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Geist & Leben 4/2019


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Erzieher an der Stella Matutina in Feldkirch zu übernehmen. Die in der Stella und wohl auch seine im Krieg gemachten Erfahrungen waren für ihn im Rückblick sehr wertvoll, gerade als Provinzial der oberdeutschen Provinz im Dritten Reich. Augustin Rösch bewertet diese Jahre im Rückblick als „Plan der Vorsehung“.

      Im Herbst 1923 kehrte Rösch ins Niederländische Valkenburg zurück, um hier seine theologischen Studien zu vollenden. Am 27. August 1925 erfolgte die Priesterweihe. Nach einem kurzen Einsatz in der Seelsorge ging Rösch zum letzten Ausbildungsjahr, dem sogenannten „Terziat“, nach St. Andrä (Kärnten). Am Ende seines letzten Ausbildungsjahres wurde Rösch im Juli 1929 zum Generalpräfekten an der Stella Matutina in Feldkirch bestimmt. Nun sollte er die Erziehung im ganzen Internat leiten, das mit etwa 500 Jugendlichen besetzt war. Einer seiner untergeordneten Präfekten war dabei Alfred Delp. Der gemeinsame Widerstand gegen den Nationalsozialismus sollte beide später nochmals schicksalhaft zusammenführen. Überraschend wurde Rösch am 15. August 1935 zum Provinzial der Oberdeutschen Provinz in München bestimmt.

      Die Machtübernahme der Nationalsozialisten

      Bereits im Januar 1931 hatte der Erzbischof von Breslau, Adolf Bertram, vor der nationalsozialistischen Rassenideologie gewarnt.5 Mit der Machtübernahme im Jahr 1933 veränderte sich aber das Verhalten der katholischen Kirche und die Angriffe und Warnungen wurden eingestellt. Hitler hatte in seiner Regierungserklärung vom 21. März 1933 versprochen, die mit dem Vatikan geschlossenen Verträge auf Länderebene zu respektieren. Hitler gab aus parteitaktischen Gründen öffentlich den „christlichen“ Staatsmann und spielte der katholischen Kirche eine künftige vertrauensvolle Beziehung vor. Tatsächlich war es lediglich eine hinhaltende Maßnahme, um den Episkopat in Sicherheit zu wiegen. Zwischenzeitlich hatte es in den Reihen der Katholiken, die sich gegen das nationalsozialistische System öffentlich aufgelehnt hatten, die ersten Todesopfer gegeben, wie etwa den engagierten katholischen Publizisten und eindringlichen Warner Fritz Gerlich. Nicht wenige Katholiken, wie etwa der Schriftsteller Reinhold Schneider, waren von ihrer Amtskirche enttäuscht und der Vorwurf war nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Kirche nun den neuen Machthabern anbiederte. Doch selbst für Leute wie den regimekritischen Münsteraner Bischof Graf von Galen galt die staatsbürgerliche Loyalität als „unverbrüchliche Norm“.

      Provinzial in schwierigen Zeiten (1935–1944)

      In einer Zeit, in der sich das Verhältnis der katholischen Kirche zu den Nationalsozialisten weiter verschlechterte, wurde Augustin Rösch 1935 zum Provinzial der oberdeutschen Provinz der Jesuiten berufen. Die Reaktion bei Röschs Antrittsbesuch bei Kardinal Faulhaber war nicht unbedingt aufmunternd, als das Münchner Kirchenoberhaupt ihm gegenüber äußerte: „Sie armer P. Provinzial! Der Hass und die Feindschaft der Nationalsozialisten sind so groß gegen die Gesellschaft, dass Sie, lieber P. Provinzial, gerade recht kommen zur Auflösung Ihres Ordens.“6

      Fast gleichzeitig mit dem Amtsantritt Röschs eskalierte auch in München mit den Predigten des Männerapostels P. Rupert Mayer der Konflikt mit den nationalsozialistischen Machthabern.7 Mayer musste sich am 8. Mai 1936 erstmals bei der Politischen Polizei wegen angeblich staatsfeindlicher Äußerungen in Predigten verantworten. Im Juli 1937 stand P. Mayer als Angeklagter vor Gericht. Er wurde beschuldigt, sich in seinen Predigten gegen das Gesetz „Betr. Kanzelmissbrauch“ verfehlt zu haben.

      Rösch ging von Anfang an keinem Konflikt aus dem Weg: Von sich aus suchte er häufig die Gestapozentrale im Wittelsbacher Palais in München auf, wenn er die Rechtmäßigkeit der Vorgehensweise der Polizei anzweifelte. Am 22. und 23. Juli 1937 fand im Münchner Justizpalast die Sondergerichtsverhandlung gegen P. Rupert Mayer statt. Rösch saß während der Verhandlung demonstrativ in der ersten Reihe. In der Folge wurde P. Rupert Mayer mehrfach verhaftet. In einem Brief vom 31. Januar 1938 bat P. Mayer seinen Provinzial Rösch eindringlich, kein Gnadengesuch zu machen oder eine Verkürzung des Gefängnisaufenthalts erreichen zu wollen.

      Im Reichskirchenministerium gab es seit 1939 Pläne, den Jesuitenorden ganz zu verbieten. Die deutschen Bischöfe waren sich zudem uneins darüber, wie man sich gegenüber der nationalsozialistischen Reichsregierung verhalten sollte. Im Verlauf des Jahres 1941 waren die Angriffe der Nazis gegen den Jesuitenorden weitergegangen. Martin Bormann inszenierte seit der Jahreswende 1940/41 seinen „Klostersturm“. Alle bayerischen Häuser der Jesuiten standen auf der Liste der zu beschlagnahmenden klösterlichen Objekte.

      Im aktiven Widerstand (1941–1945)

      Das Ende des Jahres 1941 markiert nach Roman Bleistein schließlich einen Umbruch im Verhalten von P. Rösch. Nach seinem eher passiven Verhalten gegenüber den NS-Machthabern, in dem er auf deren Maßnahmen gegen seinen Orden und ihre Mitglieder nur reagierte, gingen seine Reaktionen ab der zweiten Hälfte des Jahres 1941 in den aktiven Widerstand über. Wie bei der Judenverfolgung hatte Rösch offenbar keine großen Hoffnungen, dass bei einem ähnlichen Vorgehen der Nazis gegen den Jesuitenorden ein öffentlicher Aufschrei der deutschen Bischöfe folgen würde.

      Die bischöflichen Reaktionen auf das Vorgehen der Nazis8 offenbaren eine gewisse Blindheit, ja Vertrauensseligkeit von großen Teilen des deutschen Episkopats für das Vorgehen der Nationalsozialisten. So wurde schließlich im Verlauf des Jahres 1941 auf Betreiben von Rösch und anderen Ordensoberen sowie mit Unterstützung einiger regimekritischer Bischöfe bei der deutschen Bischofskonferenz ein „Ordensausschuss“ etabliert. Sein Ziel war es, die Mechanismen des NS-Staates gegen die Orden aufzudecken, die Bischöfe über das Vorgehen der Machthaber gegen einzelne Orden und deren Einrichtungen zu informieren und mögliche Gegenmaßnahmen vorzubereiten. Seine Aufgabe sollte es sein, Briefe, Eingaben, Richtlinien, Hirtenbriefe und Denkschriften auszuarbeiten. Offiziell trat die Zentralstelle nicht in Erscheinung. Zusammen mit seinen engsten Mitarbeitern, P. Lothar König SJ und P. Odilo Braun OP, reiste Rösch von Bischof zu Bischof, um sie über den Klosterkampf zu informieren und mögliche Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Rösch gewann schnell den Eindruck, dass die Bischöfe die Gefahr des Klosterkampfes für die Kirche nicht erkannt hatten. Bei Augustin Rösch in der Münchner Kaulbachstraße liefen künftig alle Informationen des „Ordensausschusses“ zusammen. Dort wurden weitere Pläne geschmiedet. Ziel war es, eine gemeinsame Haltung der Orden im Umgang mit der Gestapo zu finden. Darüberhinaus wollte man die deutschen Bischöfe zu schärfer formulierten Hirtenbriefen gegen das System bewegen.

      In der Bischofskonferenz vom 24.–26. Juni 1941 gab es heftige Diskussionen, ob es überhaupt einen entsprechenden Hirtenbrief geben sollte, der die Rechte der Kirche einforderte. Erstmals verwiesen die Bischöfe in ihrem Entwurf, den Rösch maßgeblich mitkonzipiert hatte, nicht mehr auf eine ausdrückliche Gehorsamspflicht der Gläubigen gegenüber der Obrigkeit, sondern nur auf die allgemeinen Pflichten der Gemeinschaft gegenüber; erstmals wurden die allgemeinen Persönlichkeitsrechte des Einzelnen hervorgehoben. Die Forderung von Rösch, Hitler als wortbrüchigen Lügner darzustellen und die Drohung der Bischöfe, bei Nichtbeantwortung ihrer Denkschrift sich mit anderen Mitteln zur Wehr zu setzen, fanden keinen Eingang in den Text.

      Nun bestand tatsächlich eine „organisierte Zelle des kirchlichen Widerstands“ gegen das Naziregime, aber nicht selten stieß diese Gruppe auf massiven innerkirchlichen Widerstand. Rösch war Obmann jener Gruppe, die sich in München traf. Aufgabe von Braun und König war es, die Vorschläge des Ausschusses vor allem den Bischöfen und Ordinariaten zu unterbreiten. Die zahlreichen Reisen kosteten viel Geld. P. Lothar König SJ, der neben P. Odilo Braun meist als Kurier unterwegs war, legte von Januar bis Dezember 1941 alleine rund 77.000 Kilometer zurück.

      Der eigentliche Kulminationspunkt in der Tätigkeit des Ausschusses für Ordensangelegenheiten war die Erarbeitung eines eindringlichen Hirtenwortes, das am 7. Dezember 1941 in allen Kirchen verlesen werden sollte. Der Text war ebenfalls von den Mitgliedern des Ausschusses erarbeitet worden. Die Bischöfe forderten darin das naturgesetzliche Recht auf persönliche Freiheit ein und beklagten die Vergewaltigung der Würde des Menschen, indem Tausende ohne richterliche Anordnung in Sammellager gesperrt wurden. Tausende von körperlich oder geistig beeinträchtigten Menschen wurden im Rahmen der sogenannten „planwirtschaftlichen Maßnahmen“ des Staates getötet.

      Im Rahmen einer Bischofskonferenz der westdeutschen und norddeutschen Bischöfe sollte Ende November 1941 ein endgültiger