mit dem endlosen „Beten und der Furcht vor Gott“ 61 verabscheute, schien Fidel fasziniert von der Disziplin, dem Charakter und der Unerbittlichkeit des Glaubens der Jesuiten. Dass