Matthias Dhammavaro Jordan

Erfahre dein wahres Selbst


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dann braucht es Mut, um sichere Schritte zu sich selbst zu gehen. Es braucht Vertrauen in die eigene Wahrnehmung und in die Einschätzung der Situation. Es braucht eine innere Kraft, die hilft, alle diese Schritte gehen zu können. Es ist der mutige Sprung für diejenigen, so, wie es Picasso formulierte: ‚…die sich im Ungeborgenen geborgen fühlen…‘.

      Es gibt allerdings keine Garantie für irgendetwas, was die Zukunft und die sich wechselnden Lebensereignisse betrifft. Aber man kann sich auf die eigene Kraft beziehen, sie ist da, vielleicht etwas verschüttet und vergessen, aber sie ist da! Und ein wichtiger Schritt zu ihr ist es, dass man sich selbst mag und mit sich einverstanden ist.

      Das, was man an sich nicht mag oder womit man nicht einverstanden ist, bezieht sich nur auf einzelne Persönlichkeitsanteile. Mit einem sehr freundlichen und gütigen Blick auf sich selbst kommt man vielleicht zu einer inneren Klarheit, die zu weiteren eigenständigen Schritten führt.

      Freude ist eine wichtige Kraftquelle, und es gibt Hinweise, wie wir unseren Geist freudvoll stimmen können. Vielleicht kann ich mich an innere Qualitäten erinnern, die nicht so offensichtlich sind, vielleicht einfach nur meine Ehrlichkeit und Gradlinigkeit, auch im Kontakt zu anderen.

      Was ist es, was Sie an anderen schätzen? Genau diese Qualitäten schätzen Sie auch an sich selbst. Erinnern Sie sich an Ihre Freundlichkeit und Großzügigkeit oder andere verbindende Qualitäten, dann entsteht Freude, und diese Freude verbindet Sie mit ihrer Kraft.

      Auch die Fähigkeit, zu verzichten, ist eine Kraft in uns. Ich muss nicht immer alles nehmen, was ich nehmen kann, manchmal auch mit unlauteren Mitteln.

      Wenn Sie sich an Ihre ethisch-moralische Überzeugungen erinnern, so ist auch das eine Kraftquelle. Gradlinigkeit im Sein und Handeln hält Ihre innere Kraft zusammen. Die Klarheit Ihrer Absichten auch: wenn kein zweites, unsicheres, kräftezehrendes Zweifeln, Bedenken und Hadern entsteht.

      Aber auch diese Kräfte sind in uns, und wenn Sie sie bei sich entdecken, seien Sie sehr freundlich und nachsichtig mit sich selbst, und verurteilen Sie sich nie für diese Dinge, die Sie da in sich entdecken. Ordnen Sie Ihren ‚Werkzeugkasten‘ und entscheiden Sie, welche Werkzeuge wann und wo zu benutzen und einzusetzen sind.

      Selbstachtung

      Wenn mein Handeln mit meinen Werten übereinstimmt, fühle ich Selbstachtung.

      Wenn ich zu mir stehe, auch wenn andere Menschen etwas von mir wollen, das ich nicht bereit bin zu geben, wenn ich mich nicht verbiege und auch ‚nein‘ sagen kann, weil dieses ‚Nein‘ aus einer inneren Überzeugung kommt, dann fühle ich Selbstachtung.

      Es kann sehr schnell passieren, dass ich etwas tue oder sage, um anderen zu gefallen oder irgendeinen Vorteil zu ergattern.

      Folge ich nicht meiner Überzeugung, lasse ich mich schnell von den ‚Wölfen hinreißen, mit ihnen zu heulen‘, passe mich an die Meinung der Mehrheit an, vielleicht auch, um andere ‚Stimmen‘ in mir nicht hören zu müssen, wie die Angst, die Sorge oder die Einsamkeit.

      Manchmal mache ich mich bewusst klein, damit andere mich nicht angreifen oder ich nicht ins Kämpfen kommen muss. Manchmal mache ich mich auch deswegen klein, damit andere mir mein ‚Wohlsein‘ nicht neiden. Ich verleugne manchmal sogar gewisse Überzeugungen und Haltungen dem Leben gegenüber, und so weiter und so fort.

      Bin ich dann aus der Situation wieder heraus, kann sich zuweilen ein schales Gefühl einstellen und ein Wundern über das, was ich da gerade sagte oder tat. Schlimmstenfalls verachte ich mich dann selbst für genau das, was ich eigentlich bei anderen auch verachten würde.

      Aber es gibt auch die andere Möglichkeit: Ich stehe zu mir, spreche aus meiner Wahrheit heraus, folge meiner Überzeugung, beachte meine Bedürfnisse. Ich entspreche nicht den Sorgen, Ängsten, Hoffnungen oder Erwartungen anderer, sofern ich das nicht will oder es als unangemessen erachte.

      Zu sich selbst, als dem Menschen, mit dem Sie immer zusammen sind, sollten Sie ein wirklich gutes Verhältnis haben: sich lieben, achten und wertschätzen mit allen Anteilen (oder Stimmen des Selbst), die es da in sich zu entdecken gibt.

      Betrachten Sie sich als spirituelle Amazone oder Krieger, bereit, sich diesen Kräften zu stellen. Entdecken Sie in sich die Aussicht auf eine neue Freiheit, nämlich die Freiheit, nicht mehr auf unheilsame Kräfte reagieren zu müssen. Sie haben nur sich selbst. Sie leben mit sich selbst, auch wenn Sie Beziehungen nach da draußen haben.

      Am Ende werden Sie sterben und dann mit sich selbst alleine sein.

      Der einzige Ort, der Ihnen Kraft und Sicherheit gibt, liegt in Ihnen selbst.

      Zusammenfassend:

      In jedem System nehmen Menschen Rollen ein, ziehen Masken auf oder sie werden ihnen zugeordnet. Wenn das nicht durchschaut wird, lassen wir uns auf die verschiedenen Geschichten unseres Lebens reduzieren und vergessen die Weite, aus der wir kommen, die wir sind. Je mehr Bedürfnisse in einem System befriedigt werden, desto angenehmer fühlt es sich an und umso bereitwilliger spielen wir da mit.

      Die Unbeständigkeit des Seins gibt uns die Dinge, aber nimmt sie uns auch wieder.

      Manche dieser Veränderungen heißen Lebenskrisen. Sie ermöglichen ein Aufwachen aus dem Traum der persönlichen Identifikation mit einer Geschichte meines Lebens und laden zu neuem Hinschauen ein, vielleicht in den Zwischenraum, der die Grundlage für alle diese Geschichten ist.

      Wer etwas sein, haben oder werden will, ist schon wieder direkt auf dem Weg in eine neue Falle. Und doch brauche ich diese verschiedenen Persönlichkeitsanteile oder Masken, um mich der Welt zu zeigen, um mit der Welt in Verbindung zu treten, um mich in ihr zu bewegen.

      Ich darf nur nicht vergessen, diese Masken wieder abzusetzen, und schon gar nicht darf ich glauben, dass ich eine dieser Masken bin.

      Worauf beziehe ich mich in mir, wenn ich ‚Ich‘ sage? Inwieweit verliere ich mich im Außen?

      Finde ich den stillen, freudvollen ‚Ort‘ in mir? Wertschätze ich mich? Was habe ich eigentlich für eine Meinung von mir und über die Dinge, die ich tue, sage, fühle oder denke? Sage ich JA zu mir, mit allem, was ich da in mir finde? Bin ich meine beste Freundin, mein bester Freud geworden? Liebe ich mich?

      EGO

      Ich definiere diesen Begriff mit drei Worten, die sich aus den drei Buchstaben ableiten: Erlebte Geschichten Organisieren.

      Geschichten sind immer Vergangenheit oder Zukunft, erlebte Geschichten, erdachte Geschichten.

      Was mache ich, wenn ich Geschichten organisiere?

      Ich setze mich in Bezug zu diesen Geschichten, indem ich darüber nachdenke, sie bewerte und einordne, eine Meinung darüber habe und sie wieder in Bezug zu anderen Geschichten setze und all den Menschen, die irgendwie damit zu tun haben, zu tun hatten oder haben werden. Und so kreiere ich Szenarien und Vorstellungen über die Zukunft, die wahrscheinlich nie so eintreffen, wie ich es mir erdenke.

      Aber die meisten Menschen haben ein Bedürfnis nach Sicherheit und möchten das mögliche oder erhoffte oder auch gefürchtete Ereignis in der Zukunft kennen. Ich möchte wissen, was auf mich zukommt, damit ich jetzt schon eine mögliche Reaktion vorbereiten kann und vorbereitet bin.

      Das Gleiche gilt für Geschichten aus der Vergangenheit, die ich aufgrund meiner selektiven Beobachtung bewerte, damit in Bezug trete und die ich bestimmt anders erlebt habe als Menschen, die auch dabei waren.

      Jeder Mensch schaut durch seine Brille, durch seine Masken und die eigene individuelle Begrenztheit. Und in der Begrenztheit gibt es keine Weite und keine Offenheit und somit keine Öffnung, gegenwärtige Erlebnisse zu empfangen.

      Mooji sagt dazu: „Triff niemals irgendwelche Vorbereitungen, um einem anderen Menschen zu begegnen. Begegne ihm immer wieder neu und frisch.“

      Diese Aussage kann man auch auf andere Situationen ausweiten.

      Immer wieder kann die Frage gestellt werden: Was ist die Quelle meines Handelns?

      Mache