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Gewalt im Spiegel alttestamentlicher Texte


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die Requisite „Kleidung“ (Image) ist hier eindeutig königlicher Herkunft.27 Folglich sah Hans Joachim Stoebe in der Begebenheit, bei der Saul seine Kleider und Waffen darreichte (u.a. Image), den Aspekt mitklingen, „daß Saul königliche Pflichten an David delegiert.“28

      Die Sequenz ‚Übergabe von Image und von Rüstung’, welche ein Delegieren von königlichen Aufgaben anklingen lässt, kehrt nun bei Jonatan und David in 18,4 wieder. Damit kommt beim Leseprozess durch die Texte hindurch eine zweite Linie hinzu und bestärkt die Annahme, dass Jonatan David das Königtum zuerkennt.

      Walter Brueggemann hat folglich die Signale in 18,4 für einen möglichen Lektüreprozess so zusammenfassen können: „It is likely that Jonathan’s unrobing and the gift of his clothes and armor to David constitute a symbolic transfer of power and of his claim to the throne. David is invested with the insignia of authority as Jonathan is divested.“29

      Von Jonatans Liebe ist innerhalb von 18,1–5 gleich zweimal die Rede. Er liebt David wie sein eigenes Leben (18,1 Image 18,3 Image). Über die Beziehung zwischen Jonatan und David in den Samuelbüchern ist in den letzten Jahrzehnten reichhaltig spekuliert worden: War es eventuell eine „erotische bzw. (homo)sexuelle Liebe“30? Zur Beziehung zwischen beiden gehören in den Samuelbüchern unzweifelhaft viele Facetten.31

      Einem „Lieben“ kann im Alten Orient und Alten Testament je nach entsprechenden Kontexten bekanntlich auch der politische Beiklang der „Gefolgstreue und Loyalität“32 anhaften.33 Diesen politischen Beiklang nahmen für 1Sam 18,1.3 John A. Thompson und andere an.34 Indem Jonatan David liebte, konnte das eine Loyalität zum König in spe einschließen.35 Diese Annahme kann eventuell der Vers 1Sam 16,21 bestätigen. 18,1 benutzt dieselbe grammatische Form wie 16,21;36 das Qere (Image) übernimmt sogar die Schreibweise von 16,21. In Kap. 16 kam David in den Dienst Sauls, und hier ist erstmals in Bezug auf David von Liebe die Rede.

      1Sam 16,21: Und David kam zu Saul, und er diente ihm, und er liebte ihn sehr (Image), und er wurde sein Waffenträger.

      Vers 16,21 wurde in der Exegese traditionell so verstanden, dass Saul David liebte. Das traditionelle Verständnis entpuppt sich aber beim genaueren Hinschauen als recht unsicher. Denn die rahmenden Sätze in 16,21 haben David als Subjekt.37 Folglich dürfte in 16,21 David dem höhergestellten Saul loyal Liebe entgegengebracht haben, wie Gordon C. I. Wong dargelegt hat.38

      Steht Davids Liebe in 16,21 für politische Gefolgstreue, unterstützt solches den Beiklang bei Jonatans Liebe in Kap. 18. Aber auch ohne Vers 16,21 und sein Verständnis dürfte die Liebe in 18,1.3 Jonatans „Gefolgstreue und Loyalität“ gegenüber David implizieren.

      Jonatans Liebe ist in 18,3 mit dem Bundesschluss39 zwischen ihm und David verflochten (Image). Nicht zuletzt40 belegt dann 1Sam 23,17–18 die Möglichkeit, dass Jonatan als zurücktretender Thronanwärter (vgl. 20,30–32) und der als König feststehende David eine Berit schneiden können.

      1Sam 23,17–18: 17 Und er (= Jonatan) sagte zu ihm (= David): Fürchte dich nicht! Denn die Hand meines Vaters Saul wird dich nicht finden. Und du wirst König über Israel werden (Image). Und ich werde der Zweite nach dir sein. Und auch mein Vater Saul hat erkannt, dass es so ist. 18 Und beide schlossen einen Bund vor JHWH (Image) ...

      Neu ist in Kap. 23, dass sich Jonatan zum zweiten Mann41 unter dem neuen König machen will. Der Berit in 18,3 dürfte also auch der Gedanke zugrunde liegen können, dass David der kommende Regent ist.

      Vers 18,1 erwähnt unmittelbar vor der politisch eingefärbten Liebe, dass sich Jonatan mit David verbunden hatte.42 Das Verb „verbinden“, Image steht hier im Nifal (Image).43 Über ein Nifal dieses Verbums lässt sich nichts Genaues eruieren, da es nur noch einmal in der hebräischen Bibel vorkommt.44 Das Qal aber bedeutet auch „konspirieren, verschwören“, ähnlich ist das Hitpael ausgerichtet und analog das Nomen Image zu verstehen.45 So gingen Peter R. Ackroyd46 und andere47 in 18,1 dem Beiklang einer politischen Konspiration nach. Ackroyd fand ein erhellendes Echo dafür in 1Sam 22. Dort redet Saul von der Verschwörung seiner Knechte sowie derjenigen Ahimelechs, des Priesters von Nob, und Davids.

      1Sam 22,8.13 (hier spricht Saul): ... dass ihr euch alle gegen mich verschworen habt (Image) ... 13 ... Warum habt ihr euch gegen mich verschworen, du und der Sohn Isais (Image)? ...

      In Kap. 22 richtet sich das „verschwören“ im Qal „gegen“ (Image) Saul. Ein „Gegen“ enthält 18,1 nicht und bietet auch einen anderen Satzbau (Image). Ackroyd sprach zu Recht auch nur davon, dass in 18,1 beim „Sich-verbinden“ lediglich als „an overtone“48 ein „Konspirieren“ mitzuhören sei. Eine solche Sicht ist erst dann angebracht, wenn sie in das bisher zu 18,1–5 Beobachtete eingebettet bleibt. Unter diesen Voraussetzungen kann man auch der Auslegung von 18,1, wie sie Klaus-Peter Adam vornimmt, zustimmen: „Die Aussage, Jonatan habe sich mit David ‚verbunden’ Image ni, verwendet das Verb in abgeleiteter Bedeutung. Angespielt wird auf den Aufstand der Priester 22,9.13, sowie die entsprechenden Aufstände der Königszeit.“49 Demnach sieht Jonatan in 18,1 während einer Art Konspiration David als König in spe an.

      Das bisher Dargelegte ging von Haupt- und Nebentönen im Abschnitt 18,1–5 aus. Die Annahmen zu den Nebentönen sind insofern angemessen, als sie parallel zu einer aufgebauten Leseerwartung verlaufen. Vor 1Sam 18 wissen die Lesenden bereits, dass Saul als König längst von göttlicher Seite her verworfen ist, JHWH sich einen Besseren als Nachfolger ausersehen hat (13,7–15; 15,1–35) und David als Gesalbter (16,1–13) auf den Thron gelangen soll.50 Solche Leseerwartung erzeugt Achtsamkeit dafür, wie sich der nicht mehr erwartbare Thronfolger Jonatan zum kommenden König David positioniert.

      Zentral ist nun, wie dadurch eine erzählte Welt als Hintergrund für den Auftritt der Frauen und ihr Lied in 18,6–7 ausgeleuchtet wird. Mit dem liebenden Jonatan geht ein Erster aus Sauls Familie eine treue und auch politisch orientierte Bindung mit dem inoffiziellen neuen Monarchen David ein. Mit Michal, die David ebenfalls liebt und dessen Frau wird (18,20–28), wird dies später auf andere Weise eine Zweite aus dem Hause Sauls tun und ebenso wie Jonatan David vor Ärgstem bewahren (vgl. 19,11–18).51 Nicht nur Mitglieder von Sauls Familie wenden sich schrittweise David zu, sondern auch das Volk und Sauls Knechte. Dies deutet indirekt bereits 18,5 an (Image Image). Das