Getrenntseins in unser Herz gerissen.
Dann aß Eva diesen Apfel vom Baum der zweifelhaften Erkenntnis von Gut und Böse, Positiv und Negativ und entfernte sich aus der Einheit des allumfassenden Seins und Adam folgte ihr direkt hinterher.
In diesem ‚Eins-Sein‘, nahm jeder Teil seinen ursprünglichen Platz ein und fügte sich harmonisch in das Ganze, ohne etwas Besonderes zu sein.
Begriffe wie: anders, größer, kleiner, wichtig, unwichtig, besser, schlechter existierten nicht, ja machten überhaupt keinen Sinn. Die ganze Bewertungsstruktur entfaltete sich mit diesem einen Biss, und der Mensch verlor seine naturgegebene Stellung in dieser Einheit.
Dann stand er da, nackt, unverbunden und schämte sich seiner Nacktheit.
Er hatte sich verlaufen und wusste nicht mehr, wohin er gehörte.
Er hatte seinen Platz, sein ursprüngliches Zuhause verlassen, aber die tiefe Sehnsucht danach hat ihn nie verlassen und brennt immer noch tief in seinem Herzen.
Aber um sich weiterhin fühlen zu können und eine Stellung und Position zu geben, setzte er sich vergleichend mit anderen Teilen in Beziehung. Somit kam Bewegung in dieses Spiel des Lebens.
Er entwickelte die Herzenstrübungen, um seine Position zum einen zu halten und zum anderen zu verbessern. Das war die Geburtsstunde des ‚Wollens‘, und mit ihm entstanden die anderen kleinen und großen Anverwandten des Wollens: Geiz, Neid, Eifersucht, Angst, etwas zu verlieren oder nicht zu bekommen, auch der Ärger und die Sorge reihten sich hier ein.
Alle Dinge, die das Wollen dann heranholte, verbanden ihn aber nur scheinbar mit ‚etwas da draußen‘, für kurze, vergängliche Zeit.
Diese Dinge konnten die Leere der tiefen Sehnsucht nach dem wirklichen Zuhause nie füllen.
Wir fanden nur scheinbar Wege, um diese Verbundenheit kurzfristig zu fühlen, aber erhofften uns ewige Zufriedenheit. Wir besorgen uns ‚Dinge‘, die uns freudvoll und glücklich stimmen. Wenn die Freude spürbar ist, verweilen wir im Moment und fühlen uns mit und über diese Dinge verbunden.
Aber diese ‚Dinge‘ bleiben nicht. Gehen sie, vergehen auch die Freude und das Glück.
Und so geht es weiter und weiter und weiter … bis zu der Erkenntnis: Ich habe mich abhängig gemacht von Glück und Freude, die ich im Außen bekam. Habe mein Wohlbefinden und meine Selbst-Wertschätzung in das Bewertungssystem der Anderen und der Welt gelegt und wurde so zum Spielball der Launen der ‚Welt‘.
Ich habe meine Kraft veräußert und bin abhängig geworden von Lob und Tadel, Anerkennung und Ablehnung, Freude und Glück, Ruhm und Ehre, habe mich selbst verloren, irgendwo da draußen, und versuche die Einzelteile meiner Ganzheit stückchenweise zurückzuholen.
Doch dort werde ich nichts finden, das dauerhaft bei mir bleibt, in dieser vergänglichen Welt mit ihren vergänglichen Erscheinungen. Ein Ankommen kann es so nicht geben.
Am Ende der Tage bleibt die Verzweiflung über die Irrwege und das nicht wiedergefundene Paradies. Es bleibt nur ein Strom von Sand, der mit einem Abschiedslied stetig durch meine Finger rinnt.
Dann sind meine Hände wieder leer. Weil es nichts, aber auch gar nichts zu halten gibt.
Wonach werde ich als Nächstes greifen?
Und so irrt der Wanderer weiterhin durch die heißen und kalten Wüsten der Einsamkeit, angetrieben, gestoßen, gedrängt von dieser tiefen Sehnsucht nach Liebe, nach Hierbleiben, Verbundenheit und stillem Sein …
Systeme
Alle Geschichten, die das Leben erzählt, spielen sich in Zusammenhängen ab, mit den dazugehörigen Situationen und Menschen und deren Rollen, die sie in diesen Systemen einnehmen.
Von einer systemischen Betrachtungsweise sprechen wir, wenn wir die Dinge als System betrachten, einzelne Teile in Zusammenhang zueinander und zum größeren Ganzen sehen. Ursachen für Probleme werden nicht bei den einzelnen Teilen, sondern in der Struktur des Systems gesucht. Denn Probleme und Konflikte resultieren meist aus zugrundeliegenden Strukturen und weniger aus individuellen Fehlern oder bösen Absichten. Systemisches Denken löst sich von richtig und falsch, gut und böse, unschuldig und schuldig.
Verbundene Hände
Während meiner Hospizhelferausbildung hatte ich ein sehr beeindruckendes Erlebnis:
Die Leiterin bat uns, in einem Kreis Aufstellung zu nehmen und die Hände gefaltet vor die Brust zu nehmen. Sie nahm einen langen Faden und verband alle Hände damit.
Dann bat sie einen der Teilnehmer, irgendeinen Finger seiner Hand zu bewegen.
Als mein Gegenüber einen Finger bewegte, spürte ich sofort über den verbundenen Faden seine Bewegung und alle anderen natürlich auch.
Ein wunderbares Beispiel, das fühlen und erleben lässt, dass jede Bewegung, die wir machen, Auswirkungen auf das Ganze hat und dass wir alle miteinander verbunden sind.
Manche Menschen halten, bewusst oder unbewusst,
ganze Familienverbände oder andere Strukturen
zusammen. Sie nehmen oft unbewusst einen Platz ein,
damit Systeme erhalten bleiben. Bewegt sich aber ein
‚Finger‘ auf der anderen Seite, spüren es alle.
Wie zum Beispiel diese Frau:
Als junges Mädchen bekam sie eine Nierenkrankheit. Alle Augen in diesem Familiensystem schauten auf dieses kleine Mädchen, besonders natürlich ihre Eltern.
Die Eltern, nie wirklich gemeinsam im Herzen verbunden und vielleicht manchmal sogar kurz vor der Trennung stehend, blieben zusammen, weil die vielen Aufgaben um Haus, Hof und Familie eine Trennung eigentlich unmöglich machten. Nehmen wir mal an, dass dieses Mädchen die Energie zwischen den Eltern genau so spürte und Angst hatte, dass es eine unglückliche Trennung geben könnte.
Systemisch betrachtet, könnte es so gewesen sein, dass dieses Mädchen durch ihre Krankheit einen Fokus entstehen ließ, der die ganze Aufmerksamkeit auf sich zog und die Eltern über die gemeinsame Sorge für ihre Tochter wieder auf dieser Ebene verband. Und auch der Rest der Familie, ihre Schwester, die Großeltern waren über die Sorge, aber auch über die Fürsorge, die sie nun entwickelten, miteinander verbunden.
Wir haben heutzutage das Phänomen der späten Trennungen.
Meist sind es die Frauen, die sich aus der Ehe verabschieden, oft erst dann, wenn die Kinder ihre eigenen Wege gehen können. Einige haben sich lange zurückgehalten, vieles ausgehalten, auch die jammernde Schwiegermutter, den schon lange nicht mehr spürbaren Mann, haben oft ihre Bedürfnisse, ihre Karriere hinten angestellt, sich untergeordnet, auch der Kinder wegen, und haben so Systeme erhalten.
So erging es auch Maria.
Sie war eingebunden in die Versorgung ihrer zwei Kinder, ihres Mannes, regelte den Umbau eines alten Hauses, erfuhr wenig Unterstützung durch ihren Mann, arbeitete noch halbtags und dann hing auch noch die Schwiegermutter an ihr, die über das Jammern und Lamentieren die Verbindung zu ihr suchte, und zwar jeden Tag.
Diese ‚brave‘ Frau ließ sich so in alle Richtungen zerren und drücken und verlor langsam den Kontakt zu sich selbst, den Kontakt zu ihren eigenen Bedürfnissen, verlor ihre Kraft und die Freude am Leben, und Angst wurde ihr alltäglicher Begleiter.
Schließlich ging sie in Therapie, nahm Tabletten, und es ging ihr trotzdem immer schlechter. Auch das Leben zu beenden kam ihr in den Sinn.
Irgendwann machte sie mutige Schritte und verabschiedete sich von diesem Familiensystem. Sie vollzog die schon zehn Jahre gefühlte Trennung von ihrem Mann und entzog sich ihrer Schwiegermutter als Empfängerin für ihr ständiges Gejammer.
Sie entdeckte ihre vernachlässigte Kraft und Freude und die Persönlichkeitsanteile,