Snobby und das Geheimnis der weißen Fee: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 7)
Er herrscht in meinem Namen noch immer über die Insel der Alten. Seine Treue ist groß und er bereitet alles für meine Rückkehr und natürlich auch für die Rückkehr der sieben Alten vor. Sein Orakel wird ihm dabei helfen. So hat es mir sein Bote versichert.«
Vagho rieb sich die Hände und ein hinterhältiges Grinsen war in seinem Gesicht zu sehen. Er spürte die Abenteuerlust und die Gier nach fremden Schätzen. Diese Gier war wie ein Rausch und er gab sich diesem Rauch mit Vergnügen hin. »Wir werden uns diese Elflinge holen und dann lassen wir sie fliegen.«
»Ja mein Herr«, stimmte ihm Orapius zu. »So wird sich die Prophezeiung dieser Feenkönigin doch noch erfüllen.«
Der schwarze Magier packte das Schloss zurück in den Sack. Er warf es achtlos auf das Grab von Assgho. Dann lief er seinem Herrn nach, der sich mit Dämonicon und Monga zu einer Höhle zurückzog.
Die Hitze des Tages wurde immer unerträglicher. In der Höhle, die tief in die Wand der Schlucht führte, beschwor Dämonicon ein schwarzes Portal. Es brachte ihn und seine Begleiter zurück zum großen Festungstor des Bluthortes. Vor dem Tor des alten Gemäuers öffnete sich das Portal und Dämonicon kam zuerst heraus. Die anderen folgten ihm und als der letzte Krieger heraus war, schloss es sich mit einem Knall.
Dämonicon stieß das Tor auf und lief in die große Halle der alten Festung. Dort wartete bereits das Essen auf einen Tisch. Nach einer halben Stunde erklärte er Monga und Vagho, was er vorhatte. »Noch heute werdet ihr nach Bochea reisen. Orapius wird euch begleiten. Ihr holt euch die drei Elflinge und bringt sie mir. Wir sperren sie hier im Bluthort ein, und wenn das Frühjahr gekommen ist, werden wir unsere Pläne verwirklichen. Dieses Mal werden wir über Bochea siegen und Theodora wird sterben.«
»Und was wirst du in der Zwischenzeit machen?« In Mongas Stimme war deutlich zu hören, dass sie mit ihrem Sohn nicht völlig einverstanden war. Sie sah ihn mit einem durchdringenden Blick an.
»Ich reise nach Selan und werde dort die Arbeiten an der Tempelanlage überwachen«, erklärte Dämonicon und seine Stimme ließ die alten Mauern des Bluthortes erzittern. »Vor vielen Jahren hat dort angeblich ein unerklärliches Beben gewütet. Doch es wird wohl eher ein Krieg gewesen sein. Platos Bote konnte, oder wollte mir nichts genaues sagen. Der Bote war noch ein Knabe, den Platos mit Bedacht für seine Aufgabe ausgesucht hatte. Ich will, dass die Bewohner der Insel die sieben Tempel wieder aufbauen und zu einem einzigen Tempel vereinen. Es darf nur einen Zugang geben, der leicht zu bewachen ist. Das ist sehr wichtig für mich. Die versteinerten Söhne des Schöpfers müssen geschützt werden. Kriege und Hungersnöte haben das Volk auf der Insel von ihren Pflichten abgehalten. Ich werde das ändern und auf der Insel für Ordnung sorgen.«
»Na gut«, lenkte Monga ein. »Wir reisen also nach Bochea und holen uns die Kinder der Feenkönigin. Ich hoffe nur, du vergeudest nicht so viel Zeit auf dieser Insel.«
Dämonicons Miene verfinsterte sich, als er zur schwarzen Fürstin sah. »Du wirst doch nicht etwa an mir zweifeln, Mutter? Immerhin verdankst du mir deinen neuen Körper. Mein Vater hätte ihn dir nicht geben können.«
»So habe ich das nicht gemeint«, versuchte Monga ihren Sohn zu beschwichtigen. »Ich will nur … ohne dich ist es viel gefährlicher in Bochea. Dort gibt es nur Feinde.«
Dämonicon nahm sich eine Schweinekeule und roch an ihr. Sie war frisch gebraten und ihr Duft zog ihm in die Nase. Er zeigte mit ihr zu Monga. »Du weißt genau, dass ich euch in Bochea nicht helfen kann. Die Aura der Feenkönigin würde mich sofort verraten. In dieser Stadt ist jede schwarze Magie nutzlos. Deshalb muss ein Meisterdieb wie Vagho dort ans Werk gehen. Ihr sollt ihm helfen, die Kinder sicher hier herzuschaffen. Ist das so schwer zu verstehen, meine liebe Mutter?«
Monga schüttelte den Kopf und ein Bote trat herein. Er beendete mit seiner Meldung das Gespräch. Der Bote trat dicht an Dämonicon heran und grüßte mit einer Verbeugung. Dann trug er seine Botschaft vor. »Ich bin gelaufen, so schnell ich konnte, mein Herr. Ich muss euch berichten, dass die Riesen in Ando-Hall sich zum Kampf gerüstet haben. Sie haben sich von ihren Priestern für einen Krieg segnen lassen. Das konnten wir aus den Gesprächen von zwei Jägern entnehmen, die wir belauscht haben. Es waren weiße Elfen, die in der Nähe von Ando-Hall ihr Jagdgebiet haben. Die Riesen bewachen ihre Stadt und ihren Tempel so gut, dass niemand ungesehen hineinkommt.«
»Verdammt, das habe ich befürchtet!«, fluchte Vagho sofort los, als der Bote seinen Bericht beendete.
»Du musst mehr Geduld haben«, belehrte ihn Dämonicon. »Es findet sich immer wieder eine Möglichkeit, in Ando-Hall einzudringen. Außerdem haben wir in der nächsten Zeit dort nichts Wichtiges zu erledigen. Und die Wand mit der verräterischen Karte im Tempel der Riesen wird auf uns warten müssen. Die werden wir zerstören, wenn wir Ando-Hall dem Erdboden gleichgemacht haben.«
Die Worte des schwarzen Prinzen erinnerten Orapius an seine eigene Karte, die er immer bei sich hatte. Er breitete sie auf einem Tisch aus und tippte mit einem Dolch auf die Stelle, wo Bochea eingezeichnet war. »Wir holen uns zuerst die Elflinge«, sprach er in aller Ruhe zu Vagho. »Dann warten wir einige Tage und sehen, was in Bochea geschieht. Einige Meilen südlich von Bochea gibt es ein gutes Versteck für uns. Es ist ein kleiner, flacher Hügel, auf dem die Reste eines alten Gemäuers stehen. Man nannte früher diesen merkwürdigen Ort den Laurushügel.«
Dämonicon und Monga beugten sich über die Karte und betrachteten sie. Sie bestand aus dünnem Ziegenleder und ihre schwarzen Linien und Buchstaben konnte nur jemand sehen, der ihr Geheimnis kannte. Orapius hatte sie hergestellt und mit einem magischen Schutzzauber versehen. Nur ein Träger der schwarzen Magie konnte ihr Geheimnis lüften. Zufrieden schaute der Magier in die Gesichter von Monga, Vagho und Dämonicon.
»Du hast dir viel Mühe mit dieser Karte gegeben«, lobte ihn die schwarze Fürstin. »Wir sollten noch etwas von den Speisen essen und einen guten Wein dazu trinken. Dann ist es Zeit für den Aufbruch. Selbst auf der Karte sieht der Weg nach Bochea recht weit aus.«
Eine Stunde später brachen Monga, Orapius und Vagho auf. In dicke Felle gehüllt saß die Fürstin auf einem Kriegsschild. Mit diesem Schild flog sie eine Runde um den Bluthort. Vagho und Orapius setzten sich zusammen auf die Flugschale des Königs. Sie schützten sich ebenfalls mit Fellen gegen die eisige Kälte des Winters. Die Flugschale war gerade groß genug für die beiden Schattenalps. Monga flog voraus, denn sie kannte den Weg, der nach Bochea führte.
Dämonicon sah ihnen nach. Als seine Mutter und die beiden Schattenalps nicht mehr zu sehen waren, beschwor er ein schwarzes Portal herauf. Nur einen kleinen Augenblick später war er im Portal verschwunden. Es fiel mit einem Knall in sich zusammen und Dämonicon landete auf der Insel Selan, wo er direkt im Tempel der Stadt ankam.
Für die Fürstin und die beiden Schattenalps dauerte der Weg viel länger. Sie mussten über die kalte Winterlandschaft fliegen. Dabei waren Straßen und Wege kaum zu sehen. Der Wind überdeckte alles gleichmäßig mit einer dicken Schneeschicht. Der Flug dauerte einige Stunden und sie landeten erst, als die Nacht hereinbrach. Ein kleines Gebüsch und eine umgestürzte Eiche waren der einzige Schutz, den die Fürstin und die beiden Schattenalps fanden. Völlig erfroren machten sie sich ein Feuer an und wärmten sich die Hände. Erst dann packten sie ihren Proviant aus.
Das Brot und das Fleisch waren gefroren und so hart wie ein Stein. Sie mussten sich gedulden, doch dank des Feuers war des Essen bald genießbar. Dem starken Wein, den die drei dunklen Gestalten bei sich hatten, konnte die eisige Kälte nichts anhaben. Er war nicht gefroren und er schmeckte ihnen um so besser.
Als sie satt waren, erklärte sich Vagho bereit, die erste Wache zu übernehmen. Er warnte die Fürstin und den schwarzen Magier. Sie sollten lieber nicht so tief schlafen, denn die Wölfe waren bestimmt nicht weit. Selbst das Feuer würde sie nicht schützen, wenn ein hungriges Rudel angriff.
Mit seinem Zauberstab bewaffnet, hockte Vagho hinter der Eiche und er sah in die Nacht hinaus. Dabei wanderten seine Gedanken noch einmal zurück in längst vergangene Zeiten. Ihm kam der Schatz von Illwerin in den Sinn und sein General Assgho, der ihm nach der Eroberung der Stadt mit Vorwürfen überhäufte. Das Gold von Illwerin war verschwunden und die Zahl der gefallenen Krieger war groß.