Gefühl in die Magengrube zaubert, lassen Sie sich nicht verunsichern. Das ist ganz normal. Echte, ernsthaft formulierte Ziele fordern ein gewisses Maß an Konsequenz, Ausdauer und Standhaftigkeit in Bezug auf die eigene Lebensführung. Das sind wenige von uns gewohnt, wenn es um die persönliche Entwicklung geht. Wir tendieren stattdessen dazu, uns nicht festzulegen und lassen uns gerne viele Möglichkeiten offen.
Deswegen ist es gerade am Anfang wichtig, dass Sie sich nur solche Ziele setzen, die später auch wirklich erreicht werden können. Denn Überforderung und das Ausbleiben von Erfolgen ist einer der häufigsten Gründe, warum wir auf dem Weg zum Ziel unverrichteter Dinge aufgeben. Nach einiger Zeit verlieren viele Abnehmwillige den Glauben daran, dass die Gewichtskontrolle den Preis, den sie bezahlen, wert ist. Insbesondere wenn sich, und das ist die Regel, die Gewichtsabnahme nach vier bis sechs Monaten deutlich verlangsamt. Dann wird zunehmend realisiert, dass weder das persönlich gesteckte Ziel der Gewichtsabnahme, noch die damit verbundenen Wünsche wie besseres Aussehen, gesteigertes Selbstbewusstsein und mehr körperliche Aktivität realisiert werden konnten. An diesem Punkt gibt das Gros der Abnehmwilligen häufig den Versuch einer weiteren Gewichtsreduktion auf und verfällt in die alten Essgewohnheiten.
Um langfristig in der Gewichtsreduktion Erfolg haben zu können, verabschieden Sie sich unbedingt von unrealistischen Vorstellungen über Ihr Körpergewicht. Auch wenn Sie einige Kilos loswerden, wird das Ihre Körperproportionen nicht grundlegend ändern können. Wenn Sie das akzeptieren wird einiges viel einfacher werden.
Sehen Sie in der Ernährungsbeziehungsweise Lifestyle-Umstellung nicht ausschließlich das Optische. Es gibt nämlich weitaus mehr, für das es sich lohnt konsequent zu bleiben. Denn wenn Sie sich gesund ernähren und regelmäßig Sport treiben, wird sich unabhängig vom Körpergewicht etwas ändern. Ihr Selbstvertrauen wird merklich wachsen und Sie werden sich damit wesentlich wohler und belastbarer fühlen. Sie werden vor Energie strotzen, besser schlafen und erholter aufwachen. Wenn das kein Ansporn ist!
Wo stehe ich?
Die Voraussetzung für jede Ernährungsumstellung muss also eine sehr genaue und vor allem realistische Zielsetzung sein. Und hierfür wiederum müssen wir die Ist-Situation genau bestimmen: eine Verhaltensdiagnose, ungeschönt und ehrlich. Denn diese Ist-Analyse bildet das Fundament Ihres Vorhabens, Gewicht zu verlieren. Wenn hier schon Fehler(chen) eingearbeitet werden, kann die daraus folgende Struktur nicht lange standhalten, und ihre Ernährungsumstellung wird scheitern.
Die Verhaltensdiagnose klärt darüber auf, wann, wo und warum ein Mensch isst oder trinkt. In einer professionellen Ernährungsberatung übernimmt der Berater diese Funktion. Er wird dann im Verhaltensgespräch und unter Zuhilfenahme von Ernährungserhebungs-Methoden (Food-Frequency-List oder Ernährungsprotokoll) feststellen, wo die kritischen Punkte sind, und was man unbedingt ändern sollte, um sein Gewicht zu reduzieren.
Auch wenn Sie sich entschieden haben ohne professionelle Hilfe Ihr Gewicht zu reduzieren, sollten Sie zumindest vom Vorgehen der Ernährungsexperten profitieren.
Entwerfen Sie eine Tabelle, in der sie mindestens eine Woche lang genau eintragen, was, wann und vor allem warum (Essen aus Langeweile, Stress oder um schlechte Gefühle zu unterdrücken) in Ihren Mund wandert. Natürlich tut es auch ein kleines Heftchen, in dem Sie handschriftlich alles notieren. Es sollte dann aber unbedingt lesbar bleiben. Seien Sie wirklich genau und ehrlich zu sich selbst, nur so macht es Sinn. Übrigens: das Schreiben eines Ernährungsprotokolls dauert etwa fünf bis zehn Minuten am Tag. Das ist doch wirklich nicht viel, wenn man bedenkt, dass Sie die Chance auf ein völlig neues Körpergefühl haben.
Dieses sogenannte Ernährungstagebuch hat gleich mehrere Daseinsberechtigungen. Zuerst einmal schult und stärkt es die Selbstbeobachtung. Das hört sich banal an, ist es aber nicht. In der Verhaltenstherapie ist das Training einer gesteigerten Selbstkontrolle eine bewährte Strategie und enthält drei, aufeinander aufbauende Stufen.
Am Anfang, auf Stufe 1, steht die verstärkte Selbstbeobachtung. Es könnte passieren, dass Ihnen durch das Notieren Ihrer Speisen erstmals auffällt, dass sich so manche Ernährungsgewohnheit wie ein roter Faden durch Ihren Alltag zieht. Mein Paradebeispiel hierfür ist eine Kundin, die bei der Auswertung Ihres zweiwöchigen Ernährungstagebuchs verwundert feststellen musste, dass sie doch tatsächlich täglich eine Butterbrezel kaufte, wenn die „Mobile Backstube“ an ihrem Arbeitsplatz vorbeikam. Im Gespräch stellte sich heraus, dass sie die Butterbrezel geschmacklich nicht unbedingt überzeugend fand. Sie kaufte sie aus bloßer Gewohnheit und war dann erstaunt, wie einfach es für sie war, auf die Brezel zu verzichten.
Stufe 2 steht für die Bewertung. Sie übernehmen jetzt die Aufgabe des Ernährungsberaters. Erarbeiten Sie in Ihrem Ernährungstagebuch, was Sie bisher schon gut gemacht haben, und wo es Potenzial zur Verbesserung geben könnte. Dadurch werden Sie lernen, zu registrieren, warum Sie in der jeweiligen Situation gegessen haben. Es kommt zu einer intensiveren Selbstbewertung.
Sie nehmen hierfür einen roten und einen grünen Marker und geben den gegessenen Speisen damit eine Wertung. Gemüse, Obst, Nüsse, gesunde Fette und mageres Fleisch werden grün markiert, Fertig- und Wurstprodukte, Weißmehl, Süßes, Softdrinks und Säfte dagegen rot.
Die vorangegangene Selbstbewertung ermöglicht dann im besten Fall eine auf Stufe 3 kompetente Selbstverstärkung. Selbstverstärkung bedeutet, dass Sie das Zielverhalten, also das Verhalten, dass Sie selbst von sich erwarten durch kleine Belohnungen positiv verstärken oder einen aversiven Reiz entfernen. So wird das gewünschte Verhalten gefestigt. Einfach gesagt, geht es nur darum, sich zu belohnen, wenn Sie etwas gut gemacht haben. Diese Selbstbelohnung ist wichtig, um die Ernährungsumstellung langfristig beibehalten zu können.
Sie haben es geschafft, sich einen ganzen Tag lang an Ihre eigenen Vorgaben zu halten? Sie haben zum Beispiel nur drei Mahlzeiten zu sich genommen (selbstverständlich ohne Nachtisch), zwischendrin ausschließlich Wasser, ungesüßten Tee und schwarzen Kaffee konsumiert und haben bei der letzten Mahlzeit, wenn diese nach 17 Uhr stattgefunden hat, auf Kohlenhydrate verzichtet? Dazu haben Sie ausreichend stilles Wasser getrunken (1 ml pro verbrauchter kcal) und sogar auf eine leicht negative Energiebilanz geachtet? Dann belohnen Sie sich, denn Sie hatten einen perfekten Tag! Natürlich, und das ist selbstredend, belohnen Sie sich nicht mit Essen. Über geeignete Belohnungen lesen Sie später mehr in diesem Buch.
Und so könnte Ihr Ernährungsprotokoll vor der Korrektur aussehen:
Wochentag | Frühstück | Mittag | Abendessen |
Montag | 07:30 Uhr 1 Milchkaffee 1 EL Zucker 2 Toast mit Leberwurst und Butter | 13:00 Uhr in der Kantine: 1 Salat mit Hühnchen und 2 Scheiben Brot, 1 Apfelschorle, 1 ApfelSpäter: 2 Aprikosen, die hat mir eine Kollegin hingestellt. | 20.00 daheim: belegtes Brot mit Salat und Käse, 3 Tomaten, 1 Apfelschorle, 1 Tasse Früchtetee,später 2 Bananen |
Dienstag | 06:00 Uhr, Stress, früher Start wegen Geschäftsreise: 2 Tassen KaffeeSpäter: Kanapees und Happen im Meeting | 15:00 nach Meeting Essen mit Kunden: Ente süß sauer mit Reis, 1 Cola Light,Später: 1 Apfel (immer dabei) und im Vorbeigehen ein Schokoriegel | 21:00 Uhr, Essen mit Kunden nach erfolgreichem Abschluss: Antipasti, 1 Trüffelpizza, Tiramisu, 1 Apfelschorle und 3 Glas ChampagnerZu Hause: Den Rest einer Packung Chips |
Mittwoch | 07:30 Uhr 1 Milchkaffee 1 TL Zucker 2 Toast mit Leberwurst und Butter | 13:00 Uhr, Kantine: 1 Teller Putengeschnetzeltes mit Reis, 1 kleiner Salat, 1 Cola light17:00 Uhr 1 Schokoriegel und ein Milchkaffee | 20:00 Uhr daheim, langer Arbeitstag wg. Nachbereitung 1 Salat mit Schafskäse, 2 Scheiben Vollkornbrot, 0,5 l Leitungswasser |
Donnerstag | 07:30 1 Milchkaffee 2 Toast mit Leberwurst und Butter | 13:00 Uhr, Kantine: 1 Dönerteller mit Salat und Pommes, 1 Cola zero,Später: 10 Kekse und ein Milchkaffee | 20:30 Uhr bei Freunden: 1 Teller Nudeln mit Tomatensauce und Parmesan, 2 Glas Rotwein 0,5 l Mineralwasser |
Freitag | 08:30 Uhr, in der Arbeit: 2 Tassen Milchkaffee, 1 belegtes Baguette mit Salami und Käse | Stress, keine Zeit für Mittagessen, Zwischendurch: 2 Bananen, kleine SalamiSpäter: 1 Milchkaffee, 5 Kekse |
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