Jork Steffen Negelen

Snobby und das Geheimnis der weißen Fee: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 7)


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lies, was ich dir zu sagen habe. Die Stadt Bochea anzugreifen war wohl ein Fehler. Ihre Königin ist für mich zu mächtig. Vor meiner Tür lauern ihre Krieger. Selbst die Bauern der Umgebung wollen mich töten. Ich kann schon das Feuer ihrer Fackeln riechen. Doch sie müssen noch ein wenig mit meinem Schutzbann kämpfen. Erst dann können sie mein Haus stürmen und mich umbringen. Diese Narren glauben, dass sie mit ihrer Königin alle Zeiten überstehen werden. Doch ich weiß es besser, denn ich kenne einen geheimen Weg. Also Fremder, ich hoffe, du willst der Königin und ihrer Stadt einen Besuch abstatten und so einiges mitgehen lassen. Suche eine halbe Meile vor der Stadt den alten Wachturm auf. Er steht nördlich des großen Stadttores. Hinter diesem Turm gibt es einen verlassenen Friedhof. Da soll mein Vater bei Vollmond schon als Geist gespukt haben. Meine Mutter sagte mir das. Such das Grab meines Vaters und öffne es. Du wirst dich freuen und eine große Überraschung finden. Die habe ich mir für die Stadt Bochea und ihre Königin ausgedacht. Oh je, sie haben meinen Bann überwunden. Ich bin Laurus der Magier und ich wünsche dir mehr Glück, als ich es habe. Sie kommen, sie sind gleich da und ich muss …«

      Mit einem diebischen Grinsen sah Vagho erst zu Monga und dann zu Orapius. »Den alten Narren haben sie hier bestimmt wie einen tollwütigen Hund erschlagen. Doch vorher konnte er noch seine Pergamentrolle im Keller verstecken. Ein Glück für uns, dass die aufgebrachten Krieger und Bauern einfach alles niedergebrannt haben. Da konnten sie sich nicht um den Keller kümmern und diese wertvolle Pergamentrolle blieb uns erhalten.«

      Mongas Busen bebte vor Erregung, als sie Vagho die Rolle aus den Händen nahm und noch einmal Laurus letzte Zeilen las. »Das muss ein Wink des Schicksals sein. Es hat uns auserwählt und es wird uns auf jeden Fall weiterhin gewogen sein. Morgen brechen wir auf, und wenn wir den alten Wachturm gefunden haben, dann finden wir auch den Friedhof.«

      Orapius rieb sich die Hände, denn er spürte die Kälte, die durch das Loch in der Kellerdecke kroch. »Wir sollten hier den Staub und die Holzreste beseitigen. Dann können wir ein Feuer machen und den Keller als Versteck benutzen. Hier ist es in der Nacht sicherer, als oben im Freien. Außerdem plagt mich der Hunger im Magen.«

      Eine halbe Stunde später war der Keller von Laurus einstigem Haus sauber gefegt und ein prasselndes Feuer loderte in der Mitte. Vorsorglich hatte Vagho den Schnee wieder über den Fußboden des Hauses gefegt. Niemand sollte gleich bemerken, dass es noch einmal Gäste im Keller gab.

       Die Fallen des Barbaron

      Selbst an den dunkelsten Tagen des Winters war der Tempel von Bochea ein hell erleuchteter Ort des Friedens und des Gebets. Alle Wesen, die den Schöpfer verehrten, kamen in der Zeit der Kälte und des Eises in den Tempel der Königin von Bochea. Theodora nahm die vielen Gaben entgegen, die für den Schöpfer als Opfer mitgebracht wurden. Wenn der Abend nahte, leerte sich der Tempel, und die Elfen, Zwerge, Zyklopen und Menschen gingen zurück in ihre Häuser. Dann war die Königin mit ihrem Gefolge und den vielen Wachen allein in dem großen Gebäude. Sie zog sich gern in ihre Gemächer zurück, um mit ihrer Tochter Helena zu speisen. Meist kam der Fürst Silberhand etwas später dazu, denn er kontrollierte am Abend die Wachen.

      So war es jeden Winterabend gewesen. Dass der Fürst nicht zum Abendmahl erschien, war deshalb sehr ungewöhnlich. Die beiden Frauen saßen schon seit einer halben Stunde am Tisch und ließen sich das Essen schmecken. Als sie satt waren und der Fürst noch immer nicht erschienen war, beschlossen sie nachzuschauen.

      In Begleitung zweier Zyklopenkrieger gingen sie zum großen Saal des Tempels. Dort stand der Feenthron, und dort waren auch die meisten Wachen. Keiner der Wachen salutierte, wie es üblich war, wenn die Königin den großen Saal betrat. Sie lagen überall herum und gaben ein gleichmäßiges Schnarchen von sich. Wütend sah sich die Königin um und das plötzliche Lachen ihrer Tochter vergrößerte ihren Zorn noch mehr.

      Helena hatte den Fürsten entdeckt und der Anblick, den er ungewollt darbot, war für sie sehr erheiternd. Der Fürst saß festgebunden auf dem Thron. In seinem Mund steckte ein Stück seines Mantels. Auf seiner rechten Schulter saß Barbaron und auf der linken saß sein Hauptmann. Der Fürst zappelte, als hätte er ein furchtbares Jucken am ganzen Körper. Dabei wollte er sich nur von den Stricken befreien, die ihn am Aufstehen hinderten. Außer einem »Hm … hm …« war von ihm nichts weiter zu hören.

      Die Königin war vom Anblick des Fürsten und dem unerwarteten Besuch der Minitrolle so überrascht, dass sie erstaunt den Thron und den Fürsten Silberhand anstarrte. Sie brauchte einen Moment, um die Situation zu begreifen. Langsam machte sich in ihrem Gesicht ein Lächeln breit und sie befreite mit einer Handbewegung und ein wenig Magie den armen Fürsten. Kaum war der auf seinen Beinen, sprangen Barbaron und sein Hauptmann zum Tor, wo sich ihr Volk versammelt hatte. Silberhand stürmte ihnen hinterher, doch er wagte es nicht, die Minitrolle anzugreifen. Barbaron schwebte in der Luft und streckte ihm mit beiden Händen seinen blauen Kristall wie eine Drohung entgegen.

      »Es ist genug, Fürst Silberhand!«, rief die Königin. »Lass sie in Ruhe und erkläre mir lieber, was hier geschehen ist.«

      Der Fürst stapfte zum Thron und verbeugte sich vor Theodora. »Sie sind hier eingedrungen und haben uns überfallen. Wer weiß, was die hier suchen, diese kleinen Gauner. Vielleicht sind sie ja mit Aramur im Bunde. Dieser bösartige Dieb ist uns vor wenigen Stunden aus dem Kerker entwischt.«

      »Das ist doch die Höhe!«, meckerte Barbaron los. »Wir kamen hier mit unserem Trollsprung an und sind gleich von den Wachen angegriffen worden! Mit einem Dieb machen wir keine gemeinsame Sache!«

      »Da waren die Krieger wohl ein wenig überrascht gewesen«, versuchte die Königin mit einem bezaubernden Lächeln den kleinen König zu beruhigen.

      »Oh ja, dass waren sie«, erklärte Barbaron. »Wir sind als Freunde von hier gegangen, als wir das letzte Mal da waren. Doch kaum statten wir der Stadt Bochea einen erneuten Besuch ab, werden wir wie Feinde behandelt und auch noch als Diebe verdächtigt. Die Wachen, die hier herumliegen und schlafen, die haben uns mit ihren Schwertern und Lanzen angegriffen. Erkennen die uns nicht mehr?«

      »Ihr hättet vor der Stadt landen können und …«

      »Alles Quatsch!«, unterbrach der Hauptmann den Fürsten. »Das große Stadttor ist längst geschlossen und wir können nicht bis zum nächsten Morgen warten. Wenn wir zu euch kommen, haben wir auch einen wichtigen Grund.«

      Theodora rief einige Diener herbei, die sich um die schlafenden Krieger kümmerten. Fackeln wurden gebracht und auf eine große Tafel wurden Speisen und Getränke gestellt. Die Königin forderte das Volk der Minitrolle auf, es sich schmecken zu lassen. Keiner von ihnen ließ sich das zweimal sagen und einen Augenblick später glich die Tafel einem Schlachtfeld. Der Fürst, der bessere Essmanieren gewöhnt war, sah es mit grausen. Doch Theodora und Helena schien der Anblick der Minitrolle zu erheitern.

      Barbaron erklärte schließlich, weshalb er mit seinem Volk gekommen war. Die Miene der Königin verfinsterte sich, als sie erfuhr, was Dämonicon und seine Helfer alles planten. Barbaron wischte sich den Mund mit dem Tischtuch ab und flog dann zu Theodora. Er schwebte vor ihr in der Luft und erklärte dann mit absoluter Unschuldsmiene, dass ihm die Wachen leidtäten und er dem Fürsten Silberhand keinen Streich mehr spielen würde.

      Die Königin sah dem kleinen König aller Minitrolle in die Augen und sie konnte sich erneut ein Lächeln nicht verwehren. Sie hatte den frechen kleinen Kerl zu sehr in ihr Herz geschlossen, um ihn wirklich böse zu sein.

      »Du hast richtig gehandelt, mein kleiner Freund«, hauchte sie Barbaron ihre Worte zu. »Ich lasse die Wachen verstärken, die das Haus der Elflinge bewachen. Die drei Kinder sind schon längst kein Geheimnis mehr. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis einer unserer Feinde auf die Idee kommen würde, die Prophezeiung gegen uns zu verwenden, die ich vor langer Zeit im Schlaf ausgesprochen habe.«

      Barbaron setzte sich auf Theodoras Schoss. »Wir sollten uns eine besondere Verteidigung für das Haus der Elflinge ausdenken. Monga, Vagho und Orapius sind verschlagen und zu jeder Schandtat bereit. Sie töten bedenkenlos und sie kennen keine Gnade. Was können wir tun, um sie aufzuhalten?«

      »Stellt