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Geist & Leben 4/2019


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Treffen mit Rösch.

      11 Ebd., 451.

      12 Dazu ausführlich R. Bleistein, Alfred Delp – Geschichte eines Zeugen. Frankfurt/M. 1989; ders., Begegnung mit Alfred Delp. Frankfurt/M. 1994.

      13 Siehe dazu A. Leugers, Verstummen vor der „Roten Gefahr“ – Das verschwiegene Wissen katholischer Zeitzeugen im Nachkriegsdeutschland, in: Theologie.Geschichte Beiheft 5/2012, 333-355.

       Hermann Kügler SJ | Mannheim

      geb. 1952, Priester, Pastoralpsychologe, Leiter der Beratungsstelle „Offene Tür“ in Mannheim

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      Die dritte Woche der ignatianischen Exerzitien

      10 Thesen

      Die ignatianischen Exerzitien – gemeint sind hier und im Folgenden die großen Exerzitien von 30 Tagen – wollen helfen, Gott zu suchen und zu finden, das Leben zu ordnen und in der Nachfolge Jesu die eigene Berufung zu suchen und zu finden. Idealtypisch und gewiss ein wenig holzschnittartig ausgedrückt, verläuft ein geistlicher Prozess in den ersten beiden Wochen der Exerzitien etwa so:

      – Ich beginne, Geschmack am Glauben zu finden, statt in den Mühen und Lasten des Alltags dieses „Pflänzchen“ wieder verdursten zu lassen (Zeit vor dem so genannten „Prinzip und Fundament“ der Exerzitien).

      – Ich spüre Mut, Trost und Freude daran, mich auf einen Weg mit Gott einzulassen und die eigene „Komfortzone“ dafür zu verlassen, statt mich nicht mehr weiter um den „Geschmack“ zu kümmern, den ich gefunden habe („Prinzip und Fundament“).

      – Ich habe bereits einen gnädigen Gott und muss ihn nicht erst suchen oder gnädig stimmen. Ich entdecke meine Schattenseiten, und ich entdecke, dass sie von Gott unterfangen sind. Deswegen kann ich mich nicht nur als Opfer von Ideologien, von meiner Biografie und von anderen Menschen sehen, sondern auch als Täter (erste Woche).

      – Ich bin in die Nachfolge Jesu gerufen, statt falsche Kompromisse zu schließen und Jesus nur um seiner angenehmen Aspekte willen zu sehen, die sperrigen aber auszublenden (zweite Woche).

      In der Dynamik der dritten Woche werde ich dann bereit, mit dem leidenden Christus mit-zu-leiden als meinem Freund. Dass aber ein Leben in der Dynamik der dritten Woche offenbar nicht der „Normalfall“ auf dem spirituellen Wachstumsweg eines gläubigen Menschen ist, bestätigen viele erfahrene Exerzitienbegleiter(innen). Mit aller Vorsicht gesagt und ohne einzelne Menschen in „Schubladen“ zu stecken oder gar ein spirituelles Leistungsdenken zu fördern: Die allermeisten Exerzitienteilnehmer(innen) durchlaufen vorrangig innere Prozesse und machen Erfahrungen, die der Dynamik des „Prinzips und Fundaments“ und der ersten Woche entsprechen. Auch bei denjenigen, die schon viele Male Exerzitien gemacht haben, ist es keineswegs die Regel, sondern eher die Ausnahme, dass sie auf ihrem geistlichen Weg sozusagen durch die „Tür“ von der ersten in die zweite und dann eventuell noch in die dritte Woche eintreten. Und es ist zweierlei, ob jemand die Passionsbetrachtungen der dritten Woche macht oder ob er ein Leben in der Dynamik der dritten Woche führt.

      Die großen Exerzitien sind das wichtigste Geschenk, das Ignatius von Loyola der Kirche gemacht hat. Sie sind aber keineswegs der einzige und auch nicht der für alle Menschen am besten passende geistliche Übungsweg. Mit dieser Präzisierung sind die folgenden 10 Thesen ein Versuch, die dritte Exerzitienwoche aus einem gewissen „Schatten-Dasein“ herauszuführen. Wohin führt in der ignatianischen Spiritualität ein spiritueller Weg, wenn man sich auf die Dynamik der dritten Woche einlässt? Dabei wird sich zeigen, dass diese Prozesse, Perspektiven und Erfahrungen im Grunde jeden christlichen Glaubensweg betreffen, auch wenn jemand nicht auf dem ignatianischen Weg ist.

      These 1

      Voraussetzung für ein Leben in der Dynamik der dritten Woche ist ein Leben in der Dynamik der zweiten (und zuvor natürlich der ersten) Woche.

      An dieser Stelle ist mir der folgende Hinweis sehr wichtig. Manche Worte Jesu im Evangelium und in der spirituellen Tradition wirken wie schieres Gift, wenn man sie mit dem „falschen Ohr“ hört. Diese Gefahr besteht auch bei den Betrachtungen des Leidens Jesu in der dritten Woche der Exerzitien. Deswegen zuerst und ohne „Wenn und Aber“: Solange sich jemand mit der Frage herumschlägt, wie er einen gnädigen Gott findet (1. Woche) und wie die eigene Lebenskonzeption in der Nachfolge Jesu überhaupt aussehen könnte (2. Woche), besteht die große Gefahr, dass die Passionsbetrachtungen für ihn eher schädlich als hilfreich sind. Solange sich jemand mit der Frage abplagt, ob auf Gott wirklich Verlass ist oder ob er nicht besser eigenen Plänen und Ideen folgt, solange wird die Dynamik der dritten Exerzitienwoche nicht wirklich erfasst. Für einen Erstkontakt mit der Botschaft Jesu gibt es geeignetere Texte. Wem aber aufgeht, dass Gott, so wie Jesus ihn verkündet, ein Gott des Lebens ist, der unser Leben in Fülle will, und sich auf das Abenteuer mit dem Gott Jesu Christi einlässt, wird nicht mehr meinen, selbst am besten zu wissen, was zu tun und zu lassen ist. Hier leitet die Sehnsucht, das eigene Tun mit dem Wirken Gottes zu vereinen.

      So etwas zu wählen, ist keine hypothetische Wahl, die etwa auf einer Ebene mit anderen Gütern stünde oder nach einer Probezeit widerrufen werden könnte. Jünger Jesu zu sein, erfordert Entschiedenheit: Freiheit, die sich festgelegt hat und sich so verwirklicht, statt immer nur eine Möglichkeit zu bleiben.

      These 2

      Das „Tor“ des Übergangs von der zweiten in die dritte Exerzitienwoche tut sich auf, wenn jemand die Sehnsucht spürt, bei Jesus Christus zu sein, um ihn auf seinem Weg bis zum Tod am Kreuz zu begleiten und ihm (der ja zugleich der Auferstandene ist) auch im Leiden nachzufolgen.

      Der Übergang von der ersten zur zweiten Woche ist recht klar. Wenn im Gespräch mit Christus am Ende jeder geistlichen Übung (EB 53) in den Blick gerät, was ich für Christus tun soll, dann öffnet sich das Tor zur zweiten Woche und ich kann es durchschreiten, um mich auf die Herausforderungen der zweiten Woche einzulassen. Aus gutem Grund: So lange jemand nicht mit den Verletzungen seiner Vergangenheit ausgesöhnt ist und seine zwischenmenschlichen Beziehungen nicht einigermaßen geklärt hat, soll er nicht in die Wahlüberlegungen der zweiten Exerzitienwoche eingeführt werden. „Für den, der Übungen in der ersten Woche nimmt, ist es nützlich, gar nichts von dem zu wissen, was er in der zweiten Woche tun soll. Vielmehr soll er sich in der ersten Woche so mühen, um das zu erreichen, was er sucht, wie wenn er in der zweiten Woche nichts Gutes zu finden hoffte“, sagt Ignatius (EB 11).

      In der zweiten Woche ist der Betrachtungsstoff, den der hl. Ignatius vorlegt (EB 262–288), so ausgewählt, dass er den/die Exerzitienteilnehmer(in) hinführt an das Tor zur dritten Woche. Schon bei der 2. Übung der zweiten Woche (die betende Betrachtung der Geburt Jesu, vgl. EB 116) soll ich schauen und erwägen, wie der „Herr am Ende von so viel Mühen am Kreuze sterbe; und dies alles für mich“. In allen sogenannten Strukturbetrachtungen der Exerzitien (Ruf des Königs, EB 91–100; zwei Banner, EB 136–148; drei Menschengruppen, EB 149–157; drei Weisen der Demut, EB 164–168) wird vorgelegt, zu erwägen und zu betrachten, dass Nachfolge und Nachahmung Jesu „Beleidigungen und Schmach“ miteinschließt (z.B. EB 98). Das Tor zum existentiellen Vollzug der dritten Woche geht auf, wenn aus der Sehnsucht erfahrbares Schicksal wird.

      These 3

      Die dritte Woche ist eine Zeit der Erprobung, ob jemand das, was er in der zweiten Woche gewählt hat, auch ernst meint.

      Mit der Wahl einer Lebensform oder der Perspektive auf die Neugestaltung des bisherigen Lebens sind die Exerzitien noch nicht zu Ende. Für einen glaubenden Menschen wird die Ordnung oder Neuordnung seines Lebens hineingenommen in das zentrale Geheimnis des Lebens Jesu, um von dort seine weitere Bestätigung und Vertiefung zu finden: in das Geheimnis von Tod und Auferstehung. Die dritte Woche ist inhaltlich bestimmt durch die Betrachtung des „für mich“ leidenden und sterbenden Christus. Diese Betrachtungen dienen der Vertiefung und Bestätigung der in der zweiten Woche getroffenen Lebenswahl. Auf den dort ergangenen Ruf des „himmlischen Königs“