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Agile Organisation – Methoden, Prozesse und Strukturen im digitalen VUCA-Zeitalter


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B. in die in Abbildung 8 aufgeführten sechs Teilzeile der Organisationsgestaltung.

      Diese sechs Gestaltungsziele sind generelle Anforderungen, die an jede Organisationslösung zu stellen sind – und zwar früher wie heute. Da die Ziele aber z. T. konfliktär zueinander sind und nie alle in optimaler Weise erfüllt werden können, ist jeweils situationsspezifisch zu entscheiden, welche Ziele im Vordergrund stehen bzw. wie die verschiedenen Ziele gewichtet werden sollen. In eher weniger dynamischen Umfeldern mit relativ stabilen Kundenanforderungen und standardisierbaren Prozessen stehen meist eher die auf Effizienz ausgerichteten Ziele im Vordergrund. In dynamischen VUCA-Umfeldern mit instabilen bzw. unklaren Kundenanforderungen, sollten dagegen die Ziele auf der linken Seite von Abbildung 8 höher gewichtet werden. Hier ist es wichtig, anpassungsfähig zu sein und überhaupt die richtigen Kundenbedürfnisse zu erkennen und zu adressieren. Auch die gewählte strategische Ausrichtung des Unternehmens (z. B. Kosten- vs. Innovationsfokus) hat natürlich einen Einfluss auf die relative Bedeutung der sechs Gestaltungsziele.

Fokus auf Effizienz
Markt- und Kundenorientierung = Grad der Ausrichtung an Marktsituation und Kundenbedürfnissen Ressourceneffizienz = Grad der Wirtschaftlichkeit der Ressourcennutzung
Anpassungs- & Entwicklungsfähigkeit = Grad der Fähigkeit zur (schnellen) Anpassung an und proaktiven Gestaltung von Veränderungen/Innovationen Prozesseffizienz = Grad der Standardisierung, Automatisierung und Störungs-/Fehlerfreiheit von Prozessen
Unterstützend
Humanressourcen-Orientierung = Grad der Berücksichtigung der Qualifikation und Motivation der betroffenen Menschen
Führungsfähigkeit = Grad der Fähigkeit zur Koordination der arbeitsteiligen Aufgabenerfüllung und Ausrichtung an übergeordneten Zielen

      Abb. 8: Ziele der Organisationsgestaltung47

      Agilität i.e.S., d. h. im Sinne von (schneller und flexibler) Anpassungs- und Entwicklungsfähigkeit ist seit jeher ein grundlegendes Ziel von Organisation – eines von mehreren. Die Bedeutung dieses Ziels war in der Vergangenheit aber häufig geringer als heute. Bei der Abwägung von effektivitäts- und effizienzorientierten Zielen standen in der Vergangenheit häufig die eher effizienzorientierten Ziele im Vordergrund.

      Agilität i.w.S. (so wie hier im Buch verstanden) steht für eine Ausrichtung primär an der linken Seite von Abbildung 8. Denn in einem weiten Verständnis ist neben der Anpassungs- und Entwicklungsfähigkeit auch eine ausgeprägte Markt- und Kundenorientierung ein Teilaspekt von Agilität (vgl. Kapitel 4). Und auch der Umgang mit Humanressourcen und der Ansatz der Führung ist bei agilen Ansätzen anders als bei klassisch-hierarchischen Ansätzen. Die stärkere Ausrichtung auf die Effektivität bedeutet auch nicht zwangsweise eine geringere Effizienz oder gar Ineffizienz. Gerade in komplexen Umfeldern (vgl. Kapitel 2.4) kann ein agiles gegenüber einem klassischen Vorgehen auch Effizienzvorteile bringen, weil basierend auf frühzeitigem und kontinuierlichem Kundenfeedback nur ein Minimum an Zeit in nicht-wertschöpfende Dinge fließt. Hohe Aufwände für Dinge, die der Kunde nicht braucht – in der Lean-Literatur (Kapitel 2.3) wird von „Waste“ bzw. Verschwendung gesprochen – entfallen.48

      3.2 Gestaltung von Prozessen

      Etwas vereinfacht folgt die Organisationsgestaltung der in Abbildung 9 dargestellten Logik: Die zur Erreichung der Unternehmensziele notwendige Gesamtaufgabe wird zunächst in Teilaufgaben und zugehörige Aktivitäten geteilt. Die Aktivitäten definieren, was zur Erfüllung der Gesamtaufgabe alles zu tun ist. Darauf aufbauend stellt sich die Frage, wie dies effektiv und effizient getan werden soll. Das impliziert zum einen die Reihenfolge der Aktivitäten (Prozesse) und zum anderen die Aufteilung auf verschiedene Personen sowie deren Beziehungen zueinander (Strukturen).

      Abb. 9: Theoretisches Vorgehensmodell der Organisationsgestaltung49

      Prozessdefinition

      Bei der Prozessgestaltung werden die zur Erfüllung der Gesamtaufgabe notwendigen Aktivitäten in eine sinnvolle Reihenfolge gebracht. Dabei sind die sachlogischen, zeitlichen und räumlichen Abhängigkeiten zwischen den Aktivitäten zu beachten. Außerdem hängt der optimale Ablauf auch davon ab, was das konkrete bzw. primäre Ziel ist. Typische Ziele der Prozessgestaltung sind eine hohe Ergebnisqualität, kurze Durchlaufzeiten, hohe Prozessflexibilität und niedrige Prozesskosten.

      Ein guter Prozess sollte an der konkreten Kundenanforderung ansetzen und mit der Bereitstellung der gewünschten Leistung für den Kunden enden. Das heißt, es sollte nicht einfach irgendein Output fabriziert werden, sondern es sollte darum gehen, konkrete Kundenbedürfnisse zu befriedigen. Wenn Prozesse in dieser Logik von Kundenanforderung bis Kundenbefriedigung gedacht werden, wird auch von „End-to-end“-Prozessen gesprochen. Eine fehlende End-to-end-Betrachtung bzw. die Gestaltung oder Optimierung von einzelnen Prozessteilen, ohne das große Ganze zu berücksichtigen, ist einer der häufigsten Kritikpunkte an vielen Prozessen in der Praxis.

      Ein Prozess ist eine sachlogisch, zeitlich und räumlich geordnete Folge von Aktivitäten (insb. Entscheidungen, Handlungen), die Eingangsgrößen (Input, insb. Materialien, Informationen) in Ausgangsgrößen (Output, insb. Produkt, Dienstleistung) transformieren.50

      Abb. 10: Darstellung eines Prozesses (beispielhaft)

      Prozessarten

      In Unternehmen sind sehr unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen und damit auch sehr unterschiedliche Prozesse zu gestalten. Eine zentrale Unterscheidung ergibt sich aus der Häufigkeit mit der ein Prozess durchlaufen wird (vgl. Abildung 11). Auf der einen Seite gibt es Prozesse, die in großer Zahl und über einen längeren Zeitraum immer wieder gleichartig ablaufen (Massenprozesse). Auf der anderen Seite des Kontinuums stehen einmalige Aufgaben, bei denen die Aktivitäten jedes Mal unterschiedlich aussehen und immer wieder komplett anders ablaufen (Einzelbzw. Individualprozesse). Viele Prozesse in der unternehmerischen Realität bewegen sich zwischen diesen beiden Extremen (Hybridprozesse).

      Abb. 11: Prozesskontinuum

      Bei einem Automobilhersteller bspw. gehört der Produktionsprozess zur Kategorie der Massenprozesse. Auf Basis eines definierten Prozesses werden Tausende oder gar Millionen von Autos im immer gleichen Ablauf produziert. Die Aktivitätenfolge zum Umgang mit der Covid-19-Pandemie bewegt sich dagegen auf der anderen Seite des Kontinuums. Auf diese Herausforderung war keiner vorbereitet und es mussten ganz neue und unerwartete Aktivitäten in einer sinnvollen Reihenfolge durchgeführt werden (Einzelprozess). Der Prozess zur Entwicklung eines neuen Autos ist irgendwo in der Mitte des Kontinuums einzuordnen (Hybridprozess). Einerseits gehört