ein gefährdetes Gut darstellt.
Selbstachtung kann viertens als „institutioneller Selbstrespekt“ auftreten.
Damit ist die Zugehörigkeit zu einer überindividuellen Einrichtung ausgedrückt – in diesem Fall jene zur „Menschheitsfamilie“. Jeder Mensch, so könnte man sagen, „repräsentiert“ Menschsein auf eine je besondere Weise. Mit dem Menschsein ist die angesprochene Idee der Menschenwürde verbunden. Selbstachtung wird dort unterminiert, wo Menschen nicht als vollwertige Mitglieder der Menschheitsfamilie angesehen und behandelt werden. Hier kann es verschiedene Formen der Diskriminierung geben, Sexismus, Rassismus, Herabwertung aufgrund des Lebensalters oder der religiösen Zuordnung. Der Punkt, an dem eine Erosion von Selbstachtung in diesem Sinne festgemacht werden kann, könnte die Erniedrigung sein. Auf diesen Begriff werden wir gleich zurückkommen.
Selbstachtung: ein gefährdetes Gut im Krankenhausalltag
Im Krankenhaus, wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden, gibt es eine Reihe von möglichen Nährböden für Demütigung und Erniedrigung. Birgit Heimerl beschreibt Krankenhäuser als „Brutstätten und Austragungsorte peinlicher Situationen.“37 Hier steht immer wieder die Selbstachtung auf dem Spiel. Selbstachtung ist in einem Krankenhaus für alle Beteiligten ein moralischer Auftrag, gerade auch im Alltag, in dem sich Kulturen der Selbstachtung handfest zeigen. Dabei sind die Anerkennung als besonderer Mensch, die Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten, die Anerkennung als Mitglied der Menschheitsfamilie die entscheidenden Quellen von Selbstachtung, die bestmöglich zu schützen sind. So kann man mithilfe des Begriffs der Selbstachtung den Begriff der Würde „operationalisieren“, also greifbarer machen und in Handlungen übersetzen. Es lassen sich wenigstens drei solche Bedingungen unterscheiden: symbolische, soziale und materielle Bedingungen der Möglichkeit von Selbstachtung. Diese können durch andere maßgeblich unterstützt werden.
Symbolische Bedingungen sind zum Beispiel Gesten, Worte und Taten der persönlichen Zuwendung und solche, in denen das Individuum in den Mittelpunkt gestellt wird. Einem Patienten zum Geburtstag zu gratulieren ist beispielsweise ein Akt, der dies unterstützt. Soziale Bedingungen sind solche der Mitbestimmung und der Information, der Kommunikation und der Interaktion mit anderen. In einem Krankenhaus hat das sehr viel mit „Informiertheit“ zu tun – weiß die Patientin, was im Laufe des Tages geschieht? Wurde der Patient über die einzelnen Diagnose- beziehungsweise Behandlungsschritte informiert? Materielle Bedingungen wiederum sind die Versorgung mit den Mitteln und Möglichkeiten, legitime Bedürfnisse zu befriedigen sowie die Gestaltung der äußeren Bedingungen nach Maßgabe des Möglichen. Das kann sich auch in Kleinigkeiten ausdrücken, am Beispiel eines Hinweises einer Krankenhausangestellten: „Ich möchte nicht im Krankenbett am Krankenhausareal herumgeschoben werden, in meinem Nachthemd, in meinem Bett … was man tagtäglich sieht.“
Auf diese Weise kann man mit den Hinweisen auf „Alltagsstruktur, „Durchbrechung und Unterbrechung des Alltags“, „Menschlichkeit“, „Gemeinschaftsordnung“ und „Selbstachtung“ mit besonderem Blick auf elementare Lebensvollzüge und die besondere Aufmerksamkeit auf die schwächsten Mitglieder eines Gemeinwesens Bausteine für das Projekt „Kleine Ethik im Krankenhausalltag“ anführen.
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