mehr als 30 Schokoladenmanufakturen und Fabriken ansässig, die 4000 Arbeitskräfte beschäftigten. Im Schokoladenmuseum zeugt davon ein interaktiver Stadtplan, vor dem selbst alteingesessene Dresdner lange staunend stehen. Dresdner Schokoladen-Strategen erfanden den Schokoladen-Adventskalender und sogar die Milchschokolade (die ursprünglich mit Eselsmilch hergestellt wurde). Schokolade aus Dresden von Jordan & Timaeus oder Hartwig & Vogel genoss Weltruhm.
Der Zweite Weltkrieg und die genussfeindliche DDR-Planwirtschaft waren das Aus für die Dresdner Schokoladenkultur. Keine einzige Fabrik überlebte die DDR-Zeit. Erst in den letzten Jahren wurden wieder einige kleine Manufakturen gegründet, deren Schokoladen man im Camondas-Shop kaufen kann.
Warum gute Schokolade ihren Preis hat und warum man sie mit Genuss im Mund schmelzen lassen sollte, vermitteln die wenigen Ausstellungsräume des Schokoladenmuseums mit klug ausgewählten Exponaten und Beispielen. Und weil man Schokolade nicht erklären, sondern schmecken muss, kommt jeder in den (buchstäblichen) Genuss einer Verkostung mit allen Sinnen. Im direkten Vergleich und unter fachkundiger Anleitung lernt man, welche Zutaten in der preiswerten Supermarktschokolade vermischt werden und wie dort Geschmack quasi erschwindelt wird. Merke: Je besser eine Schokolade schmeckt, desto weniger Bestandteile hat sie. Und die kosten nun mal mehr als billige Ersatzstoffe. Qualität hat ihren Preis, aber sie schmeckt eben auch besser!
Das „Camondas“ ist gleichzeitig Shop, Museum und Café
Die Museumsleiterin schmunzelt immer wieder, wenn sie Fans handelsüblicher Schokolade von edlem Criollo-Kakao überzeugen kann und am Ende der Führung die liegengebliebenen Verkostungstäfelchen der Billig-Schokolade entsorgen muss. Wer einmal gute Schokolade gekostet hat, der gibt sich nicht mehr mit Durchschnittsware zufrieden!
Curry, Pfeffer oder Salz machen Schokolade erst interessant
Info
Lage: Schlossstraße 22, 01067 Dresden, gegenüber dem Eingang zum Residenzschloss; Tel.: 0351 3202 9191
Anfahrt: Parken in der Tiefgarage unter dem Altmarkt, im Haus am Zwinger, im Contipark an der Semperoper oder im Q-Park Frauenkirche; stressfreier ist die Anfahrt mit Straßenbahnlinie 1/2/4 zur Haltestelle Wilsdruffer Straße oder Straßenbahnlinie 7/10/11/12 und Buslinie 62/75 zur Haltestelle Postplatz.
Öffnungszeiten: Mittwoch bis Montag 11 bis 18 Uhr
Eintritt: Erwachsene 5 EUR, Kinder (7 bis 14 Jahre) 3 EUR, Familienkarte (max. zwei Kinder) 15 EUR, kleine Familienkarte (ein Erwachsener, max. drei Kinder) 10 EUR
Website: camondas.de/schokoladenmuseum
HINWEISE: Eine Mini-Filiale des „Camondas“ liegt gleich um die Ecke an der Frauenkirche. Drei Schritte weiter an der Sporergasse ist eine weitere Außenstelle, die teures, aber tolles Eis verkauft.
4 Die Breslauer Zwerge
BOTSCHAFTER AUS POLEN
In Dresden kann man an einigen Orten kleine Zwerge entdecken. Hübsch sehen sie aus, aber warum stehen sie hier? Dazu muss man wissen, dass in Breslau genau solche Kunstwerke ebenfalls zu sehen sind. Die „Krasnale“ waren ursprünglich ein Kunstprojekt der politischen Oppositionsbewegung „Orangene Alternative“, die Kritik an der kommunistischen Regierung übte.
Den Zwerg wählte der Kunststudent Waldemar Fydrych als Symbol, weil die kleinen Kerle in vielen Märchen als listig und hilfreich gelten; aber sicherlich auch, weil Künstler in den Niederlanden einige Jahre zuvor ebenfalls mit Zwergen („Kaboutern“) gegen Konsumismus und Umweltverschmutzung protestiert hatten.
Die polnischen Aktivisten waren nicht so dumm, sich offen gegen das System zu richten; das hätte ihnen Gefängnisstrafen eingebracht und wohl nichts bewirkt (die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 und der Arbeiteraufstände in Berlin 1953 waren eindrucksvoll gewesen). Stattdessen demonstrierten sie mit orangefarbenen Zwergenmützen auf dem Kopf gegen die Sommerhitze, sangen im Chor „Wir lieben Lenin!“ oder verteilten chronisch knappes Klopapier. Wieso hätte man sie dafür verhaften sollen?
Der eine gusseiserne Zwerg, der damals im Zentrum von Breslau aufgestellt worden war, verschwand schnell wieder. Im Sommer 2001 tauchte er jedoch wieder auf – lustigerweise erneut als Projekt von Kunststudenten, die an die Geschichte ihrer Stadt anknüpfen wollten. Sie platzierten ihren Zwerg, der nur handtellergroß war, an der Swidnicka-Straße, wo die „Orange Alternative“ sich in den 1980er-Jahren häufig getroffen hatte. Von da an erlebten die Breslauer Zwerge ein beachtliches Revival: Binnen weniger Jahre wurden Hunderte von ihnen angefertigt und im ganzen Stadtgebiet aufgestellt, aktuell sollen es über 600 sein. Jeder der maximal kniehohen Gesellen ist mit einem GPS-Sender ausgestattet, um Diebstahl vorzubeugen. Mitnehmen soll man sie bitte nicht, aber erlaubt ist es durchaus, die gefundenen Zwerge in einer App zu „sammeln“ – eine beliebte Aktivität von Breslau-Besuchern. Die Tourist-Info gibt zu diesem Zweck sogar einen Zwergenstadtplan heraus.
Ein Zwerg aus Breslau hält vor dem Springbrunnen am Rathaus zwei Stadtwappen hoch ...
... sein Genosse steht mit Koffer und Sonnenblume vor dem „Ratskeller“.
Statt Protest zu äußern, sind die Zwerge kleine Tourismusbotschafter von Breslau geworden. Hunderte winzige bronzene Gesellen bevölkern heute die Innenstadt der polnischen Stadt Wrocław (oder Breslau) – sie hängen an Laternen, stehen auf Ausflugsbooten, lugen um Häuserecken herum oder hocken auf Fensterbrettern.
Genau in dieser Funktion haben die „Krasnale“ im Jahr 2014 einen Vertreter ihrer Zunft nach Dresden geschickt. Die 270 Kilometer entfernte Elbmetropole ist nämlich seit 1959 Partnerstadt von Wrocław. Was wäre passender, als dieses Bündnis mit einem hilfreichen Zwerg zu besiegeln? Der Kleine sitzt etwas verschämt am Fuß des Hietzigbrunnens, der umgeben von parkenden Autos an der Seite des Rathauses steht, und hält die Stadtwappen der beiden Partnerstädte hoch. Damit er nicht allzu allein ist, bekam er 2019 Gesellschaft: Ein weiterer Zwerg, mit einem Koffer und einer Sonnenblume ausgestattet, steht – auf Wunsch der Dresdner, die darüber abstimmen durften – eine Ecke weiter am Eingang zum Ratskeller und begrüßt dort die Gäste. Wenn das so weitergeht, ist auch Dresden in zehn Jahren von Zwergen bevölkert …
Info
Lage:
•Breslauer Partnerzwerg am Hietzigbrunnen: auf der Schulgasse zwischen Rathaus und Kreuzkirche
•Breslauer Partnerzwerg am Ratskeller: an der südlichen Ecke des Rathauses, links vom Haupteingang
Anfahrt: Zufahrt über Ringstraße/Schulgasse; Parken auf dem Parkplatz Pirnaischer Platz, Dr.-Külz-Ring oder in den Parkhäusern der Innenstadt; mit Straßenbahnlinien 7/10/11/12 oder Buslinie 62/75 Haltestelle Prager Straße oder zu Fuß über den Altmarkt, vorbei an der Kreuzkirche
Öffnungszeiten: immer
Eintritt: nichts
5 Kulturpalast
Versöhnung mit der DDR-Architektur
Lange stand der Kulturpalast verschämt an der Nordseite des Altmarkts und trennte das in neuem Glanz erstrahlende historische Zentrum um die Frauenkirche von der immer noch an die DDR-Ästhetik erinnernden Prager Straße. Sollte man ihn abreißen wie seinen Kollegen in Berlin?
1969, als der Großteil der Innenstadt