Pete Hackett

Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane


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Geier, das …“

      „Das ist kein Bluff, Sol!“, erklärte Baxter hart.

      In Denricks knochigem Gesicht arbeitete es.

      „Haben Sie nicht gehört, dass er es ablehnte, für uns zu reiten?“

      „Das ist kein Grund, ihn umzubringen!“

      „Wollen Sie ihn einfach reiten lassen? Mit dem Wissen, wo unser Versteck liegt?“

      „Er wird es Monroe nicht verraten, davon bin ich überzeugt!“

      „Wer garantiert dafür? Sie kennen doch Monroe! Wenn Monroe es will, bringt er den härtesten Mann zum Sprechen! Nein, Baxter, nein, dieses Risiko gehe ich nicht ein! Haben Sie nicht selbst gesagt, dass wir bald zuschlagen? Wollen Sie jetzt zum Schluss noch einen Fehler begehen? Wenn Sie mich und die Mannschaft nicht verlieren wollen …“

      „Es gibt noch eine andere Möglichkeit, Sol!“, sagte Baxter rasch. „Wir können ihn gefangen im Camp halten, bis alles vorbei ist!“

      „Diesen Kerl? Wieder ein Risiko, das ich nicht eingehen will! Boss, ich habe ihn in der Stadt kämpfen gesehen! Er ist wie ein Panther, jawohl! Nein, ich bin erst beruhigt, wenn er eine Kugel im Kopf hat und …“

      „Dann vergiss nur mein Schießeisen nicht, Sol! Du hast lange genug auf eigene Faust gehandelt! Jetzt führe ich wieder das Kommando – wenn es sein muss mit rauchendem Colt!“

      Sol Denrick schluckte würgend. Zorn und Besorgnis vermischten sich in seinen engen Augen.

      „So weit gehen Sie nicht, Baxter!“

      „Dann versuche es doch!“, knurrte der Grauhaarige grimmig. „Los! Du brauchst nur auf ihn zu schießen, Sol, dann erfährst du sofort, wie weit ich gehe!“

      Denrick wand sich.

      „Baxter, ich …“

      Draußen trommelte plötzlich Hufschlag. Stimmen gellten durcheinander.

      Mit einem langen Schritt war Denrick dicht hinter Tonto und riss ihm mit einer blitzschnellen Bewegung den Revolver aus der Halfter. Er schleuderte die Waffe in die Blockhausecke, wandte sich dann halb um und zog die Tür auf.

      Draußen kam eben ein schweißbedecktes Pferd zum Stehen. Ein schnurrbärtiger Mann mit eckigem Kinn sprang aus dem Sattel und kam auf die Tür zugerannt.

      „Hugh Boynton!“, rief Denrick überrascht.

      „Menschenskind, Hugh, was ist los?“

      Der Schnurrbärtige langte auf der Schwelle an und lehnte sich schweratmend gegen den Türrahmen. Sein Gesicht war rot und schweißnass.

      Denrick rüttelte ihn an den Schultern.

      „Hugh! Los, heraus mit der Sprache, Mann!“

      Boyntons Atem beruhigte sich allmählich.

      „Sie kommen direkt auf die Schlucht zu!“, stieß er hervor und wischte sich fahrig über die Stirn. „Direkt, sage ich euch! Noch eine Stunde, und sie sind da!“

      Hinter ihm drängten die anderen Mitglieder der Baxter Bande heran. Das Stimmengewirr verstummte jäh, als Boynton geendet hatte.

      Denrick biss sich auf die Unterlippe und starrte Hugh Boynton betroffen an. Den Colt hatte er längst sinken lassen. Er schien Tonto vergessen zu haben.

      Tonto spähte zu seinem Revolver in der Zimmerecke. Da sagte Baxter leise:

      „Bleiben Sie ruhig stehen, dann ist alles in Ordnung!“ Sein 45er bewegte sich leicht.

      „Hugh, nimm dich zusammen!“, rief Baxter dann. „Wer ist nach hier unterwegs? Monroe mit seinen Leuten?“

      „Das nicht!“, schüttelte der Schnurrbärtige den Kopf.

      „Es ist dieser junge schwarzhaarige Kerl, der uns neulich bei dem Überfall …“ Er verstummte, warf Denrick einen schrägen Blick zu. und hustete verlegen.

      „Nur zu, Hugh!“, forderte Baxter scharf. „Ich weiß Bescheid über die Überfälle!“

      Boynton räusperte sich.

      „Nun ja! Es ist also dieser Kerl, der uns neulich entkam. Ich habe seinen Namen einmal in Silverrock aufgeschnappt. Milburn, Cleve Milburn heißt er.“

      „Ist er allein?“, fragte Denrick hastig, der sich wieder gefangen hatte.

      „Seine Schwester ist bei ihm, diese rothaarige Tänzerin aus dem Frontier Palace!“

      Tonto stockte der Atem, als er das hörte.

      Denricks Miene wurde verkniffen. „Nur die beiden? Das wird nicht schwierig sein!“

      „Aber wir müssen uns beeilen!“, drängte Boynton. „Sonst stoßen sie geradewegs auf die Schlucht!“

      „Habt ihr alles gehört?“, rief Denrick den Desperados zu.

      „Worauf wartet ihr dann noch? Los, zu den Gäulen, Leute!“

      Er warf Baxter einen schnellen scharfen Blick zu.

      „Es ist Ihnen doch klar, dass wir die Milburn Geschwister abfangen müssen, nicht wahr?“

      Gray Baxters Lippen waren fest zusammengepresst. Ein Schimmer von Bitterkeit glänzte in seinen harten grauen Augen. Er sagte kein Wort.

      Denrick zog Boynton ungeduldig ins Freie. Drüben zerrten die anderen Banditen bereits die Gäule aus dem weiträumigen Korral und sattelten.

      „Hör zu, Hugh!“, raunte Denrick dem Schnurrbärtigen zu. „Du kommst nicht mit! Du bleibst im Camp und kümmerst dich um Tonto! Dieser Dummkopf will sich nicht mit uns verbünden, und Baxter will ihn schonen! Stell dir das vor, Hugh!“

      „Hm, und was soll ich …“

      „Ich will es dir sagen, Hugh! Tonto muss sterben! Kann ich mich auf dich verlassen, Hugh?“

      „Das wird schwierig sein, wenn Baxter …“

      „Du bekommst eine Sonderprämie von dem Silber, Hugh!“

      Der schnurrbärtige Bandit grinste breit.

      „Dann brauchst du dir allerdings keine Sorgen mehr zu machen, Sol! Wenn du zurückkommst, wird dein Auftrag erledigt sein!“

      Denrick klopfte ihm zustimmend auf die Schulter und eilte zum Korral hinüber, wo ihm einer der Banditen bereits sein gesatteltes Pferd entgegenführte …

      *

      Cleve Milburn zügelte seinen Braunen und wandte sich seiner Schwester zu.

      „Es ist sinnlos, dass du mir nachgeritten bist, Sally! Kehre jetzt um, solange du den Weg zurück zur Stadt nicht verlieren kannst!“

      Sie schaute ihn eindringlich an.

      „Nicht ohne dich, Cleve!“, erklärte sie entschieden.

      Sie trug diesmal eine ausgeschnittene, knapp sitzende Bluse, einen geteilten Reitrock und halbhohe, mit Stickereien verzierte Reitstiefel. Das kupferrote Haar fiel locker und seidig auf ihren Rücken hinab, im Nacken von einem blauen Band zusammengehalten. Die Art, wie Sally Milburn im Sattel saß, verriet die geübte Reiterin. In dieser Kleidung und auf dem Rücken des Pferdes wirkte sie mädchenhafter. Frische strahlte von ihr aus.

      Cleves Miene war angespannt, als er den Kopf schüttelte.

      „Du musst vernünftig sein, Sally! Mach dir doch endlich klar, dass ich kein kleiner Junge mehr bin, auf den du auf passen musst.“

      „Ich habe mir etwas anderes klargemacht“, erwiderte sie herb. „Wir befinden uns mitten in dem Gebiet, in dem das versteckte Camp der Baxter Bande liegen muss.“

      Ihr Blick glitt besorgt über die bewaldeten Berghänge und die zerklüfteten Felswände links und rechts. Hoch droben im Blau des Firmaments zog ein Geier seine weiten lautlosen Kreise.

      „Das