Marius Stelzer

Diversity-Management als Dimension kirchlicher Personalentwicklung


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hier die wichtigsten pastoralen Ausdrucksformen. Weitere existenzielle Anliegen diakonischer Pastoral zeigt die folgende Grafik:

       Abbildung 3: Konfrontation von Existenz/Biografie und Evangelium (eigene Darstellung).

      Aus diesen Annahmen erwachsen neue Ansprüche an die Ausbildung von Seelsorgerinnen und Seelsorgern, die hier in Stichpunkten aufgeführt sind (aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben):

      Erste Konsequenzen

      Organisation: Denken in Netzwerken, Komplexitätsmanagement, Zeitmanagement, Führungskräfteentwicklung, Strukturkompetenz, Systemisches Denken und systematisches Handeln, Gründungskompetenz zur Entwicklung menschennaher Orte und Gelegenheiten

      Rezeption: Lebensstile erfassen, pastorale Responsivität, Empathie, geographische und planerische Kompetenz.

      Profession: Teamfähigkeit, Rollenidentität, Komplexitätsfähigkeit, Ambiguitätstoleranz, psychosoziale und geistliche Gesundheit, Lebenslanges Lernen, Ausbildung und Einsatz nach individuellen Neigungen und pastoralen Anforderungen, Führungskräfteentwicklung, partizipative Leitung, Theologische Kompetenz, Selbstwirksamkeit und Widerstandskraft.15

      Partizipation: Management freiwilligen Engagements: Motivation und Gewinnung, ehrenamtliche Personalentwicklung und –qualifizierung.

      Kommunikation und Artikulation: Inhalte und Strategien kirchlicher Verkündigung in der Vielfalt pastoraler Orte entwickeln, biografische Resonanzfähigkeit, Kampagnenkompetenz in Wort, Schrift und Bild, Ritualkompetenz.

      Man merkt: das bloße Eliminieren des Rekrutierungsgedankens, der seit der pianischen Epoche in der DNA pastoralen Personals verankert ist, setzt einen Paradigmenwechsel in der Seelsorge in Gang, von dem nicht nur die Ausbildung pastoraler Mitarbeiter/innen, sondern auch die Personalgewinnung (Berufungspastoral), der Personaleinsatz, die Personalentwicklung, berufliche Weiterbildung und Ruhestandsplanung betroffen ist. Wenn das Modell gleichberechtigter, nachbarschaftlicher Orte und Gelegenheiten unter dem klaren Vorzeichen radikaler Diakonie realistisch ist, dann wäre es möglich, innerhalb der großen Teams großer Territorialpfarreien neue kategoriale Orte zu schaffen, Schwerpunkte zu setzen, berufliche Spezialisierungen zu ermöglichen, Transparenz und Teamarbeit zu fördern und Verzahnungen mit nicht-kirchlichen Akteuren und Institutionen zu provozieren „um das Heil der Menschen willen.“

      Wir bräuchten auch nicht mehr Generalisten in der Seelsorgerschaft, die allen alles werden, sondern hier wird Ausbildung modifizierter und modularisierter angelegt sein müssen, um professionalisierte und spezialisierte Seelsorgende gezielt in Einsatzfeldern (Orte und Gelegenheiten) einsetzen zu können – um des Heiles der Menschen willen. Ubi salus ibi ecclesia.

      Literatur

      Bucher, R., Die Gemeinde nach dem Scheitern der Gemeindetheologie. Perspektiven einer zentralen Sozialform der Kirche, in: Sellmann, M. (Hg.), Gemeinde ohne Zukunft? Theologische Debatten und praktische Modelle, Freiburg i.Br. 2013, S. 19-54.

      Hobelsberger, H., Jugendpastoral des Engagements. Eine praktisch-theologische Reflexion und Konzeption des sozialen Handelns Jugendlicher Würzburg 2006 (SThPS 67).

      Höhn, H.J., Fremde Heimat Kirche. Glauben in der Welt von heute, Freiburg i. Br. 2012.

      Jacobs, C., Warum sie „anders“ werden. Vorboten einer neuen Generation von Seelsorgern, in: Diakonia 41 (2010) S. 313-322.

      Ders. (u.a.), Überraschend zufrieden bei knappen Ressourcen. Ergebnisse der deutschen Seelsorgestudie, in: Herder-Korrespondenz 69 (6/2015) S. 294-298.

      Köster, N., Kampf gegen die Säkularisierung. Weltkriegserfahrung und Pastoral bei Bischof Michael Keller (1896-1961). Unveröffentlichtes Manuskript zur Antrittsvorlesung als Privatdozent an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster am 15. Januar 2015.

      Köster, N., Der lange Schatten. Kriegsenkel als Seelsorgerinnen und Seelsorger, in: Herder-Korrespondenz 70 (6/2016), S. 23-26.

      Sellmann, M., Milieuverengung als Gottesverengung, in: Lebendige Seelsorge 57 (4/2006) S. 284-289.

      Stelzer, M., Wie lernen Seelsorger? Milieuspezifische Weiterbildung als strategisches Instrument kirchlicher Personalentwicklung (Angewandte Pastoralforschung 1), Würzburg 2014.

      1 Dieser Beitrag wurde in Lebendige Seelsorge 68 (1/2017) veröffentlicht.

      2 Vgl. hierzu exemplarisch der Diskurs zur Sinus-Kirchenstudie in: Lebendige Seelsorge 57 (4/2006), „Kirche in (aus) Milieus“, darin u.a. Sellmann, M., Milieuverengung als Gottesverengung, S. 284-289.

      3 Vgl. zum Milieuspektrum der Seelsorgenden: Stelzer, M., Wie lernen Seelsorger? Milieuspezifische Weiterbildung als strategisches Instrument kirchlicher Personalentwicklung (Angewandte Pastoralforschung 1), Würzburg 2014, S. 151ff..

      4 Vgl. hierzu und im Folgenden: Bucher, R., Die Gemeinde nach dem Scheitern der Gemeindetheologie. Perspektiven einer zentralen Sozialform der Kirche, in: Sellmann, M. (Hg.), Gemeinde ohne Zukunft? Theologische Debatten und praktische Modelle, Freiburg i.Br. 2013, S. 19-54.

      5 Vgl. Bucher, ebd, S. 22.

      6 Vgl. hierzu: Köster, N., Kampf gegen die Säkularisierung. Weltkriegserfahrung und Pastoral bei Bischof Michael Keller (1896-1961). Unveröffentlichtes Manuskript zur Antrittsvorlesung als Privatdozent an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster am 15. Januar 2015; sowie: Köster, N., Der lange Schatten. Kriegsenkel als Seelsorgerinnen und Seelsorger, in: Herder-Korrespondenz 70 (6/2016), S. 23-26.

      7 vgl. Köster, N. Kampf gegen die Säkularisierung, Abschnitt 6.4.

      8 Vgl. Höhn, H.-J., Fremde Heimat Kirche. Glauben in der Welt von heute, Freiburg, i.Br. 2012, S. 47-54, S. 50.

      9 Federführender Autor des Hauptdokuments „Unsere Hoffnung“ war Johann Baptist Metz.

      10 Jacobs, C. (u.a.), Überraschend zufrieden bei knappen Ressourcen. Ergebnisse der deutschen Seelsorgestudie, in: Herder-Korrespondenz 69 (6/2015) S. 294-298, hier: S. 295.

      11 Vgl. ebd.

      12 Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bochumer Zentrum für angewandte Pastoralforschung hat über 100 Pastoralpläne einer deutschen Diözese systematisch gelesen und analysiert. Auf meine Anfrage, wie viele Pläne denn auf genau diese Sozialform hinarbeiten, sagte sie, dass nahezu ausschließlich alle Pläne dies täten.

      13 Vgl. Jacobs, C., Warum sie „anders“ werden. Vorboten einer neuen Generation von Seelsorgern, in: Diakonia 41 (2010) S. 313-322, hier: S. 314.

      14 Vgl. Hobelsberger, H., Jugendpastoral des Engagements. Eine praktisch-theologische Reflexion und Konzeption des sozialen Handelns Jugendlicher (SThPS 67), Würzburg 2006, S. 152-162. Hobelsberger bezieht sich vor allem auf die Aussage im Glaubensbekenntnis von Nizäa/Konstantinopel „Für uns, und zu unserem Heil ist Gott Mensch geworden“.

      15 Diese beiden Variablen erwiesen sich als äußerst bedeutsam mit Blick auf die Lebenszufriedenheit und das Kohärenzgefühl von Seelsorgerinnen und Seelsorgern, vgl. Jacobs, C., Überraschend zufrieden, S. 295.

      Rolle – Amt – Lebensstil. Konfigurationen von Diversität im Berufsfeld katholischer Seelsorgerinnen und Seelsorger. Eine Bestandsaufnahme

       Abstract: Im gegenwärtigen Kulturwandel der katholischen Kirche im deutschsprachigen Raum kommt der Professionsforschung als Grundlagenforschung für Personalentwicklung eine wichtige Aufgabe zu. Die Fragen und Herausforderungen zu kirchlicher Organisation, zur Wahrnehmung und Deutung der gesellschaftlichen Wirklichkeit, zu Leitung, Partizipation und Teamarbeit, zur Entwicklung künftiger Visionen und Strategien seelsorglicher Arbeit, zum Umgang mit Ansprüchen und Belastungen in der Seelsorge, zu Themen und Lernweisen der beruflichen Weiterbildung, zu Kommunikation und Artikulation des Evangeliums und nicht zuletzt zu den individuellen