Jenny Menzel

Dresden - HeimatMomente


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thront.

      In der anderen Richtung dominiert die gläserne Kuppel der Kunstakademie mit dem goldenen Engel, im Volksmund „Zitronenpresse“ genannt, den Blick – bis man die noch trutzigere Kuppel der Frauenkirche dahinter erblickt. Zehn Meter tiefer fließt träge die Elbe und bringt die Dampfer der Weißen Flotte zu ihren Kaffeefahrten nach Pillnitz oder ins Elbsandsteingebirge. Winken nicht vergessen!

      Nach diesen imposanten Eindrücken sinken die meisten Besucher andächtig auf eine Bank. Dabei wird die Brühlsche Terrasse jetzt erst richtig schön. An ihrem östlichen Ende beginnt hinter dem Delfinbrunnen der Brühlsche Garten. Wo der Bodenbelag von Steinplatten zu Kies wechselt, verändert sich die Atmosphäre – statt knipsender Touristen sieht man Mütter mit Kinderwagen oder Pärchen, die den Blick von der Jungfernbastei genießen oder unter Bäumen im hohen Gras liegen. Der fürstliche Garten, der zwischen 1739 und 1748 als privater Lustgarten von Graf Heinrich von Brühl angelegt wurde, ist großteils das Ergebnis von Rekonstruktionen; nur der Delfinbrunnen ist noch ein Originalteil. Ursprünglich zog sich der Park über die gesamte Länge der Terrasse.

      Im Brühlschen Garten genießt man idyllische Ruhe mitten im Zentrum

      Ihren Zweck als Bollwerk gegen Feinde hatte die trutzige Wehranlage nach dem Sieg über Napoleon verloren und war jetzt ein Hindernis für den Ausbau der Stadt; also ließ August der Starke sie abtragen. Dabei hatte Herzog Moritz seine Stadt erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts mit einer Wehranlage auf dem neuesten Stand der Technik umgeben. Bis zu 40 Meter dicke Wälle umringten die Stadt sternförmig, in Abständen waren pfeilförmige Bastionen platziert, aus denen man in alle Richtungen schießen konnte. Im Inneren der Mauer lag eine Festung samt Zeughaus für Kanonen, Waffen und Unterkünften für die Soldaten.

      Treppenaufgang zum Brühlschen Garten vom Georg-Treu-Platz (rechts das Albertinum)

      Der Delfinbrunnen ist das letzte Originalteil hier

      Das Moritzmonument an der Nordostecke der Brühlschen Terrasse ist Dresdens ältestes Denkmal. Es lohnt sich, ans Terrassenufer zu laufen und es genau anzuschauen: Die Szene, in der Kurfürst Moritz seinem Bruder August (nicht dem Starken!) unter dem drohenden Blick des Todes das Kurschwert übergibt, erzählt von einem kurzen Leben. Moritz, der große Pläne hatte und Kaiser werden wollte, starb mit 32 Jahren in der Schlacht bei Sievershausen durch einen Schuss in den Rücken.

      Als Dresden im 18. Jahrhundert „entfestigt“ und von seiner Stadtmauer befreit wurde, rettete Graf von Brühl, Geheimrat und Premierminister am Hof von August dem Starken und seinem Sohn, den letzten Abschnitt. Er schüttete die Gewölbe zu und schuf die Brühlsche Terrasse. Neben dem Garten ließ er eine Galerie, eine Bibliothek, ein Lustschloss und weitere Gebäude errichten – die „Brühlschen Herrlichkeiten“.

      Erst nach seinem Tod wurde die Brühlsche Terrasse für die Dresdner Bevölkerung geöffnet. Wie schön muss es hier gewesen sein, als noch das Belvedere stand, in dem man bei Kaffee und Kuchen den Blick auf die Neustädter Elbseite genießen konnte. Das Gebäude, in dessen Keller Johann Friedrich Böttger das Porzellan erfand, wurde 1945 zerstört und soll nicht wieder aufgebaut werden.

      Der verwunschene Garten ist die einzige erhaltene „Herrlichkeit“. Neben den Traumblicken, den rauschenden Bäumen und einigen Skulpturen, die an Gerhard Richter, Caspar David Friedrich und Böttger erinnern, findet man hier einen Geheimtipp, den alle Dresdner*innen kennen: August der Starke prahlte gern mit seiner Stärke. Er zerbrach Hufeisen, zerdrückte Zinnbecher, zeugte (angeblich) 365 uneheliche Kinder und – drückte seinen Daumen in das Geländer der Brühlschen Terrasse. Auch wenn diese Geschichte nicht stimmt (das Geländer wurde viel später dort angebracht), gibt sie jeder zum Besten.

      Was sich in den zugeschütteten Gewölben unter der Brühlschen Terrasse verbarg, grub man nach der Wende wieder aus: Die Spuren des alten Dresdens, ein Gewirr von dunklen Wehrgängen, vergessenen Wachstuben und ein überbautes Stadttor, kann man in der „Festung Experience“ erkunden. Die Hochwassermarken der letzten 450 Jahre zeigen, dass die Brühlsche Terrasse heute noch ihren Zweck erfüllt: Sie schützt die Dresdner vor ihrem letzten Feind.

      Das Ludwig-Richter-Denkmal vor dem Albertinum

      Info

       Lage:

      am Altstädter Elbufer zwischen Augustusbrücke und Carolabrücke; Treppenzugang vom Georg-Treu-Platz oder vom Hasenberg, Straßenzugang an der Jungfernbastei. Ein Aufzug neben der Freitreppe ermöglicht den barrierefreien Zugang auch am Nordende der Brühlschen Terrasse.

      •Vom Brühlschen Garten hat man Zugang zur Kunstakademie im Lipsius-Bau, zur Festung Dresden mit der „Festung Experience“ und zum Albertinum mit der Galerie Neue Meister und der Skulpturensammlung.

      •Der königliche Daumenabdruck ist nirgends markiert; Tipp: in der Nähe des Böttger-Denkmals suchen, ziemlich genau gegenüber der Neuen Synagoge.

      Anfahrt: Parkmöglichkeiten in der Tiefgarage An der Frauenkirche oder auf dem Parkplatz Schießgasse; günstiger und stressfreier mit Straßenbahnlinie 3/7 Haltestelle Synagoge, von hier aus Zugang über den Hasenberg/Tzschirnerplatz

      Öffnungszeiten: immer

      Eintritt: nichts

       Restaurant:

      •Café Brühlscher Garten: liegt direkt neben dem Original und dem Albertinum; täglich ab 7:30 Uhr, warme Küche bis 22 Uhr; Tel.: 0351 481 890 1, bruehlscher-garten.de

      Website: tourdresden.de/highlights/der-balkon-europas

      KÖSTLICH, KÖSTLICH!

       Museumsbesuche sind anstrengend. Wie gut, dass direkt gegenüber dem Eingang zum Residenzschloss die Chocolaterie „Camondas“ liegt, wo man eine feine Trinkschokolade oder ein köstliches Schokoladeneis genießen kann.

      Nach der verdienten Stärkung soll es gleich weitergehen mit der Kultur? Moment! Wer eine halbe Stunde übrig hat und Schokolade mag, der kann hier direkt im Hinterstübchen des Schokoladen-Shops ein kleines, aber sehr feines Museum entdecken. Im 2018 neu eröffneten Schokoladenmuseum wartet eine ganze Reihe an Überraschungen, und zwar nicht nur für Schokoladen-Liebhaber. Hier zeigt sich eine ganz neue Facette der Barockstadt: Kaum ein Dresden-Reiseführer erzählt davon, dass Dresden im 19. Jahrhundert einer der weltgrößten Erzeuger von feinsten Schokoladenerzeugnissen war.

      Kakao und Schokolade waren lange Zeit kein Naschwerk für Kinder, sondern extrem teure Delikatessen aus dem fernen Amerika, die man mit Andacht verzehrte, wenn man sie sich überhaupt leisten konnte. Und die Schokolade war nicht einmal süß! Vielmehr sollte sie gesund sein. Von Kurfürst August dem Starken wird erzählt, dass er sich jeden Morgen eine Trinkschokolade ans Bett bringen ließ, und zwar standesgemäß von einem „Schokoladenmohren“ in speziellem Schokoladengeschirr aus Meißner Porzellan.

      Der Graf von Brühl, der von neidischen Zeitgenossen für seine Verschwendungssucht kritisiert wurde (und Dresden an den Rand des Bankrotts führte), hatte in einem eigens angelegten „Chocoladen-Gewölbe“ neun Zentner der begehrten braunen Köstlichkeit gehamstert. Als der Premierminister des Kurfürsten starb, verkaufte man seinen Nachlass, wodurch die Schokolade in Dresden vom seltenen Luxusgut zur Alltagsleckerei wurde – Angebot